Nach den apokalyptischen Terroranschlägen in den USA wurde der
Handel mit Agrarprodukten an den meisten Börsen dieser Welt am Dienstag,
Mittwoch und möglicherweise auch für den Rest der Woche ausgesetzt.
Der Handel ist momentan aus den Fugen geraten und die Marktbeteiligten
halten sich mit der Nennung von Preisen und der Einschätzung
der Marktlage sehr zurück. Das amerikanische Landwirtschaftsministerium
wird frühestens am Freitag (14.09.2001) weltweite Einschätzung
der Angebots-Verbrauchs-Situation vorlegen.
Marktlage
Während für Deutschland mit einer Rekordernte gerechnet
wird, fällt die EU-Ernte insgesamt kleiner aus als im Vorjahr.
Vor allen für Weizen und Gerste in den Mittelmeerländern
und in Großbritannien liegen die Einschätzungen unter
den 2000er Resultaten.
Die Preisvorstellungen der Marktpartner klaffen oftmals
weit auseinander. Das Angebot bleibt daher hinter der saisonüblichen
Mengen zurück, da die Erzeuger in der Hoffnung auf spätere
bessere Preise die Ware zunächst einlagern.
Noch tritt die Mühlenindustrie sehr zurückhaltend am
Markt auf. Sie bevorzugt wieder stärker B-Weizen. Bei qualitativ
höherwertigem Weizen mit mindestens 12 % Protein sind
die Mühlen mit 23,00-24,00 DM/dt franko auch zu Preiszugeständnissen
bereit.
Fakten
Die Entwicklungen am internationalen Markt haben auf den EU-Binnenmarkt
eine erheblich stärkere Auswirkung als in den Vorjahren, da
mit der Absenkung des Interventionspreises ein großer Teil
des Weltmarktangebotes zollfrei in die EU eingeführt werden
kann. Hier könnten in der laufenden Saison vor allem die osteuropäischen
Staaten, die in diesem Jahr deutlich bessere Ernte einbringen konnten,
in größerem Maße als in den Vorjahren als Anbieter
auftreten.
In Kanada wird aufgrund ungünstiger Witterung in weiten Teilen
des Landes mit einem Rückgang der Weichweizenproduktion im
Vergleich zum Vorjahr um 15 % auf 18 Mio. t gerechnet.
In Kasachstan soll die diesjährige Ernte mindestens 15 Mio. t Getreide
vor Trocknung und Reinigung bringen und damit 2 Mio. t
mehr als im Vorjahr. Laut einer auf der offiziellen Internet-Seite
der zentralasiatischen Republik veröffentlichten Mitteilung hat
diese Prognose die nationale Vereinigung privater Landwirte abgegeben.
Die zu erwartende Mehrproduktion sei teils auf eine Ausweitung des
Getreideanbaus um 0,9 auf 13,2 Mio. ha und teils auf höhere
Flächenerträge zurückzuführen.
Die Getreideerzeugung in Usbekistan soll in diesem Jahr mit 3,237 Mio. t
nach Trocknung und Reinigung um 97.000 t oder um 3,1 %
höher aus als im Vorjahr ausfallen. Zu sowjetischen Zeiten war die
Landwirtschaft der zentralasiatischen Republik auf die Monokultur
Baumwolle eingestellt. Obwohl diese dort nach wie vor die wichtigste
landwirtschaftliche Kultur bleibt, konnte auch die Bruttoerzeugung
von Getreide zwischen 1991 und 1999 von 1,9 auf 3,9 Mio. t ausgebaut
werden. Wegen der Wasserknappheit ging sie jedoch im vergangenen
Jahr auf rund 3,1 Mio. t zurück.
In der Ukraine soll die Weizenernte in diesem Jahr mit 21,4 Mio. t
um über 10 Mio. t höher als im Vorjahr ausgefallen sein.
Infolge dominieren ukrainische Angebote mit günstigen Preisen
zur Zeit den Weltmarkt. Ukrainischer Brotweizen wird mit 95,00 US-Dollar/t
fob angeboten (ca. 20,70 DM/dt). Die Preise für Brot- und Qualitätsweizen
stehen daher unter Druck und sind für B-Weizen auf 24,25 DM/dt
franko Seehafen und für Futterweizen auf 22,00 DM/dt abgesackt.
In Polen schätzt das Statistische Amt die diesjährige Getreideproduktion
auf 25,0 bis 26,1 Mio. t. Zwar dürfte die Ernte damit
immer noch deutlich über dem 2000 erzielten Ergebnis von 21,3 Mio.
t liegen, doch die Qualität der Ernte wird schlechter eingestuft
als im Vorjahr. Offenbar kann der größte Teil nicht als Brotgetreide
eingestuft werden.
Prognose
Falls sich die niedrigen Schätzungen der Welt-Weizenproduktion
2001 bestätigen, sollte dies als klares Hausse-Signal an den
internationalen Märkten gewertet werden. Da der Franzosen-Weizen
nach bisheriger Kenntnis wie im Vorjahr qualitativ eher als schwach
gewertet wird, dürften sich für deutschen Qualitätsweizen
zusätzliche Absatzchancen innerhalb des EU-Binnemarktes und
am internationalen Markt eröffnen.
Nach meiner Meinung dürfte sich die Vermarktungssituation
beim Brot- und Qualitätsweizen im Herbst 2001 verbessern, da
dann die Schwarzmeerregion ihr Exportprogramm weitgehend beendet
hat. Dann dürften auch Mühlen und Futtermittelmischer wieder
stärker an Zukäufen interessiert sein.
Ab Dezember ist dann mit verstärkter Konkurrenz aus Argentinien
zu rechnen, wo die Prognosen momentan deutlich höher ausfallen
als im Vorjahr.
Futterweizen und anderes Futtergetreide ist jedoch so reichlich
verfügbar, daß die Preise weiterhin leicht unter denen
des Vorjahres liegen dürften.
Der feste Euro erschwert momentan die Ausfuhren. Die weitere Entwicklung
am Devisenmarkt nach den Terroranschlägen in den USA ist momentan
nicht absehbar.
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