"Wahnsinn" am Weizenmarkt


Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 04.04.2001


Noch ist in Deutschland kein Fall eines an MKS erkrankten Tieres bestätigt worden, doch die Seuchenphantasien haben den Markt gelähmt und die Kurse zum Absturz gebracht.

Marktsituation
Der Weizen-Markt dümpelt vor sich hin. Handel und Verarbeiter warten die weitere MKS-Ausbreitung ab. Die Mühlenindustrie zeigt sich ausreichend versorgt. Die Preise stagnieren nach dem Kursrückgang der letzten Wochen auf niedrigem Niveau.

Nach dem hervorragenden Algerien-Geschäft (erwartet wurden im Vorfeld 175.000 t, zustande kam ein Geschäft über 425.000 t) haben sich weitere Exporterwartungen trotz des festen US-Dollars noch nicht bestätigt.

In den Beitrag "MKS drückt die Weizenpreise" von 29.03.2001 wurden bereits die Prognosedaten des International Grains Council (IGC) vom 22.03.2001 dargestellt. Die nachfolgende Grafik verdeutlicht, daß bereits seit Jahren der weltweite Weizenverbrauch die Produktion übersteigt. Seit dem Wj 1997/98 schmilzt der Endbestand langsam und allmählich dahin. Die Anbaudaten der Saison 2001/02 lassen erwarten, daß die Bestände im nächsten Wj unter die Werte von 1995/96 rutschen könnten.

Die Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) vom 30.03.01 unterstützt diese Erwartung. Das USDA sagt einen weiteren Rückgang der US-Weizenanbaufläche um 4 % auf das niedrigste Niveau seit 1973 voraus - und das trotz wachsender internationaler Nachfrage. Die bereits seit Monaten abzusehende Knappheit dürfte sich daher weiter verschärfen (siehe vorhergehende Beiträge).

Prognose
In der gesamten EU dominieren Seuchenphantasien die Getreidemärkte. Für spätere Termine erwarte ich einen ansteigenden Bedarf der Verarbeiter bis zur Verfügbarkeit der Anschlußware aus der kommenden Ernte.

Möglichkeit 1 - Deutschland bleibt MKS-frei
Der Verdachtsfall in Horstmar-Leer (Kreis Steinfurt) hat sich bei Untersuchungen der Bundesforschungsanstalt für Viruserkrankungen in Tübingen nicht bestätigt. Für die Verdachtsfälle in Hessen in Krofdorf-Gleiberg und Königsberg-Biebertalgibt es heute (04.04.01) noch keine Bestätigung. Somit gilt Deutschland noch als MKS-frei.

Sollte das Unheil an Deutschland vorbeiziehen, würde ich für die zweite April-Hälfte/Anfang Mai die nächste Hochpreisphase erwarten. "Schwindelnde Höhen" dürften die Kurse jedoch nicht erreichen, da die weltweiten MKS-Diskussionen und -phantasien dem Weizenmarkt jede Euphorie nehmen. Märkte, die der Baissestimmung verfallen sind, benötigen bekannterweise starke Impulse, um den Trend zu brechen.

Hinzu kommt, daß ich die durch MKS verursachten Preisrücknahmen und Kaufzurückhaltungen des Handels und der Verarbeiter hinsichtlich der Verbrauchs- und Absatzsituation als leichte Überreaktion des Marktes betrachte. Der für das späte Frühjahr zu erwartende Anschlußbedarf, die Exporterwartungen und eine "Normalisierung" der Lage dürften das Barometer für die Weizenpreise wieder auf Sonne stellen.

Möglichkeit 2 - MKS-Seuchenzug in Deutschland
Dies positiven Aussichten könnten bei einer Bestätigung der MKS-Verdachtsfälle in Deutschland jedoch schnell zunichte gemacht werden. Handel und Verarbeiter befürchten erhebliche Einbußen im Futtermittelsektor und kaufen - wie teilweise jetzt schon zu hören - kaum noch Ware zu. Infolge wächst der Angebotsdruck, die Preise gehen rückwärts, Panikverkäufe ("Rette was zu retten ist!) verschlimmern die Lage und verursachen einen Preiseinbruch.

Dennoch: Auch in MKS-Zeiten wollen die Verbraucher ihre Brötchen und ihr Brot essen, so daß vom Weizenerzeuger bis zum Bäcker weiterhin Ware fließen muß, Auch der internationale Export dürfte hinsichtlich des Angebots-Nachfrage-Verhältnisses unbeschadet weiterlaufen. Der Schaden resultiert neben noch nicht faßbaren Einbußen auf der Futtermittelseite vor allem aus der psychologischen Überreaktion.

Übersicht

Vorhergehende Beiträge
29.03.2001   MKS drückt die Weizenpreise
21.02.2001   Weizen: Nervensache
08.02.2001   Weizen: US-Markt drückt die Preise
12.01.2001   Weizen: Frühlingserwachen?
12.12.2000   Weizen: Wann beginnt die Rally?
22.11.2000   Weizen könnte knapp werden
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