Bessere Weizenpreise im Herbst?

Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 12.09.2001

Nach den apokalyptischen Terroranschlägen in den USA wurde der Handel mit Agrarprodukten an den meisten Börsen dieser Welt am Dienstag, Mittwoch und möglicherweise auch für den Rest der Woche ausgesetzt. Der Handel ist momentan aus den Fugen geraten und die Marktbeteiligten halten sich mit der Nennung von Preisen und der Einschätzung der Marktlage sehr zurück. Das amerikanische Landwirtschaftsministerium wird frühestens am Freitag (14.09.2001) weltweite Einschätzung der Angebots-Verbrauchs-Situation vorlegen.

Marktlage
Während für Deutschland mit einer Rekordernte gerechnet wird, fällt die EU-Ernte insgesamt kleiner aus als im Vorjahr. Vor allen für Weizen und Gerste in den Mittelmeerländern und in Großbritannien liegen die Einschätzungen unter den 2000er Resultaten.

Die Preisvorstellungen der Marktpartner klaffen oftmals weit auseinander. Das Angebot bleibt daher hinter der saisonüblichen Mengen zurück, da die Erzeuger in der Hoffnung auf spätere bessere Preise die Ware zunächst einlagern.

Noch tritt die Mühlenindustrie sehr zurückhaltend am Markt auf. Sie bevorzugt wieder stärker B-Weizen. Bei qualitativ höherwertigem Weizen mit mindestens 12 % Protein sind die Mühlen mit 23,00-24,00 DM/dt franko auch zu Preiszugeständnissen bereit.

Fakten
Die Entwicklungen am internationalen Markt haben auf den EU-Binnenmarkt eine erheblich stärkere Auswirkung als in den Vorjahren, da mit der Absenkung des Interventionspreises ein großer Teil des Weltmarktangebotes zollfrei in die EU eingeführt werden kann. Hier könnten in der laufenden Saison vor allem die osteuropäischen Staaten, die in diesem Jahr deutlich bessere Ernte einbringen konnten, in größerem Maße als in den Vorjahren als Anbieter auftreten.

In Kanada wird aufgrund ungünstiger Witterung in weiten Teilen des Landes mit einem Rückgang der Weichweizenproduktion im Vergleich zum Vorjahr um 15 % auf 18 Mio. t gerechnet.

In Kasachstan soll die diesjährige Ernte mindestens 15 Mio. t Getreide vor Trocknung und Reinigung bringen und damit 2 Mio. t mehr als im Vorjahr. Laut einer auf der offiziellen Internet-Seite der zentralasiatischen Republik veröffentlichten Mitteilung hat diese Prognose die nationale Vereinigung privater Landwirte abgegeben. Die zu erwartende Mehrproduktion sei teils auf eine Ausweitung des Getreideanbaus um 0,9 auf 13,2 Mio. ha und teils auf höhere Flächenerträge zurückzuführen.

Die Getreideerzeugung in Usbekistan soll in diesem Jahr mit 3,237 Mio. t nach Trocknung und Reinigung um 97.000 t oder um 3,1 % höher aus als im Vorjahr ausfallen. Zu sowjetischen Zeiten war die Landwirtschaft der zentralasiatischen Republik auf die Monokultur Baumwolle eingestellt. Obwohl diese dort nach wie vor die wichtigste landwirtschaftliche Kultur bleibt, konnte auch die Bruttoerzeugung von Getreide zwischen 1991 und 1999 von 1,9 auf 3,9 Mio. t ausgebaut werden. Wegen der Wasserknappheit ging sie jedoch im vergangenen Jahr auf rund 3,1 Mio. t zurück.

In der Ukraine soll die Weizenernte in diesem Jahr mit 21,4 Mio. t um über 10 Mio. t höher als im Vorjahr ausgefallen sein. Infolge dominieren ukrainische Angebote mit günstigen Preisen zur Zeit den Weltmarkt. Ukrainischer Brotweizen wird mit 95,00 US-Dollar/t fob angeboten (ca. 20,70 DM/dt). Die Preise für Brot- und Qualitätsweizen stehen daher unter Druck und sind für B-Weizen auf 24,25 DM/dt franko Seehafen und für Futterweizen auf 22,00 DM/dt abgesackt.

In Polen schätzt das Statistische Amt die diesjährige Getreideproduktion auf 25,0 bis 26,1 Mio. t. Zwar dürfte die Ernte damit immer noch deutlich über dem 2000 erzielten Ergebnis von 21,3 Mio. t liegen, doch die Qualität der Ernte wird schlechter eingestuft als im Vorjahr. Offenbar kann der größte Teil nicht als Brotgetreide eingestuft werden.

Prognose
Falls sich die niedrigen Schätzungen der Welt-Weizenproduktion 2001 bestätigen, sollte dies als klares Hausse-Signal an den internationalen Märkten gewertet werden. Da der Franzosen-Weizen nach bisheriger Kenntnis wie im Vorjahr qualitativ eher als schwach gewertet wird, dürften sich für deutschen Qualitätsweizen zusätzliche Absatzchancen innerhalb des EU-Binnemarktes und am internationalen Markt eröffnen.

Nach meiner Meinung dürfte sich die Vermarktungssituation beim Brot- und Qualitätsweizen im Herbst 2001 verbessern, da dann die Schwarzmeerregion ihr Exportprogramm weitgehend beendet hat. Dann dürften auch Mühlen und Futtermittelmischer wieder stärker an Zukäufen interessiert sein.

Ab Dezember ist dann mit verstärkter Konkurrenz aus Argentinien zu rechnen, wo die Prognosen momentan deutlich höher ausfallen als im Vorjahr.

Futterweizen und anderes Futtergetreide ist jedoch so reichlich verfügbar, daß die Preise weiterhin leicht unter denen des Vorjahres liegen dürften.

Der feste Euro erschwert momentan die Ausfuhren. Die weitere Entwicklung am Devisenmarkt nach den Terroranschlägen in den USA ist momentan nicht absehbar.

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