Weizen: Die Luft ist raus
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 13.12.2002


Still ruht der Weizenmarkt in der laufenden Adventzeit. Die Märkte stagnieren, der Umsatz verläuft stockend, die Nachfrage ist rückläufig.

Am 22.11.2002 hieß es an dieser Stelle "... Zu berücksichtigen ist jedoch, daß erfahrungsgemäß die Umsätze in den Monaten Dezember und Januar zurückgehen und folglich die Preise wenig Bewegung erwarten lassen. Ich erwarte, daß der EU-Markt erst wieder im Februar nächsten Jahres aus seinem Winterschlaf erwachen wird.  ...".

Marktlage

Nicht nur auf der Stufe der aufnehmenden Hand kommt das Geschäft mit Weizen mit der näher rückenden Weihnachtszeit immer mehr zum Erliegen. Auch im Exportgeschäft in den Seehäfen Hamburg und Rostock werden derzeit kaum größere Mengen an Getreide verladen.

Noch immer stehen die Notierungen für B-Weizen unter Druck und werden mit 118 €/t franko Hamburg niedriger bewertet. Die Kurse für A-Weizen und E-Weizen tendieren weiterhin relativ fest.

Nach wie vor unterläuft Schwarzmeer-Weizen das Preisniveau in der EU. Dumpingpreise ab 95 €/t aufwärts ab Binnenhafen werden hier genannt.

Fakten

  • Das amerikanische Landwirtschaftsministerium (USDA) hat in seiner monatlichen Prognose vom 10.12.2002 die Produktionserwartung für die Weizen-Hauptexporteure (Argentinien, Australien, EU, Kanada) im Vergleich zur September-Prognose erneut um 2,5 Mio. t auf 144,0 Mio. t zurückgenommen aufgrund geringerer Ernten in Australien, Algerien und Bulgarien.

     
    Produktion
    Verbrauch
    Endbestände
    Welt
    Haupt- exporteure
    Welt
    Welt
    Haupt- exporteure
    1999/00
    585,93
    226,70
    591,62
    170,11
    51,93
    2000/01
    583,59
    232,34
    590,11
    168,84
    52,11
    2001/02
    578,64
    205,05
    587,92
    159,56
    44,64
    2002/03 Prognose vom:
    12.09.2002
    572,56
    194,69
    598,60
    135,45
    29,49
    11.10.2002
    569,77
    190,72
    598,16
    131,18
    29,07
    12.11.2002
    569,34
    187,99
    595,10
    172,46
    28,80
    10.12.2002
    568,72
    187,39
    597,81
    169,49
    27,88
    Hauptexporteure: Argentinien, Australien, EU, Kanada, USA
    Quelle: USDA, Prognose vom 10.12.2002

    Auch die neuesten Prognosen zeigen, daß die Endbestände der Hauptexportländer zusehends schrumpfen.
    Hausse-Signal

  • Import / Export
    Nach Einschätzung des französischen Getreideamtes ONIC (Office National Interprofessionnel des Céréales), Paris könnte der Weichweizen-Import in die EU bis zum Ende des laufenden Wirtschaftsjahres auf 9,0 bis 9,5 Mio. t anwachsen (2001/02: 7,9 Mio. t).

    Nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) lagen die EU-Exporte bei Weichweizen im WJ 2002/03 bis zum 26.11.2002 mit 5,8 Mio t höher als im Vorjahr (3,5 Mio. t). Die Importe summierten sich bis dahin jedoch auf marktbelastende 6,5 Mio. t (Vj.: 2,7). Das Plus bei den Importen ist vorrangig auf die Schwarmeer-Herkünfte zurückzuführen.



    Zuletzt mehrten sich die Gerüchte über Kaufinteresse des Iran. Dieses Land war bereits vor zwei Jahren ein wichtiger Käufer für deutschen Brotweizen, einige Schiffe wurden am Rostocker Hafen verladen. Ob sich der Iran tatsächlich beim Kauf von Brotweizen auf den deutschen Markt konzentrieren wird, wird von Händlern derzeit diskutiert. Viele Marktteilnehmer gehen davon aus, dass der Iran den preisgünstigen französischen Brotweizen kaufen wird, der qualitativ in diesem Jahr durchaus Mühlenqualität aufweist.
    Baisse-Signal, sofern die Drittlandsnachfrage nicht lebhafter wird.

  • Importzoll
    Die Europäische Kommission hat heute den Vorschlag vorgelegt, in dem sie den Rat um Zustimmung zu einer Neuregelung der Einfuhren von Weizen mittlerer und niedriger Qualität und von Gerste ersucht, die im November mit den USA und Kanada getroffen wurde. Nach Genehmigung dieses Vorschlags durch den Rat wird die neue Regelung ab 1. Januar 2003 in Kraft treten. Näheres zu den Inhalten entnehmen Sie bitte dem Beitrag "Internationaler Weizen auf Achterbahnfahrt" vom 22.11.2002.

  • Intervention
    Nachdem gleich zu Beginn der Intervention 2002/03 im November größere Mengen als erwartet angedient wurden, hat die saisonbedingte Ruhe vor Weihnachten früher als in den Vorjahren eingesetzt.

    Mit dem Aufleben der Andienungen an die Intervention ist erst wieder im März/April 2003 zu rechnen, wenn der Markt aus seinem "Winterschlaf erwacht" ist. Wie stark das Interesse an der Andienung in die Intervention ist wir von der weiteren Marktentwicklung abhängen.
    neutral

  • Pflanzenschutzmittel-Rückstände in Getreide aus der Ukraine
    Heute wurde bekannt, daß Untersuchungen in Frankreich hohe Werte des in der EU verbotenen PSM-Wirkstoffes DDT ergaben. Das vom ukrainischen Hafen Yuzhny ausgelaufene Schiff traf im November im französischen Hafen Lorient ein, von wo die Lieferung an eine Futtermittel-Hersteller ging. Die Ware wird derzeit vom Markt zurückgerufen.
    Hausse-Signal

  • Produktionsaussichten 2003/04
    Nach neuesten Meldungen des russischen Informations- und Analysehauses SovEcon wurde der Anbau von Wintergetreide - insbesondere von Weizen - zur nächsten Ernte im Vergleich zum Vorjahr um 1,5 Mio. Hektar auf 47 Mio. Hektar ausgedehnt. Im nächsten Jahr könnte somit das russische Exportangebot - sofern die Wachstumsverhältnisse günstig sind - nochmals erheblich höher ausfallen.
    Baisse-Signal

Prognose

Nach meiner Einschätzung hat EU-Weizen erst, wenn der Importdruck aus der Schwarzmeer-Region mit dem einbrechenden Winter nachläßt, wieder Aussicht auf nachhaltige Preisverbesserungen.

Erfahrungsgemäß kommt es in den Wintermonaten zu Problemen bei der Verschiffung aus den Schwarzmeer-Häfen. Hinzu kommt, daß die Exporte aus dieser Region in den ersten Monaten dieses Wirtschaftsjahres deutlich über den Exportzahlen des Vorjahres lagen. Nach meiner Meinung ist bereits der größte Teil des Angebotes aus dieser Region vermarktet, so daß das Schwarzmeer-Angebot stark rückläufig sein dürfte. Nach meiner Einschätzung wird daher in den nächsten Monaten der Angebotsdruck deutlich nachlassen.

Wenn der EU-Markt im nächsten Jahr aus seinem Winterschlaf wiedererwacht, erwarte ich, daß das EU-Exportgeschäft wieder in Gang kommt. Dann sollte qualitativ guter bis sehr guter EU Weizen deutlich steigende Kurse realisieren können, während der Preisspielraum nach oben bei B- und C-Qualitäten deutlich kleiner ausfallen dürfte. Ab Mitte Februar solle daher die Marktentwicklung beobachtet werden. Möglicherweise könnten sich späte Verkaufstermine im Mai/Juni, die in den Vorjahren oftmals deutliche Zuschläge realisieren konnten, als nachteilig entpuppen. Zu diesem Zeitpunkt liegen bereits die ersten Prognosen für die Ernten auf der Nordhalbkugel vor - und derzeit lassen Anbauausdehnungen bei Weizen in vielen Ländern höhere Ernten erwarten. Sollte sich dies bestätigen, dürften die Weizenpreise bereits im Vorfeld der Ernte unter Druck geraten.

 
 
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