Goldgräberstimmung am Weizenmarkt
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 03.12.2003


An den intenationalen Märkten hat Weizen seine Schwächephase überwunden. Die Preise ziehen wieder an. Jetzt weiter spekulieren oder verkaufen?

Marktlage

Nach wie vor wird Weizen wie auch andere Brot- und Futtergetreide nur knapp angeboten. Die Preise konnten - nach einer nur wenige Tage andauernden Schwäche - jetzt das erreichte hohe Niveau behaupten.

Dem geringen Angebot steht eine inzwischen etwas schwächere Nachfrage gegenüber. Insbesondere die Nachfrage der Verarbeiter ist - wie zu dieser Jahreszeit durchaus üblich - recht ruhig. Dennoch besteht hier durchaus noch erheblicher Anschlußbedarf bis zur nächsten Ernte.

Ein Ende der äußerst knappen Versorgungslage ist nicht absehbar. Die statistischen Zahlen der weltweiten Produktion wurden jetzt nochmals leicht zurückgenommen. Die Ernten der Südhalbkugel scheinen doch etwas schlechter auszufallen als zunächst erwartet.

Der erneute Preisanstieg am Weltmarkt stützt auch das Preisniveau an unseren heimischen Märkten wie in der gesamten EU. Der leichte Preisrückgang an den US-Märkten war verantwortlich für die gut erkennbare Schwächetendenz an unseren Märkten in den letzten Tagen.

Fakten

  • IGC-Prognose bestätigt knappe Versorgung
    In seiner neuesten Schätzungen vom 27.11.2003 hat der Internationale Getreiderat (IGC) seine Prognose der Weltweizenproduktion nochmals reduziert. Folglich dürften sich die Bestände bis zum Ende der Saison auch stärker verringern. Auch die letzte Prognose des US-Landwirtschaftsministerium (USDA) vom 12.11.2003 bestätigt die bisherige Erwartung einer kleineren Weizenernte 2003/04 sowie sinkender Endbeständen.

    in Mio. t
    Produktion
    Verbrauch
    Endbestände
    Welt
    Welt
    Welt
    *) Haupt- exporteure
    1999/00
    585
    582
    201
    51
    2000/01
    582
    584
    201
    53
    2001/02
    582
    586
    197
    49
    2002/03
    567
    601
    163
    39
    2003/04 Prognose vom:
    28.08.2003
    557
    588
    130
    35
    24.09.2003
    556
    585
    132
    38
    29.10.2003
    556
    587
    131
    39
    27.11.2003
    552
    586
    129
    39
    *) Argentinien, Australien, EU, Kanada, USA
    Quelle: IGC-Prognose

    Die weltweiten Weizenbestände werden nach der Schätzung des IGC um 34 Mio. t auf 129 Mio. t sinken. Grund dafür sind die schlechteren Ernteerwartungen in Argentinien und Australien, den auf der Südhalbkugel wichtigsten Weizenproduzenten. In Argentinien erwartet der IGC für 2003/04 nur 11,5 Mio. t Weizen. Dann läge das Ernteergbnis noch unter der bereits schwachen Vorjahresproduktion von 12,3 Mio. t. In Australien erwartet der IGC für 2003/04 eine Produktion von 24,0 Mio. t. Damit läge die Ernte zwar doppelt so hoch wie im im Dürrejahr 2002/03, würde aber dennoch deutlich unter den bisherigen Ernteerwartungen liegen.

    Völlig unklar bleibt, warum der IGC - vor dem Hintergrund einer nach wie vor wachsenden Weltbevölkerung - von einem Rückgang des Verbrauchs in Höhe von 15 Mio. t ausgeht.
    Hausse-Signal

  • Preisphantasien
    Die letzte ausgeprägte Hausse am Weltmarkt datiert in das Jahr 1995/96. Auch damals konnte sich niemand vorstellen, daß ein solches Preisniveau erreicht werden würde. Kurzzeitig zeigten die Märkte bereits im vergangenen Jahr, daß eine große Unsicherheit besteht, die zu extremen Preisausschlägen führen kann. Welches Preisniveau in der aktuellen Hausse-Phase erreicht werden wird, ist schwer zu prognostizieren. Der Anteil spekulativer Engagement dürfte jedoch weiter zunehmen ud den Preis in die Höhe treiben. Doch Vorsicht! Der Weizenmarkt wird dann noch anfälliger für hefige Kursschwankungen.



    Die im Rahmen des Realpreisprogrammes CASH! ermittelten Erzeugerpreise zeigen deutlich die starke Abhängigkeit von der internationalen Preisentwicklung, dokumentieren jedoch auch die Möglichkeit preislich guter Geschäftsabschlüsse.
    Hausse-Signal

  • Dass der deutsche Weizenmarkt von der Futternachfrage getrieben wird, zeigt sich auch an den jetzt von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) veröffentlichten Zahlen zur Verarbeitung von Getreide zu Mischfutter. Nach den BLE-Statistiken sind im ersten Quartal des Wirtschaftsjahres 2003/04 bei den monatlich meldenden Betrieben insgesamt 2,04 Mio. t Getreide zu Mischfutter verarbeitet worden. Das waren rund 65.000 t mehr als im Vorjahreszeitraum. Dieser Zuwachs ging vor allem auf das Konto eines höheren Einsatzes von Weizen. Er lag von Juli bis September 2003 bei 962.000 t und damit 81.500 t höher als vor einem Jahr. Deutlich zugenommen hat auch die Verwendung von Körnermais, wogegen Roggen und Triticale weniger Eingang im Mischfutter fanden. Etwa gleich geblieben ist der Einsatz von Gerste.
    Hausse-Signal

Prognose

Den real existierenden Versorgungs- und Preisrisiken trägt der Markt nur äußerst ungenügend Rechnung. Man hat gelernt, mit äußerst engen Beständen zu leben und geht davon aus, daß das Vermarktungsjahr ohne weitere preistrebende Hiobsbotschaften verläuft. Da sind starke Preisschwankungen und unkalkulierbare Marktentwicklungen vorherprogrammiert.

Die Lagerbestände in der Landwirtschaft und beim regionalen Agrarhandel sind kleiner als zunächst erwartet. Von dieser Seite ist kein Angebotsdruck mehr zu erwarten. Erst die Erntestatistiken zur Ernte 2004 dürften sich auf die Angebotslage auswirken.

Ab dem nächsten Jahr rechnet man mit größeren Exportaufträgen. Dann könnte durchaus nochmal Wezen teurer werden.

Der Weizenmarkt bleibt nach meiner Einschätzung weiterhin fest, wenn auch kleinere Rückschläge nicht ausgeschlossen sind. Wer Verkaufstermine noch in diesem Jahr in's Auge gefaßt hat, sollte über einen Verkauf in dem derzeit knapp versorgen Markt nachdenken. Nach meiner Einschätzung sollte ein (Teil-)Verkauf zu den derzeit guten Preisen erwogen werden.

Fazit: Das Marktgeschehen sollte in den nächsten Wochen regelmäßig wenn nicht sogar täglich verfolgt werden, um rechtzeitig auf sich anbahnende Marktumschwünge reagieren zu können.

Auch Terminkontrakte zur Ernte 2004 sollten in Erwägung gezogen werden. Zu Kursen zwischen 115 und 125 €/t loco Hof bieten sich derzeit attakive Möglichkeiten, die nächste Ernte preislich abzusichern. Zu erwarten ist, daß international wie auch in der EU der Anbau marktwirksam ausgedehnt wird, so daß die Produktion 2004/05 entsprechend höher ausfallen dürfte.
 
 
 

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