Weizen könnte knapp werden


S. Linker  linker@kassel.hlrl.de Stand: 22.11.2000


Am 09.11.2000 schrieb HEMIS im Internet: "... Sowie sich der Weizenmarkt auf der Nordhalbkugel aus der Umklammerung der Erntebaisse befreit hat, dürften die Kurse spürbar anziehen. Aus heutiger Sicht ist das nächste saisonale Hoch Mitte bis Ende November zu erwarten, könnte sich jedoch auch noch in den Dezember hinein erstrecken. ... In Deutschland sollte daher die Nachfrage nach Backweizen in den Exporthäfen und den hierzu frachtgünstig gelegenen Regionen weiterhin rege bleiben. Bei abfließender Ware ist zu erwarten, daß die Kurse davon auch spürbar profitieren. Nach meiner Einschätzung sollten Verkäufe bis zur zweiten Novemberhälfte hinausgezögert werden. ...".

Marktlage
Diese Einschätzung scheint sich zu bestätigen. Angebot und Nachfrage bei Weizen bewegen sich zwar immer noch auf niedrigem Niveau, das flott laufende Exportgeschäft und die damit zügig an den Wasserplätzen abfließende Ware sorgen jedoch für eine positive Grundstimmung. Nachfrage kommt momentan vor allem aus den nordafrikanischen Ländern. Sogar bei E-Weizen wächst die Nachfrage der inländischen Verarbeiter wie auch der Getreidemühlen in den Benelux-Ländern und Italien.

Fakten

  • Das USDA und der IGC haben ihre Produktionsschätzung nochmals zurückgenommen. Die weltweiten Weizenbestände zum Ende des Wirtschaftsjahres 2000/01 werden um rund 13 bzw. 15 % niedriger als im Vorjahr ausfallen, so daß eine knappe Marktversorgung zu erwarten ist. Da der Verbrauch zwischenzeitlich die Produktion übersteigt, werden die rechnerischen Endbestände aus alten Zeiten langsam aufgezehrt.

    Produktion
    Mio. t
    Angebot
    Mio. t
    Verbrauch
    Mio. t
    Endbestände
    Mio. t
    1995/96
    537,53
    655,92
    550,49
    105,43
    1996/97
    583,29
    689,15
    577,88
    111,27
    1997/98
    609,33
    724,37
    585,15
    139,21
    1998/99
    519,06
    635,32
    553,13
    110,56
    1999/00
    523,77
    631,75
    560,17
    101,24
    2000/01
    519,35
    618,01
    561,24
      86,71
     Quelle: USDA - Prognose vom 09.11.2000

    Besonders in den USA und in China wird sich die Weizenerzeugung verringern, so daß die globale Welterzeugung um 5 Mio. t auf 579 Mio. t verringert wurde. Der Verbrauch dagegen wird um etwa die gleiche Menge auf 597 Mio. t zunehmen, so daß Weizen zukünftig knapp werden könnte. Die Endbestände erreichen zum Ende des laufenden Wirtschaftsjahres ein nach Meinung von Händlern durchaus kritisches Niveau.

  • Bisher liegt die EU mit ihren Ausfuhren weit hinter dem Volumen des Vorjahres zurück. Der Export von deutschem und französischem Weizen in Drittländer läuft inzwischen zum Glück etwas flotter, trotz Null-Ausfuhrstattung der EU-Kommission. Für deutschen Backweizen zeigen sich die nordafrikanischen Länder kaufinteressiert. Zu den Ländern mit Importbedarf zählen auch die Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Die unerwarteten Mehreinnahmen aus dem Rohölgeschäft sorgen für eine zusätzliche Liquidität, die sich bereits im der starken Nachfrage nach EU-Schweinefleisch niedergeschlagen hat. Theoretisch ist daher zu erwarten, daß auch in diese Richtung mehr Weizen als bisher erwartet aus der EU abfließen könnte.

  • Die regenbedingten Aussaatverzögerungen in den USA verunsichern den Markt und stützen die Preisentwicklung zusätzlich.

  • Weitere Fakten, die - um Wiederholungen zu vermeiden - nicht nochmals dargestellt werden, die jedoch in dem Beitrag "Weizen: Dornröschenschlaf bals beendet?" vom 09.11.2000 nachgeschlagen werden können.

Prognose
Auf dem internationalen Pakett geht man aufgrund der neuen statistischen Daten davon aus, daß die Versorgungslage mit Weizen - insbesondere mit backfähigen Qualitäten - schlechter als in den Vorjahren sein wird. Für das Exportgebiet EU ist diese Entwicklung eine glückliche Fügung, da die Exportaussichten bei steigenden Weltmarktpreisen zunehmend verbessern. Das heißt, daß bei weiter flottem Drittlandsexport die Ventilwirkung für das hohe EU-Angebot so stark sein dürfte, daß die Preise bis Anfang Dezember in Bewegung kommen.

In der nächsten Zeit sollte die weitere Marktentwicklung sorgfältig beobachtet werden, falls für die Ware noch in diesem Jahr ein günstiger Verkaufszeitpunkt gesucht wird. Basierend auf den internationalen Daten ist im April 2001 mit einem weiteren Preishoch zu rechnen.

Übersicht

 

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