Börse am Vortag: Schulden-Sorgen

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 12.05.2010


Der Euro-Jubel ist verpufft und der Euro rutschte erneut ins Minus. Wenige Wochen vor dem Erntestart sorgen schwächere Rohölkurse, ein Goldpreis auf neuem Rekordniveau und ein weitgehend stabiler Trend bei Agrarrohstoffen für Marktunsicherheit.

Devisen
Das Mißtrauen gegenüber der Finanzsituation etlicher EU-Staaten spiegelt sich in der neuen Euro-Schwäche wider. Die Marktbeteiligten haben eines klar erkannt: Hier werden Schulden mit neuen Schulden getilgt. Auch ein Euro-Rettungsschirm in Höhe von gigantischen 750 Milliarden Euro schafft da kein Vertrauen.

Erstaunlich bleibt dennoch, daß sich das Mißtrauen der Marktakteure derzeit primär gegen Euro-Land und den Euro richtet. Denn auch die US-amerikanische Staatsverschuldung hat mit umgerechnet über 10 Billionen Euro bzw. 83,9 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) Sprengkraft. Die EU-Staatsschulden nehmen sich da im Vergleich zu den USA geradezu harmlos aus. In Euro-Land lag die Gesamtverschuldung im letzten Jahr bei 7,06 Billionen Euro bzw. "nur" 78,7 % des BIP. Die Prognose für die USD-Staatsverschuldung bis 2019 lautet: 14,5 Billionen Euro !

Energie
Der Abwärtstrend, in den der Rohölmarkt Anfang Mai eingeschwenkt ist, hält an. Auch am heutigen Vormittag sorgen die weltweiten hohen Lagerbestände - vor allem in den USA - für Preisdruck. Nachdem gestern die neuen Lebenshaltungskosten für China veröffentlicht wurden, hatte sich der Preisdruck zunächst verstärkt. Die April-Zahlen weisen für China einen Anstieg der Inflationsrate auf 2,8 % aus, während das industrielle Wirtschaftswachstum auf 17,8 % anstieg. Jetzt befürchtet man Maßnahmen der chinesische Regierung zur Regulierung der Wirtschaft und des Finanzmarktes.

Agrarrohstoffe
Der gestern veröffentlichte Mai-Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums zur globalen Angebots-Nachfrage-Situation bei Getreide und Ölsaaten lieferte uneinheitliche Marktsignale. Bei Weizen wurden die 2009/10-Emndbestände zwar leicht nach unten korrigiert. Doch bereits für die kommende Ernte wird ein weiterer Anstieg der globalen Lagerbestände prognostiziert. Bei Futtergetreide, Mais und Sojabohnen gehen die US-Analysten jetzt sogar von höheren 2009/10er Beständen und einem weiteren Anstieg der Lagervorräte in der nächsten Saison aus.

Da viele Marktteilnehmer allerdings einen deutlich stärkeren Anstieg der Endbeständen erwartet hatten, kam es zu Preisaufschlägen bei fast allen Agrarrohstoffen an den US-Terminbörsen. Die europäische Euronext notierte bei Handelsschluß uneinheitlich.

Paris-Weizen notierte den August-Termin mit 134,25 Euro/t um -0,50 Euro niedriger als am Vortag. Spätere Termine gaben zwischen 0,50 und 1,25 Euro/t nach. Paris-Raps notierte den August-Termin um +1,50 Euro höher mit 301,75 Euro/t. Der November-Termin zog um -1,75 Euro auf 306,25 Euro/t an. Paris-Mais stand mit 145,25 Euro/t um -0,50 Euro im Minus. Spätere Termine büßten bis zu -1,00 Euro/t ein. Der seit neue angebotene Braugersten-Future wurde für die Januar 2011-Fälligkeit mit 162,25 Euro/t und damit -1,25 Euro schwächer als am Vortag notiert.

Sojabohnen und Sojaschrot notierten an den transaltlantischen Börsen höher, während Sojaöl leicht nachgab.

Ausblick
Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich, daß die Investoren an den Terminbörsen weiterhin vorsichtig agieren werden. Bei Rapssaaten setzt sich allmählich die deutlich knapperen Ernteerwartungen für 2010/11 durch und sorgen für Risikoaufschläge. Am Rohölmarkt dürften die Kurse - nach meiner persönlichen Einschätzung - heute wieder nach oben zeigen. Für den Euro wird entscheidend sein, mit welcher Solidarität die EU-Staaten hinter ihrer Währung stehen.

 
 
 


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