Kartoffeln: Wetterkapriolen bringen Qualitätsprobleme
Günther Völkel  voelkelg@llh.hessen.de Sabine Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
 Stand: 24.08.2005


Die Wetterkapriolen der letzten Wochen beeinträchtigen inzwischen die Qualität der Kartoffelbestände. Kindelbildung und Krankheiten schaden der Lagerfähigkeit. Für gute Qualitäten verbessern sich damit die Preischancen. 

Marktlage
Am Speisekartoffelmarkt treten die Preise seit dem Preiseinbruch während der ersten Juni-Wochen auf der Stelle. Nachdem die Frühkartoffel-Saison bereits mit dem niedrigsten Preisniveau seit Jahren begonnen hatte, sind auch in den letzten Tagen kaum Veränderungen beim schwachen Preisniveau feststellbar. Dies ist umso erstaunlicher, als daß die Qualität der mittelspäten und späten Kartoffelbestände derzeit in Abhängigkeit von den regionalen Witterungsverhältnissen leidet.

Der Großhandel spricht in dieser Woche von einem knapp ausreichenden Angebot und einer regen Nachfrage. Die umgesetzten Mengen verharren dennoch auf einem niedrigen Niveau. Die Qualität der derzeit gerodeten Speisekartoffeln ist nach einhelliger Meinung noch gut, die Kalibrierung überwiegend normal. Die komfortable Versorgungslage hat den Preisen in den letzten Woche keine Chance auf Kurssteigerungen geboten.

Während die Versorgung mit Speisekartoffeln aufgrund der Ferienzeit noch ausreichend ist, kann der Bedarf der Verarbeitungsindustrie nur knapp gedeckt werden. Auf der Ebene der Packbetriebe blieben die Preise daher in den letzten Wochen stabil auf niedrigem Niveau, während Verarbeitungskartoffeln auf das knappe Angebot bereits mit Preisanstiegen reagierten.

 

Fakten

  • Qualitätseinbußen durch Wetterkapriolen 
    Die Wetterkapriolen der letzten Wochen bringen das Wachstum der Kartoffeln total durcheinander. Viele noch voll im Kraut stehende Bestände fangen wieder an zu blühen oder treiben neu aus. Dieser Neuaustrieb des Krautes ist ein sicheres Zeichen für einen Neuaustrieb der Knollen. Bei der Rodung von solchen Stauden ist an den Knollen ein deutlicher Neuaustrieb mit Neukeimbildung zu erkennen.

    Sind diese Knollen noch fest mit den Stolonen verbunden und ist das Kraut noch grün, erfolgt die Ernährung der neuen Knolle direkt über den Gefäßbündelring der alten Knolle, was die Qualitätsminderung verringert. Haben sich jedoch die Knollen bereits gelöst, so ernährt sich die jetzt neu bildende Knolle aus der in diesem Jahr gewachsenen Knolle, die dann die Mutterknollenfunktion übernimmt und glasig wird. Eine Vermarktung ist dann nicht mehr möglich.

    Bei einigen Sorten wie Granola oder auch Princess wird verstärkt Kindelbildung festgestellt. Auch hier ist eine Beeinträchtigung der Qualität möglich. Die Kartoffelbestände sollten auf diese Erscheinungen hin überprüft werden, um weitere Qualitätseinbußen u.U. noch begrenzen zu können.

    Auch Erwinia (Naßfäule) spielt in diesem Jahr eine größere Rolle. Die feuchten Bodenbedingungen lassen die Befallsgefahr sprunghaft ansteigen. Eine Bestandsbeurteilung kann Auskunft über die Befallsintensität geben und eine Entscheidung über die Dauereinlagerung erleichtern.

    Die Warenterminmärkte für Speise- und Verarbeitungskartoffeln nehmen die Erwartung schlechterer Qualitäten und einer geringeren Lagerfühigkeit bereits vorweg. In den letzten Wochen konnten sich die Notierungen kontinuierlich für alle kommenden Fälligkeitstermine verbessern.
    Hausse-Tendenz

 

  • Niedrigere Ernte in der EU
    Proberodungen in den Kartoffel-Anbauregionen der EU weisen niedrigere Ertäge und geringere Anteile an Übergrößen aus als in der letzten Saison. In den Niederlanden rechnen Experten mit einem Ertragsminus von 10 bis 30 %.

 

  • Kartoffelposse: Linda vor Gericht
    Noch immer ist die rechtliche Auseinandersetzung um die beliebte Kartoffelsorte Linda nicht abgeschlossen. Der "Fall Linda" läuft vor Gericht weiter. Hintergrund: Der Sorteninhaber Europlant Pflanzenzucht GmbH, Lüneburg hat die Zulassung für Linda beim Bundessortenamt zurückgegzogen, um die neue Sorte Belana auf dem Markt durchzusetzen. Auf Antrag des daraufhin gegründeten "Linda-Freundeskreises" räumte das Bundessortenamt für Linda eine Frist bis 2007 ein. Die Bauern sollten ihr gekauftes Saatgut noch aufbrauchen können. Europlant zeigte sich verärgert und verklagte das Bundessortenamt auf Schadenersatz in Millionenhöhe vor dem Verwaltungsgericht Hannover.

    Nachdem drei Kartoffelbauern in diesem Jahr Linda auf ihren Feldern angebaut hatten, verklagte das Unternehmen die Landwirte vor dem Schiedsgericht der Landwirtschaftskammer Hannover. Das Gericht erklärte es als vertragswidrig, daß ein Vermehrer Pflanzgut aus Vertragsvermehrung für eigene Zwecke verwendet. Inzwischen ist die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft beim Oberschiedsgericht für Saatgut und Sortenstreitigkeiten in Berufung gegangen. Die Entscheidung steht noch aus.

 

Prognose
Derzeit ändert die feuchte Witterung die Voraussetzungen für die weitere Preisentwicklung. Auf den Markt dürfte - auch mit Blick auf die weiteren niederschlagsreichen Wetterprognosen - eine Wende zukommen.

Die Erwartung einer hohen, qualitativ guten Kartoffelernte muß vermutlich deutlich korrigiert werde. Die Enrte dürfte kleiner ausfallen als zunächst erwartet. Zudem dürfte der Anteil mangelhafter Kartoffelpartien aus heutiger Sicht stark zunehmen. Das bedeutet, daß das erwartete "Über"-Angebot schnell zu einem "Unter"-Bedarf an qualitativ hochwertigen Speisepartien mutieren könnte. Gute Aussichten für anziehende Preise!

Da auch in den nächsten Wochen nur mit einem knappen Angebot gerechnet wird, dürften die Preise nach meiner Einschätzung bereits in der kommenden Woche anziehen.

 
 
 

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