Gähnende Leere in den Interventionslägern
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 28.07.2004


Die beinahe täglichen Niederschläge in weiten Teilen Deutschlands haben die Ernte inzwischen um rund zwei Wochen verzögert. Keine neue Ware - kein Geschäft - kein Markt.

Marktlage
Nur in einigen traditionellen Frühdruschregionen Süddeutschlands sowie Brandenburgs konnten größere Mengen Wintergerste und Sommergerste geerntet werden. Die Vorräte sind inzwischen aufgrund der Ernteverzögerung äußerst knapp.

Damit wird die Versorgungslage bei den Mühlen und Mischfutterherstellern - aber inzwischen auch bei vielen viehhaltenden Betrieben - immer enger. Dies zeigt sich auch an den zahlreichen Stornierungen bereits angedienter Interventionsmengen bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), Frankfurt/M., die in den vergangenen Wochen erfolgten.

Bis zum 21.07.2004 sank die zur Intervention angemeldete Getreidemenge auf 161.720 t und die angediente Interventionsmenge auf 138.385 t. Da die angedienten Mengen bis zum 31. Juli auch geliefert sein müssen, ist ein Rückruf auch nur bis zu diesem Zeitpunkt möglich. Nach den Rekord-Andienungen in den Jahren 1997/98 bis 1999/2000 waren die Interventionsbestände in den Folgejahren stark rückläufig. Inzwischen liegen die Bestände auf einem neuen Allzeit-Tief.

Fakten

  • Interventions-Richtlinien 2004/05 erst im Oktober
    Die BLE gibt jährliche Richtlinien zur Durchführung der Intervention von Getreide für das jeweilige Getreidewirtschaftsjahr bekannt. Für die Vermarktungssaison 2004/05 werden die offiziellen Richtlinien erst im Oktober veröffentlicht. Die BLE nimmt das Getreide in die Intervention, d.h., daß das Getreide in Interventionsläger eingelagert wird. Die Richtlinien legen das Verfahren fest und regeln die Bedingungen der Intervention. Rechtsgrundlagen sind zahlreiche EG-Verordnungen sowie nationales Recht.

  • Keine Roggen-Intervention mehr ab 2004/05
    Erstmals mit dem Interventionszeitraum 2004/05 entfällt die Intervention bei Roggen. Die Intervention für Weichweizen, Hartweizen, Gerste und Mais bleibt bestehen.
  • Interventions-Bedingungen 2004/05 weitgehend unverändert
    Der Interventionszeitraum und die Mindest- und Höchstmengen für die Andienung werden unverändert beibehalten.

    Interventionsgetreide Weichweizen, Hartweizen, Gerste, Mais
    Interventionszeitraum 01. November bis 31. Mai
    Mindestmenge je Angebot      100 t
    Höchstmenge je Angebot 15.000 t

  • Interventionskriterien 2004/05
    Bevor es zu einer Übernahme des Getreides durch die BLE kommt, wird überprüft, ob das Getreide bestimmte Qualitätsmerkmale aufweist. An den Interventionskriterien der Qualitätsmerkmale hat es im Vergleich zur Vorsaison keine Änderungen gegeben.

    Hart-
    weizen
    Weich-
    weizen
    Gerste
    Mais
    Feuchtigkeit <=

    14,5 %

    14,5 %

    14,5 %

    14,5 %

    Bruchkorn <=

    6,0 %

     5,0 %

    5,0 %

    10,0 %

    Kornbesatz (Schachtkorn, Fremdgetreide, durch Schädlinge geschädigte u. durch Trocknung überhitzte Körner usw.)

    <=

    5,0 %

    7,0 %

    12,0 %

    5,0 %

    Fusarium-befallene Körner

    <=

    1,5 %

    -

    -

    -

    Auswuchs

    <=

    4,0 %

    4,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    Schwarzbesatz (Fremdkörper, verdorbene Körner, Verunreinigungen usw.)

    <=

    3,0 %

    3,0 %

    3,0 %

    3,0 %

    Mutterkorn

    <=

    0,05 %

    0,05 %

    -

    -

    Körner, die ihr glasiges Aussehen ganz oder teilweise verloren haben

    <=

    27,0 %

    -

    -

    -

    Mindesteigengewicht

    >=

    78 kg/hl

    73 kg/hl

    62 kg/hl

    -

    Proteingehalt

    >=

    11,5 %

    10,5 %

    -

    -

    Fallzahl nach Hagberg

    >=

    220

    220

    -

    -

    Sedimentationswert

    >=

    -

    22 ml

    -

    -


    Hinsichtlich einer etwaigen Ausnahmegenehmigung für eine Anhebung des Feuchtigkeitsgehaltes auf maximal 15 % wurde bisher noch keine Entscheidung getroffen. Auch in den Vorjahren erfolgte eine Anhebung der Höchstgrenze zumeist sehr kurzfristig.

  • Interventionspreise 2004/05
    Übernimmt die BLE das Getreide, so wird an den Verkäufer ein sogenannter Interventionspreis gezahlt, der von der Europäischen Union festgelegt wird. Für den kommenden Interventionszeitraum bleibt der
    Interventions-Basispreis
    unverändert bei 101,31 €/t. Allerdings wurden die monatlichen Reports (Zuschläge) ab dem Wirtschaftsjahr 2004/05 um die Hälfte auf 0,46 €/t gekürzt.

    Interventionspreise für die Monate

    €/t

    Grundpreis 2003/2004

    101,31

    monatlicher Report

    0,93

    November 2003

    102,24

    Dezember 2003

    103,17

    Januar 2004

    104,10

    Februar 2004

    105,03

    März 2004

    105,96

    April 2004

    106,89

    Mai 2004

    107,82

    Juni-Oktober: keine Intervention

    Grundpreis 2004/2005
    101,31

    monatlicher Report

    0,46

    November 2004

    101,77

    Dezember 2004

    102,23

    Januar 2005

    102,69

    Februar 2005

    103,15

    März 2005

    103,61

    April 2005

    104,07

    Mai 2005

    104,53

    Juni-Oktober: keine Intervention


    Folglich liegen die Interventionspreise 2004/05 unter denen der Vorsaison. Auf der Grundlage des Basispreises für die Intervention von Getreide wurden die Interventionspreise für die jeweiligen Monate des vergangenen sowie des aktuellen Wirtschaftsjahres berechnet:

Prognose
In Erwartung neuer Ernterekorde für die Ernte 2004 wurde im Vorfeld vielfach darauf hingewiesen, daß lediglich Preise im Bereich des Interventionsniveaus zu erwarten wären. Inzwischen deutet vieles darauf hin, daß in Deutschland die ursprünglichen Ernteerwartungen aufgrund der regnerischen Witterung der letzten verfehlt werden.

Hinzu kommt, daß die Vorräte inzwischen bedenklich schrumpfen und in den Interventionslägern nur noch wenig Ware ruht. In Hessen erzielte B-Weizen im Juli etwa 105,00-127,50 €/t und Futtergerste 80,00-110,00 €/t franko Landhandelslager. Damit lagen die Preise mehr als 20 €/t über dem Preis zum selben Zeitpunkt des Vorjahres - zu einem Zeitpunkt als die Ernte bereits in vollem Gange war.

Die derzeitigen Marktstörungen bieten nach meiner Einschätzung für die Preisentwicklung der Ernte 2004 eine günstige Ausgangslage über dem Vorjahresniveau.
 
 
 

Vorhergehende Beiträge
--,--,----  

 
 
 

 

Seitenanfang