Am 08.08.2003 hieß es an dieser Stelle: "... Unstrittig
ist, daß Brotweizen und Futtergetreide ein deutliches Produktionsdefizit
ausweisen. ... Nach meiner Einschätzung werden die
Kurse bereits in der zweiten Augusthälfte kräftig anziehen. ...".
Was dann auch geschah.
Marktlage
Inzwischen koppelt sich der europäische Markt zunehmend von der
internationalen Preisentwicklung ab. Während Niederschlage in den
USA und in Australien der nach oben gerichteten internationalen
Kursentwicklung einen deutlichen Dämpfer verpaßt haben, klettern
die Weizenpreise in der EU noch immer langsam noch oben. Gefragt
sind alle Weizenqualitäten. Derzeit verharren die Preise an unseren
Märkten auf dem erreichten Niveau.
Fakten
- Hohe Ernteeinbußen in Deutschland
Die Getreideernte ist in Deutschland so schlecht ausgefallen
wie seit acht Jahren nicht mehr. Mit Erträgen von insgesamt
39,5 Mio.t Getreide liegt die Ernte 2003 nach Aussage des
Bundeslandwirtschaftsministeriums um 8,9 % unter dem Vorjahreswert
und sogar 13,1 % unter dem langjährigen Durchschnitt (Ø 1997-2002: 45,5 Mio.t).
Dabei sind die Ertragseinbußen sehr uneinheitlich über das Bundesgebiet
verteilt. Während Schleswig-Holstein mit einem Plus von 7,9
% sogar ein deutlich besseres Ergebnis als letztes Jahr erzielte,
gab es im Westen deutliche Ertragsrückgänge, während der Südwesten
und Südosten und vor allem der Osten Deutschlands am stärksten
unter der Witterung zu leiden hatten. Ein kleiner Lichtblick:
Die Qualitäten bei Brotgetreide sind gut.
- Prognose des IGC
Die neuste Prognose zum internationalen Weizenmarkt vom 28.08.2003
stammt vom internationalen Getreiderat (IGC). Er schätzt die Weltproduktion
2003/04 (Juli/Juni) auf nur noch 557 Millionen Tonnen Mio. t,
befindet sich damit aber noch immer um knapp 8 Mio. t
über der Prognose des USDA vom 12.08.2003. Die Endbestände
der fünf Hauptexporteure (Argentinien, Australien, Kanada,
EU, USA) liegen jetzt mit 35 Mio. t (Vj. 37) bei
nur noch 6 % des weltweiten Jahresbedarfs.
in Mio. t
|
Produktion
|
Verbrauch
|
Endbestände
|
Welt
|
Welt
|
Welt
|
*) Haupt- exporteure
|
1999/00 |
585
|
582
|
201
|
51
|
2000/01 |
582
|
584
|
201
|
53
|
2001/02 |
582
|
587
|
196
|
49
|
2002/03 |
566
|
602
|
161
|
37
|
2003/04 Prognose vom: |
29.04.2003 |
590
|
602
|
149
|
44
|
28.05.2003 |
582
|
599
|
140
|
38
|
02.07.2003 |
572
|
596
|
133
|
37
|
31.07.2003 |
568
|
591
|
135
|
39
|
28.08.2003 |
557
|
588
|
130
|
35
|
*) Argentinien, Australien,
EU, Kanada, USA
Quelle: IGC-Prognose |
Warum der IGC wie auch das US-Landwirtschaftsministerium vor dem
Hintergrund einer wachsendenWeltbevölkerung von einem rückläufigen
internationalen Verbrauch ausgehen ist schwer nachvollziehbar
und hat bereits zu kontroversen Diskussionen geführt.
Hausse-Signal
- EU-Ernte 2003
Die Schätzungen gehen von einer Reduzierung der Weizenerträge
um rund 7 % aus. Dies führt zusammen mit der erwarteten kleineren
Anbaufläche zu einer 9.5 % geringeren Weizenproduktion (ca.
10 Mio. t weniger) verglichen mit dem letzten Jahr.
Die am stärksten betroffenen Länder sind Frankreich (-9 %
unter dem normalen Durchschnitt), Deutschland (-7 %), Großbritannien
(-8 %), Italien (-12 %) und Portugal (-15 %).
Hausse-Signal
- Export/Import
Due Ukraine und auch Rußland treten in der
laufenden Saison (wie bereits berichtet) als Käufer am Weltmarkt
auf.
Für die Ukraine rechnet Landwirtschaftsministerium
für 2003/04 mit einem Importbedarf in Höhe von 2,5 Mio. t
Brotgetreide rechnet. Hohe Auswinterungsverluste lassen die Ernteschätzung
für 2003 um rund 63 % (!) auf 7,5 Mio. t Brotgetreide
schrumpfen (2002: 20,55). Mittlerweile liegen die aktuellen
Weizenpreise in der Ukraine doppelt so hoch wie vor einem Jahr.
Laut dem Kiewer Agrarinformationsdienst APK-Inform lagen die Preise
für Brotweizen mittlerer Qualität Mitte August bei umgerechnet
rund 164-172 Euro/t.
In Rußland sieht die Situation kaum anders aus. Nachdem
im vergangenen Jahr noch 17 Mio t Getreide exportiert
wurden, werden die Ausfuhren in dieser Saison kaum 5 Mio. t
erreichen. Mit 70 Mio. t Getreide fällt die Ernte nach
Mitteilung des russischen Landwirtschaftsministeriums rund 16,5 Mio. t
geringer aus als im Jahr 2002. Das russische Forschungsinstitut
für Agrarmarktkonjunktur (Ikar) hat seine Erwartungen in seiner
neuesten Schätzung vor allem bei Weizen (2003: 34-35 Mio. t,
2002: 50,6) und Roggen nochmals zurückgenommen und geht jetzt
nur noch von 62-68 Mio. t aus. Bei Weizen werden in
diesem Jahr nur noch 34-35 Mio. t erwartet (2002: 50,6).
Kasachstan soll im Wirtschaftsjahr 2003/04 nach neuesten
Schätzungen über ein Getreideexportpotenzial in Höhe von 6 bis
7 Mio t verfügen. Neben den guten Aussichten für die diesjährige
Ernte dürfte dieses durch die hohen Überhangsvorräte an Getreide
(Kasachstan-Schätzung: 4,5 Mio.t, US-Schätzung: 7,8 Mio.t)
gewährleisten werden. Ukrainische Getreidehändler zeigen großes
Interesse an Importen aus Kasachstan, so daß der Marktdruck für
die EU kaum in's Gewicht fallen dürfte.
Tschechien erwartet in dieser Saison die schlechteste Getreideernte
seit 1976. Die Ernteprognose des tschechischen Landwirtschaftsministeriums
fällt die Ernte mit rund 5,33 Mio. t Getreide ohne Körnermais
rund 4,9 % niedriger aus als erwartet und 13,3 % niedriger als
im Vorjahr.
F ür Kanada wurden die Ernteerwartungen inzwischen erneut
nach unten korrigiert. Die Weizenernte wird jetzt nur noch auf
21 Mio. t geschätzt und damit deutlich über den Ergebnissen
des Dürrejahres 2002. Die ursprünglichen Erwartungen werden damit
jedoch nicht erreicht.
Hausse-Signal
Prognose
Aufgrund der knappen Grundfutterlage hat Futterweizen inzwischen
oftmals das Brotweizenniveau erreicht. Nach meiner Einschätzung
besitzt EU-Weizen trotz Aussetzung der Exportlizenzen durch die
EU-Kommission noch einen begrenzten Preisspielraum nach oben.
Planen Sie Ihre Verkaufsstrategie sehr sorgfältig! Überhitzte
Märkte brechen oftmals ohne Vorwarnung zusammen, führen
zu einer Panikstimmung beim Verkauf und lösen in der Folge
starke Kursverluste aus. Derzeit erlaubt das Niedrigwasser der Flüsse
nur ein Drittel der üblichen Auslastung der Schiffe. Die Transportmöglichkeiten
sind daher begrenzt und die Transportkosten liegen folglich hoch.
Sobald ausreichende Niederschläge die Pegel wieder ansteigen lassen,
ist nach meiner Meinung zunächst mit einem deutlichen Preisknick
zurechnen.
Wer Verkaufstermine noch in diesem Jahr in's Auge gefaßt hat,
sollte über einen umgehenden Verkauf in dem noch knapp versorgen
Markt nachdenken. Möglicherweise könnte sich ein weiterer
Verkaufstermin Ende November ebenfalls als günstig erweisen.
Spätere Termine sind derzeit schwierig zu prognostizieren und
hängen von den auf der Südhalbkugel zu erwartenden Ernten
ab.
Da die Märkte derzeit äußerst nervös reagieren,
sollte der Markt regelmäßig beobachtet werden, um mit
dem Verkauf in kein Preistal zu geraten.