Eigentlich senden die weltweiten Rekord-Erntemeldungen
ein klares Signal aus: Das hohe Angebot bringt die
Preise stark unter Druck. Dennoch: Seit Anfang dieser
Woche scheint der Markt eine Trendwende einzuleiten.
Zu wahren Kurssprüngen kam es gestern an den
Warenterminmärkten.
Marktlage
In Europa bringen die Landwirte derzeit
eine Getreideernte ein, die auf überdurchschnittlichem
Niveau liegt: Mit 141 Mio.t wird die Weizenernte
rund 17,4 % höher als im Vorjahr geschätzt.
Das erwartet jedenfalls der interne Forschungsdienst
der Europäischen Kommission. Der Branchenanalyst
Strategie Grains prognostiziert 133,9 Mio.t
und damit ein Plus von 20 %.
Weltweit wird eine neue Rekord-Weizenernte
erwartet. Das amerikanische Landwirtschaftsministerium
hat in seiner August-Prognose die globale Ernteschätzung
weiter nach oben korrigiert und erwartet jetzt mit
671 Mio.t eine neue Welt-Rekordernte, die das
Vorjahresergebnis um fast 10 % übersteigt.
In Rußland sollen die Mähdrescher
15 % mehr Weizen als 2007 dreschen. Für
die Ukraine geht die US-Prognose von einem Plus von
58 % gegenüber dem Dürrejahr 2007 aus.
Die Aussichten auf eine komfortable
Versorgungslage in Europa wie auch weltweit quittierte
der Markt in den letzten Wochen mit herben Preisabschlägen
für Weizen. Der wieder stärkere Kurs des US-Dollars
verstärkte den Druck am Weizenmarkt.
Inzwischen liegen die Kurse allerdings
auf einem Niveau, daß die großen Importländer
als Käufer auf den Weltmarkt zurückruft.
Mehrere Länder, darunter auch Ägypten, Pakistan
und der Irak, nutzen inzwischen den wieder günstigen
Einstandspreis, um ihre Bestände aufzustocken.
Die stärkere Nachfrage verbessert nicht nur die
Stimmung, sondern sorgt auch für Kursanstiege.
Unterstützt durch die wieder
steigenden Kurse an den Rohöl-Märkten konnte
Weizen an den internationalen Warenterminmärkten
einen rasanten Kursanstieg verbuchen.
An der Warenterminbörse MATIF
in Paris/Frankreich der November-Termin seit Mitte
letzter Woche um fast 13 Euro/t auf zuletzt 196,50 Euro/t
an. Der Januar-Termin notierte um knapp 14 Euro/t
mit 197,75 Euro/t.
Aufwärts ging es auch bei den
Kursen an der Warenterminbörse RMX
in Hannover. Mit 188,70 Euro/t notierte der November-Termin
rund 3 Euro/t höher als Ende letzter Woche.
Auch an der Warenterminbörse CBOT
in Chicago/USA zogen die Kurse seit der letzten Wochen
deutlich an. Der September-Termin des dort gehandelten
Futterweizens zog um fast 28 Euro/t an. Gestern
wurde der Settlement-Kurse mit umgerechnet 209,62 Euro/t
im Limit up (höchstmöglicher
täglicher Kursgewinn) notiert.
Brotweizen an der Warenterminbörse KCBT
in Kansas/USA wurde für den September-Termin
mit umgerechnet 218,50 Euro/t gehandelt. Damit
zog der Kurs rund 30 Euro/t seit Mitte letzter
Woche an.
Bei Futterweizen an der Warenterminbörse LIFFE
in London geht seit Tagen ebenfalls aufwärts.
An den Kassamärkten
hat sich der Aufwärtstrend noch nicht durchgesetzt.
Der Fortgang der Ernte und die hohen Flächenerträge
drückten den Kurs bisher immer weiter.
Prognose
In den nächsten Tagen dürfte
sich entscheiden, wie es am Weizenmarkt weitergeht.
Der Preisauftrieb des gestrigen Tages könnte
durchaus der Auslöser für eine kleine Hausse-Welle
sein. Die Kapitalanleger bekommen wieder mehr Lust,
ihr Geld an den Warenterminbörsen zu investieren.
Die international tätigen Importeure wollen die
derzeit attraktiven Preise nutzen, um die leeren Lagerräume
wieder aufzufüllen.
Zugleich halten sich die Produzenten
mit Verkäufen zurück. Umfangreiche Erntemengen
werden in der Hoffnung auf wieder steigende Preise
eingelagert. Mit dem In Sichtweite rückenden
Ende der Ernte wird das Angebot folglich deutlich
zurückgehen.
Nach meiner Einschätzung dürfte
sich die Kurserholung kurzfristig fortsetzen, da das
Kaufinteresse an den Warenterminbörsen für
den notwendigen Preisauftrieb sorgt.
Aktuell ziehen die Kurse an der Warenterminbörse
MATIF, Paris im heutigen Vormittagshandel weiter an.
Dennoch sollte nicht aus den Augen
verloren werden, daß |
• |
der Preisauftrieb deutlich schwächer
ausfallen dürfte als zur selben Zeit des
Vorjahres, |
• |
Investoren an den Terminmärkten Renditen
sichern wollen und durch Verkäufe an den
Terminmärkten Kursrückgänge auslösen,
die sich bis zum Kassamarkt fortsetzten, |
• |
der Anstieg der Rohölnotierungen für
einen Teil der Kursgewinne verantwortlich zeichnet.
|