Agrarrohstoffe: Sicherer Hafen ade - Liqiditätsspritze ok

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 01.10.2008


Das "Nein" der Kongress-Abgeordneten in den USA zum 700-Milliarden-Dollar-Rettungsplan für den US-Finanzsektor löste am Montag eine Schockwelle an den Märkten aus. Der Absturz an den Aktienmärkten führte diesmal jedoch nicht zu einer Flucht in Agrarrohstoffe. Auch Soja, Raps, Mais & Co mußten herbe Kursverluste verbuchen. Jetzt zeigt der Preistrend wieder leicht nach oben.

Marktlage
In den letzten Monaten konnte man sich auf eines verlassen: Sobald es an den Aktien- und Devisensmärkten abwärts ging, reagierten die Agrarrohstoffe an den Warenterminbörsen mit Kursgewinnen. Agrar- und andere Rohstoffe boten den Investoren einen sicheren Hafen für ihr Geld.

Doch inzwischen ist alles anders. Wo in vergangenen Monaten noch freies Geld Renditen erwirtschaften sollte, wird jetzt das Kapital benötigt, um Finanzlöcher zu stopfen. Nicht nur, daß daher das Kaufinteresse sehr viel geringer ausfällt, - am Terminmarkt werden zudem viele Engagements glattgestellt, um Liquidität in anderen Bereichen der Finanzbranche zu sichern.

Die Folge: Die Kurse gehen in den Keller.

Der Grund dafür ist: Weniger Kaufinteresse bedeutet auch weniger Nachfrage und Handel, so daß die Kurse seit Wochen unter Druck geraten sind. Nach dem (vorläufigen) Scheitern der Milliarden-schweren Rettungsaktion für den US-Finanzmarkt gerieten die Rohstoffmärkte zuletzt voll in den Strudel der Finanzkrise.

Auch Agrarrohstoffe wie Mais, der laut Anbau-Nachfrage-Bilanz eigentlich defizitär am Weltmarkt verfügbar ist, oder das Koppelprodukt Ethanol, das von billigen Rohstoffpreisen profitieren würde, mußten herbe Kurseinbußen in Kauf nehmen.

Seit dem 30.09.2008 hat die Talfahrt der Preise zunächst den Boden erreicht und die Kurse an den Warenterminmärkten ziehen wieder leicht an.

 

Prognose
Wie lange die Beruhigungsphase an den Märkten anhält, ist völlig offen. Derzeit richten sich die Hoffnungen darauf, daß der US-Kongreß doch nach des US-Rettungspaket für den Finanzmarkt genehmigt. Daß die Turbulenzen an den Finanzmärkten wieder aufflackern, ist nicht ausgeschlossen, so daß es an den Agrarrohstoffmärkten erneut zu starken Kursschwankungen kommen könnte.

Ausgehend von der Angebot-Nachfrage-Situation ist jetzt jedoch mit wieder freundlicheren Marktaussichten zu rechnen. Der Kursrückgang der letzten Monate hat - sowohl an den Termin- wie auch an den Kassamärkten - die Preis-Übertreibungen wieder auf ein Normalniveau zurückgeführt. Das Verhältnis von Angebot, Nachfrage und Preis paßt jetzt wieder zusammen.

Das Geschäft zwischen Produzenten, Handel und Verarbeitern ist weitgehend zu Erliegen gekommen. Der Handel am realen Kassamarkt dürfte zunächst weiter auf Sparflamme laufen, da die Unsicherheit über den künftigen Kursverlauf nicht ausgeräumt ist. In den nächsten Wochen ist seitens der Verarbeiter jedoch mit einem größer werdenden Anschlußbedarf und einem stabileren Marktverlauf zu rechnen.

Signale für stabile bis leicht anziehende Preise bestehen aus meiner Sicht vor allem bei Mais. Der weltweit steigende Bedarf dürfte die Produktion übersteigen, so daß die Lagerbestände weiter zurückgehen.

Die wieder anziehenden Rohöl-Preise sorgen inzwischen bereits wieder für Kursanstiege bei Rapssaaten.

Sojabohnen haben weiterhin den Rückwärtsgang eingelegt, nachdem die Statistik höhere US-Lagerbestände ausweist als zunächst erwartet. Dennoch fallen die Bestände deutlich niedriger als im Vorjahr aus, so daß ich mittelfristig Potential für Preissteigerungen bei Soja erwarte.

Der Absatz bei Weizen lahmte, nachdem sich die Exporteure in Erwartung weiterer Preisrückgänge vom Markt zurückgezogen hatten. Jetzt kehren die großen Importländer zurück an den Weltmarkt, so daß auch die EU-Exporteure auf neue Geschäfte hoffen. Dann könnte auch wieder Bewegung in unseren heimischen Markt kommen. Nach der EU-Rekordernte ist es vor allem die Exportnachfrage, die über die Marktentlastung und die weiteren Preisaussichten hierzuland entscheidet.

 
 
 
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