Weizen - ein europäisches Wintermärchen
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 28.01.2004


Trotz des Beschlusses umfangreicher Freigaben aus der EU-Intervention bleiben die Stimmung am Weizenmarkt positiv und die Preise fest.

Marktlage
Unerwartet rege begann das Getreidegeschäft am Jahresanfang. Jetzt sind die Umsätze wieder leicht zurückgegangen. Mühlen und Mischfutterwewrke haben sich für die nächsten wochen mit Ware eingedeckt, so daß die Nachfrage inzwischen wieder etwas geringer ausfällt. Dennoch konnten sich die Preise gut behaupten und regional sogar nochmals sehr leicht verbessern. Auch die von der EU-Kommission vorgesehenen Freigaben in Höhe von rund 670.000 t Weizen für das gesamte EU-Gebiet konnten die stabile Markttendenz nicht trüben.

Das Kaufinteresse beschränkt sich vorrangig auf Brotweizen (B), während Qualitäts- (A) und Eliteweizen (E) geringere Nachfrage erfahren und auch nur geringe Preiszuschläge realisieren können. Während B-Qualitäten insbesondere für den Export ab Seehafen in Norddeutschland stärker gefragt sind, können A- und E-Qualitäten in Süddeutschland leicht anziehen, da aus den südlichen EU-Ländern eine stärkere Nachfrage besteht. Der Export von französischem Weizen nach Nordafrika verbessert die Stimmung zusätzlich.

Die Preise für B-Weizen erreichen derzeit in Hessen in der Spitze 155 €/t netto frei Landhandelslager bzw. 160 €/t netto in der Strecke ab Hof.

Am internationalen Markt liegen die aktuellen Preise deutlich unter den Preisniveau des EU-Gebietes. Das Dürrejahr 2003 mit seiner erheblich schlechteren Ernte hat die EU-Preise enorm in die Höhe getrieben, während am internationalen Markt die glabale, zwar knappe, aber immer noch ausreichende Ernte den Preis bestimmt.

Fakten

  • Verkauf von Interventionsbeständen
    Die EU-Kommission hat früher als erwartet Weizen aus Interventionsbeständen für den EU-Binnenmarkt ausgeschrieben. Insgesamt handelt es sich hierbei um eine Menge von 677.047 t Weizen, der zusätzlich für den EU-Markt zur Verfügung stände. In Deutschland handelt es sich insgesamt um die Restmenge von 89.000 t. Gebote für den Weizen sind ab dem 05.02.2004 möglich. Die Binnenmarktausschreibungen sollen bis zum 22.06.2004 laufen bzw. solange noch Ware vorhanden ist. Bis Mitte Februar beabsichtigt die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), Frankfurt den Verkauf von rund 6.200 t Weizen aus Interventionsbeständen. Aufgrund der knappen Marktversorgung sind jedoch kaum Auswirkungen auf die Preisentwicklung zu erwarten.
    kaum Auswirkungen

  • Ernte 2004
    Die Ernte 2004 wird - aufgrund der weltweit knappen Versorgungslage - bereits sehr frühzeitig diskutiert. Bereits jetzt werden deutlich höhere Preise ex-Ernte diskutiert als im Vorjahr. Die Preisvorstellungen liegen dennoch weit unter dem derzeitgen Preisniveau. Die nachfolgende Grafik zeigt den Kursverlauf backfähiger Weizenqualitäten am EU-Marktplatz Matif ind Paris sowie in den USA an der KCBT in Kansas.



    So werden auch an den Warenterminbörsen die Fälligkeitstermine zur Ernte 2004 noch immer deutlich unter dem derzeitigen Kursniveau bewertet. Anders sieht die Lage an den internationalen Marktplätzen aus. Da die aktuellen Kurse derzeit weit unter den EU-Preisniveau liegen, setzen sich die internationalen Kurse deutlich weniger nach unten ab.

    An den Kassamärkten wird Brotweizen ex-Ernte 2004 derzeit mit 130-135 €/t netto franko Hamburg bewertet. Damit liegen die derzeit genannten Kassapreise über den Terminnotierungen der EU-Warenterminbörsen.
    Baisse-Signal

  • Nach den ersten Erhebungen des statistischen Bundesamtes DESTATIS wurde die Wintergetreidefläche um 6,7 % auf 355.000 ha deutlich ausgedehnt. Nachdem die EU die Flächenstillegungsrate für das Wirtschaftsjahr 2004/05 auf 5 % zurückgenommen hat, ist mit einer weiteren Ausdehnung der Getreideanbaufläche durch Sommergetreide zu rechnen.
    Baisse-Signal

  • Schrumpfende Endbestände
    Auf die langsam und allmählich sinkenden weltweiten Endbestände wurde an dieser Stelle mehrfach eingegangen. An dieser Stelle sei daher lediglich auf einen der bisherigen Beiträge hingewiesen.
    Hausse-Signal

  • Neuer WTB-Weizenkontrakt
    Am 30.01.2004 startet die Warenterminbörse WTB, Hannover einen neuen Weizenkontrakt mit Lieferorten fob/fca Mittellandkanal, Main bzw. Mosel. Näheres hierzu in einem nachfolgenden Beitrag.

Prognose
Die Bestände auf Erzeugerseite sind deutlich geringer als in den vergangenenen Jahren, so daß das Angebot bis zur nächsten Ernte 2004 äußerst angespannt bleiben dürfte. Ab April/Mai 2004 wird mit einer Belebung des Exportgeschäftes gerechnet. Stärkere Nachfrage ist seitens der anderen EU-Staaten wie auch weiterer tradioneller Abnehmerländer zu erwarten. Der Bedarf der Mischfutterindustie dürfte sehr hoch bleiben, so daß auch mit weiterhin hohen Kursen gerechnet werden kann.

Auch wenn die Preise am Weltmarkt derzeit keine weiteren Kursgewinne realisieren können, dürfte das Preisniveau in der EU nach meiner Einschätzung davon in dieser Vermarktungssaison unberührt bleiben. Erst mit der nahenden Ernte 2004 und der zu erwartenden besseren Versorgung des EU-Marktes ist mit deutlichem Preisdruck zu rechnen.

 
 
 

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