Am 14.08.2002 lautete die Markteinschätzung: "... Die
Märkte scheinen derzeit zu drehen. Seit Monaten ist bekannt,
daß die globalen Endbestände aufgrund des wachsenden
weltweiten Verbrauchs beständig abnehmen. Bisher haben die
Märkte diesem Risikofaktor kaum Rechnung getragen. ... Bei
qualitativ gutem bis sehr gutem Backweizen sollte aus meiner Sicht,
die Entwicklung der nächsten Tage unbedingt abgewartet werden.
Ich erwartet deutliche Preisanhebungen ...".
Marktlage
Und so kam es dann auch: Die Kurse für Futterweizen konnten
sich erwartungsgemäß stabilisieren bis leicht verbessern.
Qualitativ guter Weizen konnte deutlich zulegen und profitierte
von der Hausse-Stimmung am internationalen Markt. Für Elite-Weizen
kletterten die Kassakurse franko Rostock inzwischen auf 155 bis
160 €/t. Die Brotweizen-Preise liegen bei 128 €/t
franko Hamburg bzw. Rostock.
Die Grafik verdeutlicht den scharfen Kontrast zwischen den rasant
steigenden Kursen in Nordamerika - vor allem für qualitativ
höherwertige Qualitäten - und den noch immer in erheblichem
Abstand folgenden Preisen an unseren heimischen Märkten. Hier
sind es vor allem die kostengünstigen Angebote aus den Anbaugebieten
am Schwarzen Meer, die den EU-Markt ausbremsen.
Fakten
- Import: Nach wie vor ist niedrigpreisiger Weizen aus
den Anbaugebieten am Schwarzen Meer einer der Hauptkonkurrenten
am internationalen Markt. Nach der Wetterkatastrophe am Schwarzen
Meer wurden die Verschiffungen zwischenzeitlich wieder aufgenommen.
Angebotspreise, die teilweise noch unter den niedrigen Kursen
des Vorjahres lagen, haben auch die Importe in die EU deutlich
ansteigen lassen. Die Magreb-Staaten, traditionell Abnehmer von
EU-Weizen, werden derzeit in hohem Umfang mit Schwarzmeerweizen
beliefert.
Baisse-Signal
- Importzölle: Die EU-Kommission plant eine Änderung
des Importzollverfahrens für Weizen. Derzeit führt die EU-Kommission
in dieser Angelegenheit Gespräche mit der WTO (World Trade
Organisation - Welt-Handelsorganisation), den internationalen
Handelspartnern wie auch den EU-Staaten.
Laut den Vorschlägen der EU ist unter anderem beabsichtigt, bei
einer Importmenge über 2,3 Mio t einen höheren
Zoll von 95 €/t für Weichweizen und 148 €/t
für Durum-Weizen zu erheben. Die zollfreien Importmengen
der USA (300.000 t) und Kanadas (50.000 t) sollen bestehen
bleiben.
Ein solches Zoll-Quoten-System würde zu einer Stärkung
des EU-Binnenmarktes führen und ist somit aus Sicht der Landwirtschaft
positiv zu bewerten.
Hausse-Signal
- Export: Die Exportaussichten für deutschen Backweizen
sind für das Wirtschaftsjahr 2002/03 schlechter als im Vorjahr,
da die Qualitäten in vielen Regionen witterungsbedingt schwächer
ausgefallen sind. Dagegen soll franzöischer Weizen fast zu
100 % backfähig sein, so daß mit guten Exportaussichten
gerechnet wird. und der Angebotsdruck auf den deutschen Markt
kleiner ausfallen dürfte. Insbesondere E-Weizen dürfte
nicht nur innerhalb der EU, sondern auch in den nordafrikanischen
Staaten, der Türkei, Israel und anderen Drittländern Absatzchancen
haben
Zwar wurde seit dem 01.07.2002 deutlich mehr Weizen importiert
als in den Vorjahren, doch der Export konnte erheblich stärker
ausgebaut werden. Das bedeutet, daß die Exportregion EU
derzeit über das Absatzventil Export eine starke Marktentlastung
erfährt.
Der starke Anstieg der EU-Exportlizenzen bis zum 10.09.2002 ist
darauf zurückzuführen, daß die EU den USA umfangreiche
Geschäfte "wegschnappen" konnte. Die hohen US-Preise
machen Zukäufe in der EU besonders attraktiv. Die Exporterstattungen
für EU-Getreide wurden durch die EU-Kommission folglich gestrichen.
Es kann also keinerlei Rede davon sein, daß die Importe
den EU-Markt belasten würden.
Hausse-Signal
- Prognose EU: Die Ende Juni mit 99 Mio. t (Vj: 83 Mio. t)
noch sehr hoch angesetzten Ernteerwartungen für die EU wurden
inzwischen deutlich nach unten korrigiert. Die Ernte in Frankreich
soll nach Aussage des französischen Getreideamtes ONIC (Office
National Interprofessionnel des Céréales), Paris zu 92 %
backfähig sein. Da jedoch ein großer Teil der französischen
Backweizen-Ernte in den Drittlandsexport geht, dürfte der Angebotsdruck
auf den deutschen Markt kleiner ausfallen als in den Vorjahren.
neutral
Hausse-Signal
- Prognose IGC: In seiner neuesten Prognose vom 29.08.2002
geht das IGC (International Grain Council) jetzt nur noch von
einer weltweiten Weizenproduktion von 568 Mio. t (Vj: 581)
aus. Da der Verbrauch jedoch beharrlich ansteigt, wird ein Absinken
der Endbestände auf 142 Mio. t erwartet. Die Endbestände
der fünf Hauptproduzenten (Argentinien, Australien, EU, Kanada,
USA) sinken auf 36 Mio. t ab (2001/02: 47, 2000/01: 52).
Hausse-Signal
- Prognose USDA: Das amerikanische Landwirtschaftsministerium
hat in seiner monatlichen Prognose vom 12.09.2002 die Produktionserwartung
für die Weizen-Hauptexporteure (Argentinien, Australien,
EU, Kanada) im Vergleich zur August-Prognose um 10,9 Mio. t
auf 159,6 Mio. t zurückgenommen. Ursächlich
sind die Trockenheit in Australien und Kanada sowie die Überschwemmungen
in der EU insbesondere in Deutschland.
Die USA erwarten nur noch eine Weizenernte in Höhe von 46 Mio. t
(2001: 53, 2000: 61). Alle Kategorien sind betroffen:
Soft Red Winter -2 Mio. t, Hard Red Winter -4 Mio. t,
Hard Red Spring -2 Mio. t.
Hausse-Signal
- Australien: Die Dürre in weiten Teilen Australiens
hält an. Man rechtet mit deutlichen Ertragseinbrüchen.
In den letzten 20 Jahren schwankte die australische Weizenproduktion
zwischen 9 und 25 Mio. t pro Jahr mit einem Durchschnitt
von rund 16 Mio. t. Für das WJ 2002/03 hat
AWB, Australiens größte Getreide-Vermarktungs-Organisation,
die Ertragserwartungen inzwischen auf 14 – 16 Mio. t
zurückgenommen (2001/02: 24 Mio. t).
Hausse-Signal
- Kanada: Die Ernte in Kanada liegt nach neuesten Einschätzungen
aufgrund der Trockenheit in dieser Anbausaison rund 5,6 Mio. t
unter derVorjahresernte von 20,57 Mio. t.
Hausse-Signal
- Kazakstan, Rußland, Ukraine: Die erwartete Ernte
wird mit insgesamt 81 Mio. t (Vj: 80,9) auf Vorjahresniveau
prognostiziert. Aufgrund der Konjunkturschwäche sowie Lagerproblemen
in diesen Länder, läuft der Export in diesem Jahr jedoch
lebhafter und auf sehr niedrigem Preisniveau. Die Angebotspreise
liegen für Backqualitäten rund 20 US-Dollar/Tonne
unter unter dem französischen Exportpreis.
Baisse-Signal
Prognose
Noch haben die Weizenpreise in der EU wie auch in Deutschland noch
nicht auf voller Lienie auf die internationale Kursentwicklung reagiert.
Der internationalen Markt wird aus meiner Sicht in der nächten
Zeit rauf und runter gehen, da die Marktbeteiligten in ihrer Meinung
zwischen "überbezahlt" und "mangelhaftem Risikozuschlag"
schwanken werden.
Schwarzmeer-Angebote dürften in den späten Herbstwochen
deutlich rückläufig sein, so daß der Marktdruck
von dieser Seite schwindet. Erfahrungsgemäß kommt es
in den Wintermonaten zudem zu Problemen bei der Verschiffung.
Qualitativ guter bis sehr guter Weizen hat in der EU nach meiner
Meinung in absehbarer Zeit ein weiteres Preissteigerungspotential.
Bei Preisverhandlungen könnten auch Termingeschäfte zur
Lieferung ab Januar 2003 von Interesse sein.
Die Preisaussichten für Futterweizen haben sich basierend
auf den aktuellen Daten zwar verbessert, sind aus heutiger Sicht
jedoch deutlich begrenzter als bei Backqualitäten.
Derzeit deutet alles auf eine deutliche weltweite
Anbauausweitung zur Ernte 2003 insbesondere in den USA hin.
Es könnte daher angeraten sein - sobald die EU-Preise
kräftiger anziehen - Terminkontrakte für die
Weizen-Ernte 2003 abzuschließen ganz nach dem Grundsatz:
"Verkaufs-Geschäfte sollten dann
abgeschlossen werden,
wenn der Markt eine Hausse-Phase durchläuft!"
Ich erwarte für das Frühjahr/Frühsommer
2003 einen rapiden Preissprung - je nach Lage der Angebot-Nachfrage-Prognosen -
nach oben oder unten.
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