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EU-Weizenpreise wieder auf Weltmarkt-Niveau
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Erst Regen - dann eine Riesenernte. Die Folge: Die Preise sind während
der Ernte in den Keller gestürzt. Dabei ist die Ernte in der
EU-25 noch gar nicht beendet.
Marktlage
Die bis Ende Juli andauernde Regenperiode hatte die Läger leergefegt,
so daß sich die Erzeuger in den ersten Erntetagen noch über
gute Brotweizenpreise bis zu 95 €/t netto franko Landhandelslager
freuen konnten. Die dann folgenden umfangreichen Andienungen beim
regionalen Agrarhandel und den Verarbeitungsunternehmen ließ
die Preise in wenigen Tagen auf rund 80-85 €/t einbrechen.
Die Erzeuger reagierten auf den Kurseinbruck kurzerhand mit der
Einlagerung der trocken geernteten Ware. Ob Silo oder Maschinenhalle,
derzeit bleibt auf den meisten Höfen kein Platz ungenutzt,
um dem Erntepreistal zu entgehen. Für die Erzeuger heißt
die Devise bei der Vermarktung derzeit: Abwarten!
Während man in der Hoffnung auf bessere Preise noch abwartet,
sollte die Marktsituation analysiert und die Vermarktungsstrategie
geplant werden. Denn an der Tatsache, daß die Ernte in Hessen,
Deutschland und der gesamten EU-25 sehr groß ist, läßt
sich nicht rütteln. Irgendwann wird das eingelagerte Erntegut
an den Markt gebracht. Der Angebotsdruck hat sich damit nur verschoben.
Franko Hamburg notierte Brotweizen zur Lieferung ex-Ernte zuletzt
bei 105 €/t netto. An der Produktenbörse Mannheim wurde der Brotweizen-Preis
auf Großhandelsebene mit 101-102 €/t notiert. An den Warenterminbörsen
scheint das Preistal nach dem Preisverfall der letzten Wochen inzwischen
durchlaufen zu sein. Die Kurse lagen für den Termin September 2004
an der MATIF/Paris zuletzt
bei 110,5 €/t. An der WTB/Hannover
konnten sich die Kurse zuletzt leicht verbessern und notierten für
den September-Termin zuletzt bei 105 €/t. Auf dem internationalen
Börsenpakett notierte Weizen mittlerer Backfähigkeit an der KCBT,
Kansas/USA nach dem kurzzeitigen Preishoch am Montag zuletzt
mit umgerechnet 99,66 €/t höher als in den Vorwochen.
Fakten
- USDA rechnet mit höherer Produktion
In seiner Prognose vom 12.08.2004 hat das US-Landwirtschaftsministerium
(USDA) die weltweite Produktionsschätzung für 2004/05 um
über 10,6 Mio.t auf 608,6 Mio.t im Vergleich zum
Vormonat um rund 1,8 % angehoben.
Vertraut man der neuen US-Schätzung würde die neue weltweite
Weizenernte 2004/05 den prognostizierten Verbrauch von 599 Mio.t
um rund 10 Mio.t übersteigen. Damit übersteigt
die Produktion zum ersten Mal seit sechs Jahren den weltweiten
Verbrauch, so daß es zu einem Bestandsaufbau kommt. Nicht
nur weltweit, sondern auch bei den Hauptexporteuren wird jetzt
ein deutlicher Bestandsaufbau erwartet.
in Mio. t
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Produktion
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Verbrauch
|
Endbestände
|
Welt
|
Haupt- exporteure
|
Welt
|
Welt
|
Haupt- exporteure
|
1999/00 |
585,9
|
226,7
|
591,6
|
170,1
|
51,9
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2000/01 |
583,6
|
232,3
|
590,1
|
168,8
|
52,1
|
2001/02 |
580,8
|
204,2
|
585,1
|
202,3
|
47,9
|
2002/03 |
566,9
|
206,8
|
601,6
|
167,4
|
40,6
|
2003/04 |
550,8
|
232,1
|
585,8
|
132,3
|
38,1
|
2004/05 Prognose vom: |
12.05.2004
|
588,7
|
244,6
|
594,2
|
123,3
|
42,2
|
10.06.2004
|
593,4
|
245,1
|
595,8
|
126,4
|
42,0
|
12.07.2004
|
598,0
|
246,0
|
596,2
|
132,2
|
43,1
|
12.08.2004 |
608,6
|
250,5
|
598,6
|
142,3
|
46,9
|
Hauptexporteure: Argentinien,
Australien, EU, Kanada, USA
Quelle: USDA |
Nachdem das USDA über Monate davon ausgegangen war, daß
die Weizen-Endbestände im dritten Jahr in Folge schrumpfen
würden, korrigiert man jetzt die Einschätzung auf einen
deutlichen Produktionsüberschuß.
Der weltweite Verbrauch bleibt nach wie vor auf einem hohen Niveau.
Das Wachstum der Weltbevölkerung läßt auch in
den nächsten Jahren einen steigenden Verbrauch erwarten.
Baisse-Signal
- Die größen Weizen-Produzenten
Durch die Erweiterung um 10 Mitgliedsstaaten belegt die EU-25
in diesem Jahr weltweit den ersten Rang unter den Weizenproduzenten.
Von den nunmehr 25 Mitgliedsstaaten werden nach derzeitigen
Prognosen auf dem EU-Binnenmarkt 130 Mio.t Weizen erzeugt.
Im Vergleich zum Vorjahr kann die EU-25 ihr Ernteergebnis um etwa
24 Mio.t verbessern.
Der bisher größte Weizenerzeuger China (90 Mio.t) wird durch
die EU-Osterweiterung auf Platz zwei zurückgedrängt. Von China
ist trotz seiner eigenen hohen Weizenproduktion kein zusätzlicher
Preisdruck auf dem Weltmarkt zu erwarten, da es sich bei diesem
Staat um ein wichtiges Importland handelt.
Nach dem Dürrejahr 2003 konnte die GUS-12 (FSU-12) ihre Erntemenge
(84 Mio.t) in diesem Jahr wieder erheblich steigern, erreicht
jedoch nicht das Niveau des Rekorderntejahres 2002. Das Qualitätsniveau
des Vorjahres wird nicht erreicht, so daß der Anteil von Brotgetreide
dieses Jahr deutlich niedriger liegt.
Auf Platz vier und fünf der weltweiten Weizenproduktion liegen
Indien (71 Mio.t) und die USA (knapp 60 Mio.t).
Insgesamt steigen die weltweiten Weizenerträge in der Ernte 2004
im Vergleich mit dem Vorjahr wieder an. Eine Ausnahme bildet hier
lediglich die USA. Dort wurde vielerorts ein Teil der Weizenanbauflächen
durch Sojaanbau ersetzt.
Baisse-Signal
- Die größten Weizen-Exporteure
Durch die in diesem Jahr geringere US-Weizenproduktion werden
auch die zu erwartenden Weizenexporte der USA niedriger eingeschätzt.
Trotzdem bleiben die USA der wichtigste Weizenexporteur weltweit.
Die Exportmengen aus Kanada und Argentinien erreichen voraussichlich
wieder das Vorjahresniveau und liegen damit im Mittel der vergangenen
Jahre.
2002 brachte die GUS-12 mit ihren enormen Exportsteigerungen
(siehe Pfeil) die Preise am Weltmarkt stark unter Druck. Nach
dem Dürrejahr 2003 werden für die GUS-12 (FSU-12) für die
aktuelle Saison Anstiege der Exportmengen prognostiziert. Die
Exporte werden vor allem in den Mittelmeerländern, im Nahen
und Mittleren Osten abgesetzt.
Exporte der GUS-12 in Richtung EU-25 werden durch neue europäische
Importregelungen erschwert. Auch die EU-25 wird voraussichtlich
die Exportmengen des Vorjahres um fast ein Drittel überschreiten,
das Niveau von 2002/03 kann jedoch wahrscheinlich nicht erreicht
werden.
Hausse-Signal
- Die größten Weizen-Importeure
Im Jahr 2004/2005 werden die Staaten der EU-25 etwa 5 Mio.t
Weizen aus Drittländern importieren. Die Importmenge unterschreitet
damit die des Vorjahres (6 Mio.t) um 1 Mio.t. Die
weltweit höchsten Importe werden für Nordafrika mit rund 15 Mio.t
prognostiziert.
Weitere große Importregionen sind der Nahe Osten, Südostasien,
China und Brasilien. Insbesondere China wird die Importe voraussichtlich
um über 4 Mio.t ausweiten. Damit fällt dem Importbedarf
Chinas eine besondere Rolle bei der zu erwartenden Preisentwicklung
zu.
Bei günstiger Entwicklung beim Export: Hausse-Signal
- Höhere Ernte 2004 in der EU bringt die Preise unter
Druck
Nach der Juni-Prognose des europäischen Getreidehandelsverbandes
Coceral fällt die Ernte 2004 bei Weizen in der EU-25 zwar
größer aus als im Vorjahr, liegt aber dennoch unter
den Ergebnissen des Super-Erntejahres 2002.
Weizen-Produktion in der EU-25
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Anbaufläche
Mio. ha
|
Ertrag
t/ha
|
Produktion
Mio. t
|
Ernte 2002 |
23,22
|
53,2
|
123,59
|
Ernte 2003 |
18,47
|
53,2
|
98,31
|
Ernte 2004 |
19,73
|
60,0
|
118,30
|
Die Grafik zeigt deutlich, daß die Weizenerzeugung der EU-25
in den vergangenen Jahren um einen Größenordnung von
rund 120 Mio.t schwankt. Der Ertrags-Einbruch des Dürrejahres
2003 wird durch die Rekordernten dieses Jahres wieder aufgewogen.
Eine Entlastung des Binnenmarktes kann lediglich über den
Dittland-Export erfolgen. Derzeit verläuft die Vermarktung
der EU-Weizenernte über den Export in Drittländer noch
äußerst schleppend.
Baisse-Signal
- Rekord-Getreideernte in Deutschland
Die Getreideernte in Deutschland wird seitens des Deutschen Bauernverbandes
auf rund 48,5 Mio.t geschätzt (2003: 39,5, 2002: 43,4,
2001: 49,7). Die offizielle Ernteschätzung des Bundeslandwirtschaftsministeriums
(BMVEL) wird am 30.08.2004 bekannt gegeben. Dann dürfte die
umfangreiche deutsche Ernte auch durch offizielle Zahlen bestätigt
werden.
Nachdem die Ernte des Dürresommers 2003 einen radikalen Abbau
der Interventionsbestände eingeleitet hat, ist für die
Anfang November beginnende Interventionssaison 2004/05 wieder
mit einem deutlichen Aufbau der Interventionsbestände zu
rechnen. (Siehe hierzeu auch den Beitrag
"Gähnende Leere in den Interventionslägern"
vom 28.07.2004.) Vor allem bei Gerste und Weizen sind umfangreiche
Andienungen in die Intervention zu erwarten.
Die Grafik macht nicht nur den enormen Kurseinbruch der deutschen
und EU-Weizenpreise an den Kassamärkten auf Erzeuger- und
Großhandelsebene wie auch am Terminmarkt deutlich. Erkennbar
wird auch, daß sich der EU-Markt nach der Entkopplung vom
Weltmarkt nach der Ernte 2003 jetzt wieder an die internationale
Preisentwicklung anlehnt.
Im Futtergetreidesektor dürfte es Verschiebungen zwischen
den Getreidearten geben, die vor allem durch das Preisniveau gesteuert
werden. Ob der Verbrauch durch die Veredlungsproduktion steigen
wird, ist noch nicht absehbar.
Baisse-Signal
- Australien prognostiziert Steigerung der Weizen-Exporte
Für die australische Weizenernte 2004/05 prognostiziert wird
mit 23,3 Mio.t ein Minus von 6,7 % bzw. 1,7 Mio.t
im Vergleich zum Vorjahr. Dennoch geht man jetzt von einer Steigerung
der Exportmengen um fast 22 % auf 18,2 Mio.t aus. Nach
dem Abschluß der Ernte im Dezember dürfte damit ab
Januar 2005 auf der Südhalbhugel ein größeres
Weizenangebot als im Vorjahr bestehen, daß insbesondere
auf den asiatischen Märkten Absatz finden dürfte. EU-Exporte
in diese Regionen dürften daher deutlich schwerer werden.
Baisse-Signal
Prognose
Erzeuger, Agrarhandel und Verarbeiter warten derzeit in Deutschland
wie auch der gesamten EU die weitere Preisentwicklung in der Hoffnung
auf einen Verbesserung der Absatzsituation ab. Dabei, darf nicht
vergessen werden, daß die eingelagerten Erntemengen demnächst
an den Markt gebracht werden und somit zeitverzögert den bestehenden
Preisdruck verlängern dürften.
Da auch in den anderen EU-Ländern umfangreiche und qualitativ
gute Ernten eingefahren wurden, ist für die laufende Vermarktungssaison
mit mit einem stärkeren Wettbewerbsdruck durch französischen,
ungarischen wie auch englischen Weizen zu rechnen.
Mit Preissteigerungen wie im Vorjahr ist nach meiner Einschätzung
und basierend auf den derzeitigen fundamentalen Daten nicht zu rechnen.
Möglicherweise eröffnen sich Ende November/Anfang Dezember
etwas günstigere Verkaufstermine. Der weitere Preisverlauf
im kommedenn Jahr wird ganz im Zeichen der Entwicklung am Exportmarkt
stehen.
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