Börse am Vortag: Japanischer Null-Zins läßt Agrarpreise steigen

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 06.10.2010


Nach den zweiwöchigen Gewinnmitnahmen an den Terminbörsen konnten Weizen, Raps und Co gestern erstmals wieder deutliche Kursgewinne erzielen. Die überraschende Lockerung der ohnehin schon expansiven Geldpolitik sorgt auch bei Agrarrohstoffen für kräftige Kursgewinne.

 

Devisen & Konjunktur
Die überraschende Mitteilung der japanischen Notenbank, ihre Leitzinsen auf das lächerliche Niveau von 0,0 bis 0,1 % zu senken und zudem die Geldpolitik weiter zu lockern, brachte den Kapitalmarkt gestern in Turbulenzen. Hintergrund der drastischen Maßnahme ist die krasse Aufwertung des japanischen Yen, die sich in den letzten Monaten verschärft hat. Der Höhenflug des Yen hat Japans exportorientierten Unternehmen immer größere Probleme bereitet, da sich die Preise - beispielsweise japanischer Autos oder Elektronik - im Ausland verteuerten und zugleich durch das Wechselkursverhältnis die Profite der Exporteure geschmälert wurden. Die Notenbank will so lange an der gelockerten Geldpolitik und am Nullzins festhalten, bis Japan die anhaltend Deflation im Inland überwunden hat.

An den Börsen freut man sich derweil über das billige Geld, daß derweil im Überfluß vorhanden sind. So hat gestern der Euro sowohl zum Dollar als auch zum Yen stark zugelegt. Der Euro tendiert damit weiter nahe seinem jüngsten Achtmonatshoch. Letztendlich wurde der Euro-Referenzkurs der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,3780 US-Dollar festgesetzt. Heute im frühen Handel steht der Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung im Vergleich zum US-Dollar weiter unter Druck.

Der Dollar-Kurs büßte weiter an Stärke ein, da das Geld aus dem Dollar nicht nur in den Euro, sondern auch zum Beispiel in das Gold flüchteten. Gold erreichte beim Londoner Nachmittags-Fixing mit einem Preis von 1330,50 Dollar/uz ein neues Rekordhoch

 

Energie
Auch der Rohölmarkt reagierte auf die neue japanische Geldpolitik. Spekulationen, daß auch die USA zurückschwenken auf eine Ausweitung der Politik des billigen Geldes, haben den Ölpreis gestern nach oben getrieben.

Zum Handelsschluß wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im November gestern mit 82,82 Dollar notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent wurde mit 84,84 Dollar festgesetzt. Am heutigen Vormittag geht es bei den Ölpreisen an den Terminbörsen weiter Aufwärts.

 

Agrarrohstoffe
Der schwächelnde US-Dollar und die Flucht der Investoren in Rohstoffe haben auch die verluststrecke bei Agrarrohstoffen beendet. Zwei Wochen lang hatten die Terminbörsen den Rückwärtsgang eingelegt. Gestern erzielten Getreide und Ölsaaten an den europäischen wie auch an den transatlantischen Terminbörsen erstmals wieder deutliche Notizgewinne.

Der November-Termin bei Paris-Weizen notierte mit 205,50 Euro/t um +6,25 Euro (!) höher als am Vortag. Spätere Termine lagen zwischen +4,25 und +5,50 Euro im Plus. An den US-amerikanischen Warenterminmärkten erzielte Weizen ebenfalls Gewinne.

Mais profitiert von dem Preisanstieg am Weizenmarkt und Spekulationen auf einen größeren Importbedarf Chinas. Der November-Termin bei Paris-Mais zog mit 193,50 Euro/t im Vergleich zum Vortag um +3,50 Euro/t an. Spätere Termine erzielten Kursgewinne bis zu +3,75 Euro/t.

Sojabohnen, Sojaschrot und Sojaöl schlossen an den transatlantischen Börsen mit Kursgewinnen, nachdem sich der US-Export in Richtung China offenbar wieder belebt.

Die Rapssaatenkurse konnten angesichts steigender Rohölpreise ebenfalls Kursgewinne erzielen. Paris-Raps erzielte für den November--Termin am Handelsschluß mit 373,50 Euro/t einen Kursanstieg um +1,75 Euro zum Vortag. Spätere Termine zogen zwischen +1,00 und +3,75 Euro ein.

Bei Paris-Braugerste blieb die Schlußnotierung für die November-Fälligkeit mit 215,00 Euro/t im Vergleich zum Vortag unverändert.

 

Ausblick
Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich, daß Agrarrohstoffe an den Terminbörsen ihr Kursniveau teilweise weiter ausbauen könnten. Die Dollar-Schwäche und steigende Rohölpreise dürften hier tragende Marktfaktoren sein.

Dabei sollte nicht vergessen werden, daß der Preisauftrieb bei Agrarrohstoffen nicht durch die fundamentalen Daten an den Getreide- und Ölsaatenmärkte basiert, sondern auf dem aktuell starken, hochspekulativen Einfluß des Kapitalmarktes auf die Agrarpreise.

 
 
 


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