Kartoffeln: Bringt der Winter Spitzenpreise?
S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 27.10.2006


Die Kartoffelernte 2006 fällt nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Westeuropa nur knapp bedarfsdeckend aus. Lagerkritische Partien prägen den Markt. Nach den miserablen Preisen der Saison 2004/05 erzielen Speisekartoffeln derzeit Spitzenpreise.

Marktlage
Die Rodearbeiten sind in Hessen weitgehend abgeschlossen, so daß der Erntedruck inzwischen ausbleibt. Das Angebot der Erzeuger fällt saisonüblich aus.

Die Erzeugerpreise erzielen das Niveau der Vorwoche. Höhere Preisforderungen lassen sich nur teilweise durchsetzen. Mit einer Preisbefestigung von 3 Euro/dt wird gerechnet. Einzelne Partien im Lager sind instabil und drängen nach einer zügigen Verarbeitung, ohne jedoch das feste Preisniveau zu belasten.

Nach der guten Bevorratung aus der Ernte heraus, fällt die Nachfrage der GH-Stufe derzeit ruhig aus. Dagegen berichten die Abpackbetriebe von einer lebhaften Nachfrage.

Kartoffeln sind in ganz Europa knapp. Vor allem in Osteuropa fiel die Ernte so klein aus, daß dort die Preise explodieren. Zudem läßt die Qualität in ganz Europa oftmals zu wünschen übrig. Daher haben sich Kartoffeln in ganz Europa rasant verteuert. Erzielten die Erzeuger für 100 kg im Jahr 2005 etwa 8 bis 9 Euro, so liegen die Preise in diesem Jahr rund 12 Euro/dt höher.

Der Handel an den Warenterminbörsen, zum Beispiel an der RMX/Hannover, dokumentiert, daß vor allem für spätere Liefertermine mit weiteren Preissteigerungen gerechnet wird. Die zum Teil problematische Lagerqualität der Ernte 2006 schürt Befürchtungen, daß sich bereits während der Wintermonate das Angebot weiter verknappen wird.

 

Fakten

  • Deutschland: Witterungsbedingte Ernteeinbußen
    Die Kartoffelanbaufläche in Deutschland schrumpft weiter. Gründe für den Anbaurückgang sind die hohe technische Ausstattung, die der Kartoffelanbau erfordert, die billigere Konkurrenz aus anderen Ländern sowie veränderte Eßgewohnheiten der Verbraucher.

    In diesem Jahr haben zusätzlich die extremen Witterungsbedingungen den Kartoffelbauern die Ernte vermiest. Der lange Winter und die daher erst späte Auspflanzung, Hitze und Trockenheit im Juni/Juli und anhaltende Niederschläge im August haben die Knollenbildung und Reife behindert.

    Wahrscheinlich wird die Ernte des Dürrejahres 2003 in diesem Jahr nicht ganz erreicht. Die Kartoffelernte 2006 sank laut dem vorläufigen Ernteergebnis mit insgesamt 9,83 Mio.t um mehr als 15 % unter dem Vorjahreswert (11,62 Mio.t). Der langjährige Durchschnitt (2000 bis 2005) von 11,73 Mio.t wird sogar um 16,2 % unterschritten.

    Im Einzelnen wurden 2006 rund 439 000 t Frühkartoffeln geerntet, etwa 8 % weniger als 2005. Bei den mittelfrühen und späten Sorten ging die Erzeugung gegenüber dem Vorjahr um rund 16 % auf 9,39 Mio.t zurück.

    Kartoffelanbau wurde um 1,0 % auf insgesamt 274.100 ha eingeschränkt. Auf Frühkartoffeln entfielen 14.800 ha, ein Rückgang um 3,6 %. Die Anbaufläche der mittelfrühen und späten Sorten lag mit 259.300 ha lediglich um 0,9 % unter der Vorjahresfläche. Dabei konzentrierte sich die Einschränkung auf den Anbau von Industriekartoffeln (­1,7 %) - die Speisekartoffelfläche wurde um 0,8 % ausgedehnt.

    Für Kartoffeln insgesamt liegt der durchschnittliche Hektarertrag bei 359 dt und bleibt damit deutlich (­14,6 %) unter dem Vorjahresniveau von 420 dt. Das langjährige Mittel (407 dt/ha) wird um 11,9 % verfehlt. Die regionalen Ertragsschwankungen reichen 2006 von 261 dt/ha im Saarland bis 389 dt/ha in Nordrhein-Westfalen. In fast allen Ländern gingen die Erträge gegenüber 2005 zurück; am deutlichsten in Brandenburg (­28,6 %) und Sachsen-Anhalt (­23,8 %). Nur in Rheinland-Pfalz wurde noch ein Zuwachs erzielt (+3,0 %).
    Hausse-Tendenz

 

  • Kartoffelqualität
    Wegen des ungewöhnlichen Vegetationsverlaufs fällt die Qualität nicht immer zufriedenstellend aus. Nur auf Flächen mit Beregnung oder bei ausreichender Niederschlagsverteilung durch Gewitterregen wurden überwiegend gute Qualitäten erzielt. Der Anteil kleiner Knollen fällt in diesem Jahr erheblich höher aus - dagegen gibt es wenig Übergrößen. Je nach Verwendungszweck kann dieser Mangel ins Gewicht fallen. Grillkartoffeln erzielen folglich deutliche Preisaufschläge.

    Über die Lagerfähigkeit herrscht vielfach noch Unsicherheit, insbesondere aufgrund von Naß- oder Braunfäule. Viele Partien sind nur eingeschränkt lagerfägig. Die Lagerbedingungen in den Kartoffellägern sind daher in dieser Vermarktungssaison ein besonders wichtiger Faktor hinsichtlich der Lagerdauer.
    Hausse-Tendenz

 

Prognose
Da nicht nur in Deutschland, sondern auch in den europäischen Nachbarländern kleinere Erntemengen eingebracht werden, liegen die Erzeugerpreise für Speisekartoffeln erheblich über dem Vorjahresniveau. Aufgrund des europaweit knappen Angebots müssen sich die Verbraucher auf anziehende Preise einstellen. Da in diesem Jahr nur wenig Ware für Einkellerungsaktionen zur Verfügung stand, sind viele Verbraucher auf einen kontinuierlichen Zukauf während der Wintersaison angewiesen. Die Vermarktung in Kleingebinden dürfte daher für eine kontinuierliche Nachfrage nach einwandfreien Kartoffelqualitäten sorgen..

Wie hoch das Angebot im November/Dezember wirklich sein wird, hängt von der Lagerqualität ab. In Erwartung steigender Preise haben viele Landwirte, sofern sie sich der Lagerstabilität ihrer Ware sicher waren, sehr zurückhaltend offeriert. Nicht auszuschließen ist jedoch, daß Partien zeitiger verkauft werden müssen als ursprünglich geplant, da die Qualität schneller nachläßt als erwartet.

Das Angebot in den kommenden Wochen könnte daher von sehr knapp bis gut bedarfsdeckend reichen, zumal die derzeitige warme Witterung die Lagerung erschwert. Nach meiner Einschätzung ist nicht nur eine knappe Versorgung mit Speisekartoffeln, sondern auch eine steigende Nachfrage der Verarbeitungsindustrie (Ergänzung der Vertragsware) und aus dem Ausland, vor allem aus Osteuropa zu erwarten.

!!! Qualitativ gute Lagerbestände müssen daher entsprechende Aufgelder erzielen !!!

 
 
 

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