Börse am Vortag: Rußland-Dürre läßt Preise nochmals steigen

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 28.07.2010


Nach einem Wochenanfang mit Kursverlusten sorgten gestern neue Erntekatastrophen-Meldungen an den Warenterminbörsen wieder für Renditehoffnungen und steigende Weizen-Notierungen. Regen in den USA und ein Kurseinbruch am Rohölmarkt sorgen dagegen bei Mais und Raps für Preisdruck.

 

Devisen & Konjunktur
Mit deutlichen Gewinnen wurde der Euro gestern an den Devisenmärkten gehandelt. Kurzzeitig steig die europäische Gemeinschaftswährung im Vergleich zum US-Dollar auf den höchsten Stand seit elf Wochen.
Gestern wurde der Euro-Referenzkurs der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,3033 US-Dollar festgesetzt. Am heutigen Vormittag pendelt der Euro weitgehend unverändert oberhalb der Marke von 1,30 Dollar.

 

Energie
Zunächst zogen die Preise für Rohöl an den internationalen Märkten gestern an, da Ölhändler und Investoren einen Rückgang der US-Rohölbestände erwarten. Doch dann stürzten die Kurse am frühen Nachmittag ins Bodenlose. Hintergrund der Kursverluste waren erneut äußerst trübe Konjunkturdaten aus den USA, die den Ölpreis in kurzer Zeit um über 2 US-Dollar abstürzen ließen.

An den Ölmärkten befürchtet man, daß ein schwächeres Wachstum der US-Wirtschaft auch die Ölnachfrage sinken läßt. Dieses Mal waren es die enttäuschenden Juli-Zahlen zum Verbrauchervertrauen und damit die Eintrübung des Konsumklimas in den USA die nicht nur am Ölmarkt zu erheblichen Verlusten führte.

Zum Handelsschluß wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im September gestern mit 77,50 Dollar notiert. Nordrohöl der Sorte Brent wurde mit 76,13 Dollar festgesetzt. Am heutigen Morgen konnten die Kurse bisher nur marginale Gewinne verzeichnen..

 

Agrarrohstoffe
Nachdem sie Agrarrohstoffmärkte em Montag wie erwartet den Rürckwärtsgang eingelegt hatten, sorgten gestern neue Erntekatastrophen-Meldungen am Dienstag wieder für kräftigen Kursgewinne.

Zunächst beendete die Nachricht, daß die Getreideernte in Finnland rund 28 % niedriger als im Vorjahr ausfallen würde, am späten Vormittag die Verschnaufpause.

Dann ließen neue Hiobs-Botschaften aus Rußland die Kurse ab den Mittagsstunden wieder kräftig ins Plus laufen. Der Branchenanalyst SovEcon hatte seine Ernteerwartungen für Rußland zum vierten Mal in weniger als einem Monat nach unten korrigiert und erwartet jetzt nur noch eine Getreideernte von 70 bis 75 Mio.t. Infolge der schlimmsten Dürre seit 130 Jahren in Rußland wird auch eine Ernte von weniger als 70 Mio.t nicht mehr ausgeschlossen: Ursprünglich hatte das russische Landwirtschaftsministerium eine Getreideernte in Höhe von 90 Mio.t prognostiziert. Inzwischen wird an den Märkten spekuliert, ob es zu Exportrestriktionen für russisches Getreide kommen wird.

Die Warenterminbörsen drehten angesichts der neuen Meldungen wieder ins Plus. An den europäischen Märkten notierte Paris-Weizen den August-Termin mit 171,50 Euro/t um +3,25 Euro höher als am Vortag. Spätere Termine zogen ebenfalls an.
Auch an den US-amerikanischen Warenterminmärkten erzielte Weizen gestern wieder Kursgewinne.

Paris-Mais stand mit 171,75 Euro/t im Vergleich zum Vortag mit +2,50 Euro im Plus. Der November-Termin schloß +0,75 Euro/t höher als am Vortag.

Sojabohnen und Sojaöl mußten an den transatlantischen Börsen geringfügige Kursverluste in Kauf nehmen, während Sojaschrot höher als am Vortag notierte. Der Kursabsturz am Rohölmarkt und die Erwartung, daß kräftige Niederschläge in den Anbaugebieten der USA die Ernteaussichten verbessern werden, sorgten für Preisdruck.

Paris-Raps verbuchte im Kielwasser abstürzender Rohölpreise deutliche Kursverluste. Der August-Termin gab zum Vortag um -4,00 Euro auf 354,75 Euro/t nach. Spätere Termine lagen zwischen -2,50 und -4,00 Euro im Minus.

Paris-Braugerste wurde für die November-Fälligkeit mit 187,00 Euro/t um -1,00 Euro/t niedriger als am Vortag notiert.

 

Ausblick
Für den heutigen Handelstag dürfte der Handel nach meiner persönlichen Einschätzung weiterhin in freundlicher Stimmung bleiben. Die erwarteten Ernteeinbußen in Rußland, die Unsicherheiten hinsichtlich russischer Exportrestriktionen und Interventionsfreigaben und die flotte Importnachfrage am Weltmarkt sorgen für Hausse-Impulse.

Denn neben den Hausse-Faktoren existiert auch eine stattliche Anzahl von fundamentalen Daten, die eindeutig ein Baisse-Potential haben. Hierzu zählen zum Beispiel die stattlichen Lagervorräte aus den letzten beiden Rekordernten, die noch immer in den Lagerhäusern ruhen. Alleine bei Weizen lagert annähernd ein Viertel des globalen Verbrauchs in den Lagerhäusern rund um den Globus.

Von Knappheit oder gar von Mangel kann somit keine Rede sein. Daher ist es nach meiner persönlichen Einschätzung äußerst fraglich, ob die Preise ihr derzeitiges Niveau dauerhaft halten können.

Angesicht der trüben US-Konjunkturaussichten dürfte sich der Euro-Kurs weiter erholen. An den Rohölmärkten ist nach meiner Einschätzung zunächst einmal "die Luft raus". Nicht nur die hohen Lagerbestände in den USA und die schwächeren US-Wirtschaftserwartungen, sondern auch die seit Wochen mäßigen Renditeaussichten sorgen für Preisdruck.

 
 
 


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