Börse am Vortag: Anhaltende Wetter-Sorgen

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 31.08.2010


Noch immer ist die Ernte in Deutschland nicht abgeschlossen. Seit Tagen stehen die letzten Weizen- und sogar Rapsbestände Tag für Tag im Regen. Beim Erntestart sorgten Negativ-Meldungen über schwache Hektolitergewichte für Preisauftrieb. Jetzt sind die letzten Partien bestenfalls noch als Futterweizen zu ernten.

 

Devisen & Konjunktur
Die Aktien- und Devisenmärkte sind erneut in einen Abwärtsstrudel geraten. Die Ankündigung des US-Präsidenten Barack Obama, in den USA bewährte Konjunkturprogramme zu verlängern und gegebenenfalls neue Maßnahmen zu erwägen, wirkte keinesfalls vertrauensbildend. Trotz teilweise positiver US-Konjunkturdaten wächst die Furcht an den Börsen vor einem Rückfall der USA in die Rezession und damit negativen Auswirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft. .

Die US-Wirtschaft lahmt und damit gibt es für den US-Dollar keinerlei Impulse. Der Höhenflug des japanischen Yen wird auch für den Euro-Kurs zur Bremse (siehe Beitrag vom 27.08.2010). Der Euro-Kurs bröckelte gestern weiter ab. Letztendlich wurde der Euro-Referenzkurs der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,2700 US-Dollar festgesetzt. Heute im frühen Handel steht der Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung im Vergleich zum US-Dollar weiter unter Druck.

 

Energie
Mit dem Aufflackern der Konjunktursorgen ist der Rohöl-Markt jetzt vollends in die Verlustzone eingeschwenkt. Eine Abschwächung der Wirtschaft in den USA und möglicherweise weltweit wird mit einem geringeren Energiebedarf gleichgesetzt.

Zum Handelsschluß wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Oktober gestern mit 74,70 Dollar notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent wurde mit 76,60 Dollar festgesetzt. Am heutigen Vormittag stehen die Ölpreise an den Terminbörsen weiter deutlich im Minus.

 

Agrarrohstoffe
"Mit Volldampf" startete die Ernte in diesem Jahr in Deutschland. Doch inzwischen verzögert sich das Ende der Ernte immer weiter. Dauerregen läßt die Mähdrescher still stehen, hat die Qualitäten der noch auf dem Halm stehenden Weizenbestände ruiniert und sorgt jetzt für weiteren Preisauftrieb. Am Kassamarkt haben die Kurse inzwischen den höchsten Stand seit dem Frühjahr 2008 erreicht.

Auch weltweit finden die Ernteprobleme in Deutschland Beachtung, denn Deutschland ist immerhin der zweitgrößte Weizenproduzent in der EU.

Daher zogen die Weizenkurse sowohl an den europäischen wie auch an den transatlantischen Terminbörsen weiter an. Neben den Spekulationen über einen Importbedarf Rußlands lassen jetzt Sorgen über die Erntemengen mit guten Backqualitäten die Preise weiter steigen.

Der November-Termin bei Paris-Weizen notierte mit 227,50 Euro/t um +7,00 Euro (!) höher als am Vortag. Spätere Termine lagen zwischen +2,00 und +7,50 Euro im Plus. An den US-amerikanischen Warenterminmärkten erzielte Weizen ebenfalls Gewinne.

Mais profitiert von dem Preisanstieg am Weizenmarkt. Der November-Termin bei Paris-Mais zog mit 197,50 Euro/t im Vergleich zum Vortag um +5,25 Euro/t an. Spätere Termine erzielten Kursgewinne bis zu +5,50 Euro/t.

Sojabohnen, Sojaschrot und Sojaöl schlossen an den transatlantischen Börsen mit Kursverlusten, nachdem sich der US-Export zuletzt schwächer als erwartet entwickelt hatte.

Die Rapssaatenkurse konnten ihre Gewinne ebenfalls weiter ausbauen. Paris-Raps erzielte für den November--Termin am Handelsschluß mit 375,75 Euro/t einen Kursanstieg um +2,75 Euro zum Vortag. Spätere Termine zogen zwischen +2,50 und +4,00 Euro ein.

Bei Paris-Braugerste verbesserte sich die Schlußnotierung für die November-Fälligkeit mit 234,00 Euro/t um +1,00 Euro/t im Vergleich zum Vortag.

 

Ausblick
Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich, daß Agrarrohstoffe an den Terminbörsen ihr Kursniveau behaupten und teilweise sogar ausbauen könnten. Die bereits in der vergangenen Woche an dieser Stelle aufgelisteten "Sorgen" bestimmen weiterhin die Preisentwicklung:

• Sorgen über die Qualität der seit Tagen im Regen stehenden restlichen Ernteflächen,
• Sorgen, ob die neue Rapsaussaat angesichts verzögert geräumter Flächen und derzeit nässebedingt
  nicht befahrbarer Flächen rechtzeitig erfolgen kann,
• Sorgen, ob die Niederschläge in der Mitte und im Süden Rußlands und im Osten der Ukraine für
  eine Herbstbestellung ausreichen werden, oder ob dort die Landwirte auf (ertragsschwächere)
  Sommerkulturen ausweichen müssen,
• Sorgen, ob sich in Argentinien - vor allem in den westlichen Anbauregionen - eine neue problematische
  Trockenheit entwickeln wird,
• Sorgen, ob sich die in den bedeutsamen Anbaugebieten bestehende Trockenheit im Westen
  Australiens verstärken wird.

Hinsichtlich des aktuell starken, hochspekulativen Einflusses der Finanzbranche auf die Agrarpreise bleibe ich bei meiner in vorangegangenen Beträgen dargelegten Einschätzung.

Der Euro-Kurs dürfte nach meiner Einschätzung in den nächsten Tagen vorerst schwach tendieren. An den Rohölmärkten erwarte ich ebenfalls erneute Kursverluste.

 
 
 


Vorhergehende Beiträge

27.08.2010 Börse am Vortag: Wetter-Sorgen
10.08.2010 Börse am Vortag: Neue Hausse-Nachrichten aus Rußland
04.08.2010 Börse am Vortag: Gewinnmitnahmen
03.08.2010 Börse am Vortag: Blasenbildung
28.07.2010 Börse am Vortag: Rußland-Dürre läßt Preise nochmals steigen
23.07.2010 Börse am Vortag: Erste Schwächesignale
16.07.2010 Börse am Vortag: Euro und Feldfrüchte auf der Überholspur
15.07.2010 Die Preise explodieren
15.07.2010 Börse am Vortag: Hitze-Rallye
   
 
 
 
 

Seitenanfang