Der Weizenmarkt bekommt immer mehr "Dampf unter den Kessel". Mit
den neuesten Prognosen in der Hand, scheinen sich die Marktbeteiligten
zu der Erkenntnis durchzuringen, daß es am internationalen Brotweitenmarkt
ungemütlich knapp werden könnte.
Marktlage
Nach wie vor kommt aus der inzwischen fast beendeten Ernte nur
äußerst wenig Ware an den Markt. In vielen Teilen Deutschlands werden
Handel und Verarbeiter zunehmend nervös und hoffen, daß die Spätdruschgebiete
mit besseren Ernten die Marktlage entspannen mögen. Gesuchte Ware
zur Anschluß-/Kontraktlieferung konnte daher vereinzelt bereits
Aufschläge realisieren. Doch auch diese Signale konnten bisher kaum
Ware aus den Lägern locken.
Die Lage am internationalen Markt hat die großen, im Export tätigen
Handelshäuser inzwischen zu einer verstärkten Nachfrage für spätere
Liefertermine Von dieser Entwicklung konnte inzwischen auch der
Kassamarkt profitieren, so daß die Kurse auf 120 €/t franko Seehäfen
anziehen konnten.
Fakten
- Prognose des IGC
Die neuste Prognose zum internationalen Weizenmarkt vom 31,.07.2003
stammt vom internationalen Getreiderat (IGC). Er schätzt die Weltproduktion
2003/04 (Juli/Juni) auf nur noch 568 Millionen Tonnen Mio. t,
befindet sich damit aber noch immer um rund 8 Mio. t
über der Prognose des USDA vom 11.07.2003. Die Endbestände
der fünf Hauptexporteure (Argentinien, Australien, Kanada,
EU, USA) liegen jetzt mit 39 Mio. t (Vj. 33) bei
nur noch 6,6 % des weltweiten Jahresbedarfs.
in Mio. t
|
Produktion
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Verbrauch
|
Endbestände
|
Welt
|
Welt
|
Welt
|
*) Haupt- exporteure
|
1999/00 |
585
|
582
|
201
|
51
|
2000/01 |
582
|
586
|
200
|
53
|
2001/02 |
582
|
587
|
195
|
49
|
2002/03 |
567
|
604
|
157
|
35
|
2003/04 Prognose vom: |
29.04.2003 |
590
|
602
|
149
|
44
|
28.05.2003 |
582
|
599
|
140
|
38
|
02.07.2003 |
572
|
596
|
133
|
37
|
31:07:2003 |
568
|
591
|
135
|
39
|
*) Argentinien, Australien,
EU, Kanada, USA
Quelle: IGC-Prognose |
Warum der IGC wie auch das US-Landwirtschaftsministerium vor dem
Hintergrund einer wachsendenWeltbevölkerung von einem rückläufigen
internationalen Verbrauch ausgehen ist schwer nachvollziehbar
und hat bereits zu kontroversen Diskussionen geführt.
Hausse-Signal
- EU-Ernte 2003
Es zeichnet sich immer stärker ab, daß die Marktversorgung bei
Weizen aus der Ernte 2003 knapp ausfallen wird. Die neuesten Ernteschätzungen
wurden zum Teil stark gekappt. Die Weizenernte in Frankreich wird
inzwischen mit 30,5 Mio. t um über 6,8 Mio. t
kleiner als im Vorjahr (37,3) eingeschätzt. Die deutsche Ernte
soll mit 19 Mio. t rund 1,6 Mio. t unter dem Vorjahresergebnis
(20,6) liegen.
Hausse-Signal
- EU-Exportlizenzen ausgesetzt
Die EU-Kommission tritt inzwischen bei den Getreideexporten mächtig
auf die Bremse. Die geringen Bestände aus der alten Ernte und
die Produktion aus der neuen Ernte sollen geschont werden. Die
EU hat am 31.07.2003 alle Export-Tender, die sich auf knapp 1 Mio. t
belaufen haben sollen, zurückgewiesen. Darüber hinaus sind alle
Exportlizenzen auf unbestimmte Zeit ausgesetzt worden. Lizenzen
für die Ausfuhr gibt es nur noch außerhalb der Ausschreibungsverfahren.
Baisse-Signal für die EU / Hausse-Signal für den
Weltmarkt
- Export/Import
Due Ukraine und auch Rußland treten in der
laufenden Saison (wie bereits berichtet) als Käufer am Weltmarkt
auf.
Kasachstan soll im Wirtschaftsjahr 2003/04 nach neuesten
Schätzungen über ein Getreideexportpotenzial in Höhe von 6 bis
7 Mio t verfügen. Neben den guten Aussichten für die diesjährige
Ernte dürfte dieses durch die hohen Überhangsvorräte an Getreide
(Kasachstan-Schätzung: 4,5 Mio.t, US-Schätzung: 7,8 Mio.t)
gewährleisten werden. Ukrainische Getreidehändler zeigen großes
Interesse an Importen aus Kasachstan, so daß der Marktdruck für
die EU kaum in's Gewicht fallen dürfte.
Tschechien erwartet in dieser Saison die schlechteste Getreideernte
seit 1976. Die Ernteprognose des tschechischen Landwirtschaftsministeriums
fällt die Ernte mit rund 5,33 Mio. t Getreide ohne Körnermais
rund 4,9 % niedriger aus als erwartet und 13,3 % niedriger als
im Vorjahr.
Hausse-Signal
Prognose
Unstrittig ist, daß Brotweizen und Futtergetreide ein deutliches
Produktionsdefizit ausweisen. Die internationalen Preise weisen
folglich ein deutliches Preissteigerungspotential auf. Vor allem
backfähige Weizenqualitäten dürften davon profitieren.
Nach meiner Einschätzung werden die Kurse bereits in der zweiten
Augusthälfte kräftig anziehen.
Für die Preisentwicklung im EU-Binnenmarkt wird das Exportgeschäft
preisbestimmend sein. Hier bleibt die weitere Exportpolitik der
EU abzuwarten. Da die "Konkurrenz" aus Osteuropa in dieser
Saison als Importeur auftreten wird, steht EU-Weizen international
vor allem in Qualitäts- und Preiskonkurrenz zu US- und argentinischem
Weizen.
Doch Vorsicht! Unter solchen Rahmenbedingungen heizen sich
die Märkte manchmal stärker auf, als es einem stabilen
Markt zuträglich ist. Wer Verkaufstermine noch in diesem Jahr
in's Auge gefaßt hat, für den könnten sich Verkaufstermine
in der zweiten Hälfte August und Ende Oktober als günstig
erweisen. Da die Märkte derzeit äußerst nervös
reagieren, sollte der Markt regelmäßig beobachtet werden,
um mit dem Verkauf in kein Preistal zu geraten.