Schrumpfende Welt-Weizenbestände
schaffen Perspektiven


Dipl.-Ing. agr. S. Linker  linker@kassel.hlrl.de Stand: 12.10.2000


Von den Händlern hört man, es sei bereits eine Kunst, eine Mühle zu finden, die nicht gnadenlos die Preise drücken würde. Die Mühlen selber verhalten sich zur Zeit so wie in fast allen Jahren: Während der Ernte hat man sich mit preisgünstiger Ware eingedeckt, so daß die Preisentwicklung zunächst ruhig abgewartet werden kann. Daher das geringe Interesse, sich auf Preiszugeständnisse einzulassen.

Doch wie sieht die Lage wirklich aus?
Am Vortag der Oktober-Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums konnten die Notierungen für Weizen an den US-Warenterminbörsen nochmals anziehen. Der Trend anziehender Weizenpreise am Weltmarkt basiert in diesem Jahr nicht allein auf irgendwelchen Wetterunsicherheiten, sondern hat fundamentale Gründe.

Fakten

  • Die Weltweizenvorräte schrumpfen langsam und allmählich zusammen. Betroffen sind vor allem die Vorräte an backfähiger Ware. Noch ist die Marktsituation nicht kritisch, doch die Bestandsentwicklung spricht für sich. Die Vorratslage nähert sich mit Riesenschritte der Situation von 1996/97.

    Welt-Endbestände
    Mio. Tonnen
    1996/1997
    111,3
    1997/1998
    139,2
    1998/1999
    136,9
    1999/2000
    127,1
    2000/2001
    113,6

  • Die Ernte in den USA wird nach den letzten Informationen rund 2 Mio. t niedriger ausfallen als noch vor einem Monat erwartet.

  • Australien erwartete bisher für seine Ernte im Frühjahr nächsten Jahres seine drittgrößte Ernte. Starke Trockenheit in drei der fünf Weizen anbauenden Staaten scheint diese Erwartung zu zerstören. Hinzu kommt ein starker Insektenbefall der Bestände und reduzierte Pflanzenschutzmaßnahmen, die die Erträge weiter schmälern werden.

  • Die Kanadier haben ihre Ernteerwartungen bei Weizen um 1,2 Mio. t, bei backfähigem Spring Weizen sogar um 2,4 Mio. t reduziert.

  • Der Iran hat im Argentinien bereits 1 Mio. t Weizen aus der neuen Ernte gekauft. Die seit Monaten andauernde Trockenheit im Nahen und Mittleren Osten hat die Ernte dieser Länder stark geschälert, so daß hier ein hoher Importbedarf besten dürfte. Erdöl fördernde Länder dieser Region brauchen sich dabei über ihre Devisenausstattung keine Sorgen machen.

  • Der Euro ist schwach und wird es vorerst wohl auch bleiben. Einziger Trost dabei ist der erheblich erleichterte Export. Ohne diese Ventilfunktion, würde der Angebotsdruck bei einem Selbstversorgungsgrad in der EU in Höhe von etwa 118 % (1997/98) die Preise weiter drücken.
Prognose
Viele Faktoren deuten darauf hin, daß die Weizenkurse in den nächsten Monaten weiter sehr fest bleiben werden. Nach meiner Einschätzung dürften die internationalen Märkte in den nächsten Wochen weiter nach oben gehen. Unter Berücksichtigung des saisonalen Verlaufs könnten die Kurse im November spürbar anziehen.

Für unseren hiesigen Markt ist ausschlaggebend, wie sich der Export entwickelt. Hierbei kommt den Exporteuren der wohl auch in der nächsten Zeit schwache Eurokurs zu Gute.

Die EU-Kommission verfolgt jedoch konsequent seit Mitte des Jahres ihr Ziel der Null-Exporterstattungen. Daher liegen bisher die Exportzahlen unter denen des Vorjahres. Mit weiter steigenden Weltmarktpreise könnte das Konzept der EU-Kommission jedoch durchaus aufgehen.

Gute Backqualitäten sollten daher recht ordentliche Marktaussichten haben. Elitequalitäten könnten sich preislich dann erheblich verbessern, wenn der internationale Bedarf an Aufmischqualitäten steigt. Dafür gibt es erste Hinweise: In den USA, Kanada und Europa fällt der Ernteanteil in dieser Qualitätsklasse niedriger aus und die Terminnotierungen konnten daher bereits kräftiger ansteigen. Lediglich Futterweizen hat kein Potential für große Sprünge, da das Angebot an Futtergetreide weltweit wieder sehr hoch ausfällt.

Übersicht

 

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