Die Finanzkrise nimmt die Agrarrohstoffmärkte
immer stärker in den Würgegriff. Die fundamentalen
Daten werden am Markt inzwischen durch Faktoren wie
Hysterie oder Panik überdeckt. Wie lange wird
dieser Wahnsinn noch weitergehen?
Marktlage
Negative Meldungen und Paniksignale von
den Kapitalmärkten bringen auch die Agrarrohstoffmärkte
immer stärker in Schwierigkeiten. Weder Milliarden-schwere
Rettungspakete noch die Ankündigung von Leitzinssenkungen
können die Lage beruhigen. Die Anleger versuchen
zu retten, was zu retten ist und bringen damit nicht
nur den Finanzmarkt in Ausverkaufsstimmung.
Inzwischen laufen die Umsätze
mit Weizen, Raps und Co. am Kassamarkt auf absoluter
Sparflamme. Im gesamten EU-Binnenmarkt kommen Geschäfte
nur noch in seltenen Fällen zustande. Verarbeiter
und Handel halten sich mit Neugeschäften in Erwartung
weiterer Preisrückgänge zurück. Lediglich
der Export über die Nord- und Ostseehäfen
bringt eine leichte Marktentlastung.
Je länger die Unsicherheit bezüglich
der weiteren Marktentwicklung anhält, desto gravierender
wirkt sich der Preisdruck aus. Nicht nur die Großhandelspreise,
sondern auch die Landwirtepreise
geraten immer stürker in den Strudel der Finanzkrise.
Auch wenn in den östlichen Bundesländern
davon ausgegangen wird, daß bereits 40 %
der Ernte vermarktet sind, so sind die Läger
in anderen Regionen Deutschlands noch reichlich gefüllt.
Im Kielwasser der heute weiter abrutschenden
Finanzmärkte geht auch die Talfahrt der Kurse
an den Warenterminmärkten
weiter.
Fakten
-
Welt-Rekordernte,
doch die Versorgungslage bleibt knapp
Weltweit bringen die Getreide-Produzenten 2007/08
eine neue Rekordernte ein. Nach den neuesten Zahlen
des Internationalen Getreiderates wird mit einer
Gesamt-Getreideernte von 1.754 Mio.t das
Vorjahresergebnis um 66 Mio.t oder 3,9 %
überschritten.
Dennoch bleit die Versorgungslage knapp, da in
vielen Ländern die Vorräte derart niedig
liegen, daß der Bedarf größer
ausfällt als in den Vorjahren. Mit 1.737 Mio.t
wird der Verbrauch 3,2 % höher als im
Vorjahr prognostiziert.
Bei den Weltmarkt-Exporteuren
Argentinien und Australien
wachsen erneut die Sorgen, daß das derzeitige
Niederschlagsdefizit zur Ernteverlusten führt.
Eine weiterhin trockene Wetterlage und vorerst
keine Aussichten auf Regen in den wichtigen Anbauregionen
haben bereits zu einer Rücknahme der Ernteerwartungen
geführt. Wenn es in den nächsten Tagen
kein Regen fällt, dürften die Ernteprognosen
erneut nach unten korrigiert werden.
Abgeschwächte Baisse-Tendenz
Prognose
Nicht nur für die Marktbeteiligten,
auch für die Analysten ist die derzeitige Marktlage
trostlos. Die Kurseinbrüche an den Finanzmärkten
lassen keinen Raum für eine vernünftige
Bewertung der Angebot-Nachfrage-Situation. Inzwischen
sind die Kurse so tief in den Keller gefallen, daß
eigentlich eine Erholungs-Rallye bevorstehen müßte.
Eigentlich ..., denn es ist
zu befürchten, daß nicht nur am Finanzmarkt,
sondern auch an den Warenterminmärkten eine weitere
Ausverkaufswelle bevorsteht. Wirre Verkaufshandlungen
desillusionierter Investoren und Kursrückgänge
sind dann an den Warenterminbörsen vorherprogrammiert.
Für die realen Kassamärkten
würde dies bedeuten, daß die Geschäfte
vollends zum Erliegen kämen. Bereits jetzt ist
zu beobachten, daß sich die Käufer weitgehend
vom Markt zurückgezogen haben. Verarbeiter kaufen
nur noch prompte Mengen zu, die unbedingt benötigt
werden.
Der Markt steht weitgehend still,
da auch die aktuelle Nachfrage minimal ausfällt.
Viele Verarbeiter hatten sich aufgrund der schlechten
Erfahrungen mit der 2007er Preisrallye bereits
frühzeitig und umfangreich mit Ware über
Termingeschäfte versorgt.
Abwarten und Tee trinken heißt
deshalb derzeit für viele Anbieter die Devise.
Wenn die Lagervorräte bei den Verarbeitern schrumpfen,
muß irgenwann Nachschub zugekauft werden. Nach
meiner Einschätzung ist jedoch erst ab Dezember
mit einem wieder etwas größeren Anschlußbedarf
zu rechnen.