Heute, am Tag der mit Spannung erwarteten November-Prognose des amerikanischen
Landwirtschaftsministeriums (USDA) erhält der internationale Weizenmarkt
viele positive Signale, so daß sich das Bild wie erwartet wieder verbessert
hat. Der internationale Kassamarkt bildet die Basis der Marktentwicklung,
der sich auch die Futurekurse an den Warenterminmärkten nicht entziehen
können.
Marktlage
Der Weizenmarkt in Deutschland hat offenbar beschlossen, sich endgültig
zu einem Dornröschenschlaf niederzulegen, so daß am Kassamarkt jahreszeitübliche
Ruhe herrscht. Die Mühlen sind über bestehende Kontrakte für die nächsten
Wochen versorgt und tätigen nur begrenzte Zukäufe bestimmter Qualitäten.
Diese Situation ist saisonbedingt als völlig normal zu bezeichnen.
Die Nachfrage des Handels richtet sich weiterhin auf Partien gesuchter
Qualitäten zum Durchhandeln, vor allem A-, B- und Futterweizen sind gefragt.
E-Weizen ist nach wie vor wenig gefragt. Die Preisvorstellungen von Anbietern
und Käufern laufen häufig weit auseinander und erschweren die Geschäftsabschlüsse.
Überraschend an der Preisentwicklung (siehe Grafik) ist, daß
die Kurse an den EU-Börsenplätzen bei äußerst geringen
Umsätzzen nachgeben, während der Kassamarkt (z.B. HEMIS-Preis)
sich offenbar an der internationalen Entwicklung orientiert. Hier prägt
ganz offensichtlich für den Export bestimmte und überregional
gehandelte Ware den Markt. Vor allem B-Sorten oberhalb der Interventionsqualität
haben gute Marktchancen.
Für Qualitätsweizen hat sich die Inlands- aber auch die Exportnachfrage
belebt. Für den Export werden weiterhin Rohstoffpartien zusammengezogen.
Örtlich gehen begrenzte Mengen von E- und A-Weizen nach Südeuropa sowie
Benelux auf den Weg.
Fakten
Die internationale Nachfrage hat sich verbessert, Ägypten hat zuletzt
280.000 t Weizen in den USA gekauft, darunter Qualitätsweizen (soft
white wheat) zu Preisen von bis zu 108,56 US-$ fob (ca. 24,75 DM).
Israel, Algerien, Tunesien, Saudi Arabien und auch wieder Ägypten
traten momentan als Käufer am Markt auf.
Das internationale Angebot scheint niedriger zu sein als zunächst
erwartet. Das USDA hat seine Prognose am 09.11.2000 für
die weltweite Weizenproduktion von 579,91 auf 579,87 Mio. t
nur leicht zurückgenommen (Vorjahr 585,93). Der Internationale
Getreiderat (IGC) hat dagegen am 26.10.2000 seine Prognose um
2 Mio. t auf 579 Mio. t (Vj 584) stärker
reduziert. Entsprechend rückläufig werden die Endbestände
eingeschätzt:
USDA - 110,99 (128,16) Mio. t, IGC - 104 (122)
Mio. t.
Argentinien geht davon aus, das nur noch 1 Mio. t Weizen aus der nächsten
Ernte, die noch nicht einmal begonnen hat, unverkauft ist. Im letzten
Jahr zur selben Zeit waren es noch 3,5 Mio. t. Experten erwarten, daß
die Getreidefläche in China zur Ernte 2001 weiter eingeschränkt
wird, darunter die Weizenfläche um 2 %).
Die Trockenheit in Australien hält weiter an, so daß man mit einer
rund 5 Mio. t niedrigeren, jedoch qualitativ hochwertigen Ernte rechnet.
o Heute wird das amerikanische Landwirtschaftsministerium die bereits
mit Spannung erwartete Novemberprognose veröffentlichen. Etliche Analysten
rechnen mit einer Korrektur nach unten bei der weltweiten Erzeugung
sowie bei den Endbeständen.
Die Wettervorhersage für die USA für die nächsten 10-14 Tage
lautet: In den meisten Gebieten kälter und und nasser als normal.
Feldarbeiten und Saatenaufgang dürften somit beeinträchtigt
werden.
Die Getreideernte in der EU-15 wurd nochmals auf nun 210 Mio. t
(Vorjahr 198) nach oben revidiert, drunter Weizen auf inzwischen 96 Mio. t
(Vj 89).
In Deutschland wurden insgesamt 45,2 Mio. t Getreide (Vj 44,5)
geerntet, darunter Weizen mit 21,6 Mio. t (Vj 19,6). Die Qualität
der deutschen Weizenernte blieb mit 13,0 % und einem Sedimentationswert
von 45 unter den Vorjahreswerten (P 13,5 %, S 48). Etwa 63 %
des geernteten Weizens verfügen über Fallzahlen von über
220 sec und sind damit interventionsfähig.
Prognose
Alles sieht danach aus, als wenn der internationale Weizenmarkt seine
langjährige Talfahrt beendet hätte (siehe auch Artikel vom 12.10.2000,
2. Grafik). Sowie sich der Weizenmarkt auf der Nordhalbkugel aus der Umklammerung
der Erntebaisse befreit hat, dürften die Kurse spürbar anziehen. Aus heutiger
Sicht ist das nächste saisonale Hoch Mitte bis Ende November zu erwarten,
könnte sich jedoch auch noch in den Dezember hinein erstrecken. Das nächste
Hoch ist dann für den März 2001 zu erwarten.
Die Grafik zeigt die EU als Nummer Eins unter den Weizenexporteuren sowie
die vier größten Wettbewerder am Weltmarkt. Der Exporte ist
das entscheidende Ventil für die hohen EU-Ernten. Für die EU steht
und fällt daher der Weizenpreis mit den Exporten in Drittländer, der erfreulicherweise
durch den hohen Kurs des US-Dollars kräftig gestützt wird. Die letzten
Interventionen der Europäischen Zentralbank dürften wohl klar und deutlich
gezeigt haben, daß der Markt noch lange nicht bereit ist, den Euro aus
seiner Baissesituation zu entlassen.
Bei steigenden Weltmarktpreisen, wachsendem Verbrauch und weiter hohem
Dollarkurs dürfte einem zügigen Export nur noch die Erteilung der EU-Exportlizenzen
durch die EU-Kommission im Wege stehen. In Deutschland sollten daher die
Nachfrage nach Backweizen in den Exporthäfen und den hierzu frachtgünstig
gelegenen Regionen weiterhin rege bleiben. Bei abfließender Ware ist zu
erwarten, daß die Kurse davon auch spürbar profitieren. Nach meiner
Einschätzung sollten Verkäufe bis zur zweiten Novemberhälfte hinausgezögert
werden.
Übersicht