Börse: Preis-Rallye am Rapsmarkt


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 05.10.2012


Mit deutlichen Kursgewinnen konnten Agrarrohstoffe an den Börsen einen Teil ihrer Vortagsverluste wieder wett machen. Rapssaat reagierte mit Preissprung nach oben auf die unerwartet niedrige kanadische Raps-Ernteprognose.

 

Devisen & Konjunktur
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich bei ihrer gestrigen Ratssitzung dafür entschieden, den Leitzins unverändert bei 0,75 % zu belassen. Diese Entscheidung war erwartet worden. EZB-Chef Mario Draghi verwies auf die Wachstumsrisiken, die in Euro-Land weiter nach unten zeigten. Er verwie zudem darauf, daß die Inflation in der Eurozone bei den EZB-Entscheidungen eine deutliche Rolle spielt.

Die in den letzten Monaten erhöhte Teuerung, die sich hartnäckig und deutlich über dem Zielwert der EZB von knapp 2 % hält, erklärte Draghi vor allem mit den hohen Energiepreisen und Steuererhöhungen in einigen Euro-Ländern. Draghi erwartet, daß die Inflationsraten im Laufe des kommenden Jahres weiter sinken.

In Deutschland hat sich der "Harmonisierte Verbraucherpreisindex" im September 2012 voraussichtlich "nur" um 2,1 % gegenüber dem Vorjahresmonat erhöht. Für den Euroraum wird für den Monat September 2012 eine Inflationsrate von 2,7 % vorausgeschätzt, die höher als im August lag, sich jedoch sich im Vergleich zum Vorjahresmonat (3 %) leicht abgeschwächt hat. Problematisch ist, daß die Inflationsraten in der Euro-Zone (August: 1,2 % bis 4,5 %) wie auch in der gesamten EU (August: 0,9 % bis 6,0 %) immer weiter auseinander driften.

Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,2951 US-Dollar geringfügig schwächer als am Vortag festgesetzt.
Heute im frühen Handel kann der Euro weitere Gewinne erzielen.

 

Energie
Die Konflikte im Nahen Osten - insbesondere die Grenzgefechte zwischen der Türkei und Syrien - bestimmten gestern die Preisrichtung am Ölmarkt.

Ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im November wurde gestern mit 91,71 Dollar um 3,57 Dollar höher als am Vortag notiert. Auch bei Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur November-Fälligkeit verteuerte sich gestern auf 112,58 Dollar und damit um 4,41 Dollar zum Vortag.
Heute rücken erneut die trüben Konjunkturdaten in den Vordergrund und die Ölpreise zeigen wieder Schwächetendenzen.

 

Agrarrohstoffe
Neue Informationen zu der Versorgung der Agrarrohstoffmärkte kamen gestern aus Rußland und Kanada. Die Russische Getreideunion geht davon aus, daß in Rußland 77 - 78 Mio.t Getreide (VJ: 94,2), darunter 39 - 40 Mio.t Weizen (VJ: 56,2) geerntet werden. Damit liegen die Prognosen der Russischen Getreideunion weiterhin über den Erwartungen des Landwirtschaftsministeriums in Moskau, daß von 72 - 73 Mio.t Getreide ausgeht. An den Märkten wurden die neuen Zahlen aus Rußland genauso als Entspannungssignal gewertet, wie die höheren Ernteschätzungen aus Kanada.

Das Statistikamt in Kanada geht davon aus, daß die Weizenproduktion mit 26,7 Mio.t rund 5,8 % größer ausfällt als im jahr 2011. Das wäre seit die größte Weizenernte seit 2009. Damit steigt auch das kanadische Exportpotential mit qualitativ hochwertigem Weizen.
Dagegen fällt die Rapsernte deutlich kleiner aus als ursprünglich erwartet. Trotz der Ausweitung der Anbaufläche wird jetzt nur noch mit einer Raps-/Canola-Ernte von 13,4 Mio.t gerechnet. Aufgrund der um knapp 16 % niedrigen Hektarerträge, wird im Vergleich zum Vorjahr eine 7,8 % kleinere Ernte als im Vorjahr erwartet.

Nicht nur die Abwärtskorrektur der kanadischen Rapsernte ließ die Börsenkurse gestern regelrecht in die Höhe schnellen. Auch die Kursanstiege im Soja-Komplex und am Rohölmarkt sorgten für Preisauftrieb.

An den europäischen Agrarrohstoff-Börsen konnten Getreide und Ölsaaten einen Teil ihrer Vortagesverluste wieder wett machen. In Paris stand der November-Termin bei Weizen mit +2,25 Euro/t, bei Braugerste mit +1,00 Euro/t, bei Körnermais mit +3,00 Euro/t und bei Rapssaat der Front-Termin November mit +16,75 Euro/t (!) im Plus. Auch die Sojakurse an den US-Börsen drehten wieder nach oben.

 

Ausblick
Die Versorgungslage an den internationalen Getreide- und Ölsaatenmärkten dürfte in den nächsten Monaten sehr eng bleiben. Das hohe Preisniveau und die schwache Konjunkturentwicklung in vielen Ländern begrenzen jedoch auch die Nachfrage und den Preisspielraum. Ich persönlich erwarte, daß an den Agrarrohstoff-Börsen nach den Vortagesgewinnen zunächst einmal Kasse gemacht wird und die Kurse in die roten Zahlen rutschen.

In der kommenden Woche dürften vorrangig die Ernteerwartungen auf der Südhalbkugel, die Exportzahlen der Exportländer, die Konjunkturerwartungen und der Konflikt im Nahen Osten die Kurse bestimmen.

Am Kassamarkt sorgen die ständigen Kursschwankungen für Unsicherheit, ohne daß dies größere Preiswirkung entfalten würde. Die Verarbeiter haben sich während der Ernte bevorratet und warten zunächst die weitere Preisentwicklung ab. Die Produzenten haben bereits einen großen Teil der Ernte verkauft. Aktuell besteht wenig Interesse, die erst kürzlich eingelagerte Ernte bereits in den Verlauf zu bringen. Daher kommen nur wenige Neugeschäfte zustande.

 
 
 


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