Textiles Mißtrauen beschädigt Weizenpreis-Entwicklung
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 23.11.2003


Wochenlang zogen die Kurse am Weizenmarkt mit rasantem Tempo an. Dann kam der Preiseinbruch in der vergangenen Woche. Warum und wie geht es weiter?

Marktlage
Seit Wochen schien es für den Gipfelsturm der Weizenpreise kein Halten zu geben. Die knappe Versorgungslage am internationalen und EU-Markt bestätigte sich mit jeder neuen Statistik mehr. Die Erzeuger wie auch der Handel hielten die Ware zurück und spekulierten auf immer weiter steigende Kurse.

Doch dann geriet der Markt in der vergangenen Woche urplötzlich und ohne Vorwarnung in's Trudeln. Was war passiert?

Einer der Faktoren der Hausse war seit Wochen neben der knappen Versorgungslage der hohe Importbedarf Chinas. China tritt schon seit geraumer Zeit als wichtiger Käufer unter anderem von US-Sojabohnen und US-Weizen am Weltmarkt auf. Weitere umfangreiche Käufe wurden bereits seit mehreren Wochen erwartet und standen kurz bevor. Eine Handelsdelegation aus China befand sich bereits auf dem Weg in die USA, als sie von der Nachricht überrascht wurden, daß die USA Strafzölle für bestimmte Textilien aus China verhängt hatten.

Noch bevor die Delegation aus Peking die USA erreichte, wurde das Treffen abgesagt. Am Markt war des Raunen über einen bevorstehenden Handelskrieg zwischen den USA und China zu vernehmen. Die Märkte reagierten mit großer Verunsicherung und man zog sich aus dem Weizengeschäft zurück, so daß infolge die internationalen Kurse am Weizenmarkt abrutschten.

Zum Ende der Woche konnten die Kurse jedoch bereits wieder einen hohen Anteil der Verluste wieder wett machen.

Mit Nettopreisen für Brotweizen von 158-162 €/t franko Seehafen, 147-153 €/t loco Hof und 140-145 €/t franko Landhandelslager liegen die Preise trotz des Kurseinbruchs der letzten Woche beinahe unverändert noch immer auf hohem Niveau.

Prognose

Die internationale Versorgungslage wie auch die in der EU ist statistisch gesehen äußerst knapp. Dabei spielt die Tatsache, ob China in den USA oder anderswo Weizen für die Versorgung der eigenen Bevölkerung aufkauft keine Rolle. Sollte China auf die Textil-Strafzölle mit einem Kaufboykott für US-Weizen reagieren, hat dies zunächst deutliche Auswirkungen auf den US-Markt, da mit geringeren Exportaussichten für die USA auch die dortigen Kursaussichten schrumpfen.

Chinas Bevölkerung wächst beständig. Zugleich ist die Eigenerzeugung bei Weizen seit Jahren rückläufig. China hat somit keine andere Wahl, als den Fehlbedarf am Weltmarkt zuzukaufen. Werden die Geschäfte nicht mit den USA getätigt, so wird eines der anderen Exportländer von der Entwicklung profitieren.

Dennoch hat der protektionistische Schritt der USA einiges verändert. Die Spekulations-Blase war in den letzten Wochen enorm angeschwollen - eine Entwicklung, die aus Sicht des Marktes viele Unsicherheiten birgt. Die Hausse-Spekulanten haben sich inzwischen aus vielen Geschäften zurückgezogen und in andere Bereiche investiert.

Nach dem Schock der letzten Woche erholt sich der Markt inzwischen wieder. Zuletzt konnte Weizen bereits mit leichten Kursgewinnen auftrumpfen. Möglicherweise sitzt der Schock jedoch so tief, daß die Markterholung nur langsam und allmählich erfolgen wird.

Die Erntemeldungen von der Südhalbkugel werden in den nächsten Wochen den Preisauftrieb dämpfen oder aber zusätzlich unterstützen.

Fazit: Das Marktgeschehen sollte in den nächsten Wochen regelmäßig wenn nicht sogar täglich verfolgt werden, um rechtzeitig auf sich anbahnende Marktumschwünge reagieren zu können.

Auch Terminkontrakte zur Ernte 2004 sollten in Erwägung gezogen werden. Zu Kursen zwischen 115 und 125 €/t loco Hof bieten sich derzeit attakive Möglichkeiten die nächste Ernte preislich abzusichern. Zu erwarten ist, daß international wie auch in der EU der Anbau marktwirksam ausgedehnt wird, so daß die Produktion 2004/05 entsprechend höher ausfallen dürfte.
 
 
 

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