Ernte 2014: Alle warten ...


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 07.05.2014


... auf den Fortgang der Ukraine-Krise, auf die Entwicklung des Wetters in den USA und Südamerika, auf die USDA-Mai-Prognose am Freitag und ob sich ein neues El Niño-Phänomen im Pazifischen Ozean aufbaut. Alle warten und verschieben Geschäftsabschlüsse auf morgen? Nein nicht alle: Die Importeure sind derzeit mit stärkerer Nachfrage am Markt.

 

Geopolitische Risiken
Gestern hat der russische Präsident Putin dazu aufgefordert, das für Sonntag geplante Abspaltungsreferendum zu verschieben. Heute haben die Rußland-treuen Separatisten in der Ost-Ukraine erklärt, das Referendum dennoch nicht verschieben zu wollen. Der ukrainische Ministerpräsident Jazenjuk hatte bereits erklärte, es könne nichts verschoben werden, da in der Ukraine am 11. Mai kein Referendum geplant sei.

Die USA streichen die Steuervorteile für Importwarten aus Rußland. Vertreter der EU rufen dazu auf, alle noch so kleinen Signale der Entspannung zu nutzen. Und die Nato hat gestern eine für fünf Monate geplante Übung in Rumänien, das an die Ukraine grenzt, begonnen, um mehr Präsenz zu zeigen. Ähnliche Nato-Übungen sind in den Ukraine-Anrainern Polen und in den baltischen Staaten im Gange.

Angesichts der quasi-chaotischen Lage in der Ukraine konzentriert man sich im Börsenhandel zunächst einmal auf die fundamentalen Daten, die für West- und Osteuropa derzeit eine gute Ernte erwarten lassen.

Denn auch wenn Dünger, Pflanzenschutzmittel und andere Produktionsmittel für die ukrainischen Landwirte deutlich teurer geworden sind, präsentieren sich die Bestände in guter Verfassung und auch das Exportgeschäft an den Häfen verlief bisher ohne Störung.

 

 

Aktuelle Witterungsrisiken
Was soll man von der zweigeteilten Wetterlage in den USA halten. So gespalten wie die Wetterlage in den USA sind derzeit auch die Einschätzungen über die US-Ernteerwartungen unter den Investoren.

Fakt ist, daß es im Südwesten der USA noch immer viel zu trocken ist, daß dort das Niederschlagsdefizit wächst und daß in den "Südlichen und Zentralen Ebenen" seit gestern eine Hitzewette mit Temperaturen von regional bis zu 39°C den Streß für die Pflanzenbestände verschärft.

Im Norden hat sich dagegen das Anbauwetter verbessert. Bisher hatten im US-Nordwesten unbeständiges und phasenweise viel zu kaltes Wetter die Aussaat immer weiter verzögerte. In dieser Woche dürfte die Aussaat dort aber einen kräftigen Sprung nach vorne machen.


Angesichts der ungünstigen Wetterentwicklung präsentieren sich die Feldbestände der wöchentlichen Bonitierung in den USA auch in der letzten Woche erneut schlechter. Auch bei den Winterweizenbeständen wurde der Anteil der Bestände, die mit "gut" bzw. "sehr gut" bonitiert wurden noch einmal um 2 % reduziert, so daß jetzt nur noch 31 % der Felder in diese Kategorie fallen. Im Vergleich zu der Bewertung Anfang April lag der Anteil sogar 4 Prozentpunkte niedriger.


In den wichtigen Winterweizen-Anbaugebieten Kansas, Oklahoma, Ohio und Texas präsentieren sich die Weizenbestände weiterhin alles andere als optimal. In Kansas wurden nur noch 17 % der Weizenbestände mit "gut" bzw. "sehr gut" bonitiert. In Oklahoma rutschte der Anteil auf 6 %. In Ohio waren es immerhin 50 %. In Texas wurden nur 13 % entsprechend eingestuft.

 

 

Mögliche künftige Witterungsrisiken
Offenbar braut sich ein neues "El Niño"-Ereignis zusammen. Ob 2014 aber wirklich ein El Niño-Jahr wird, darüber sind sich die Klimaforscher noch nicht völlig einig. Doch die Wahrscheinlichkeit steigt, da der tropische Pazifik bereits seit Monaten besonders warm ist.

Das letzte Mal trat ein El Niño im Jahr 2009 auf. Nach Meinung vieler Forscher zeigen die derzeitigen Meßwerte, daß sich ein El Niño im kommenden Sommer bzw. im kommenden Winter entwickeln könnte. Derzeit steigt im äquatorialen Pazifikraum die Meeresoberflächentemperatur.

Sollte 2014 ein El Niño-Jahr werden, würde Europa durch das Klimaphänomen, - wenn überhaupt -, nur indirekt betroffen sein. Doch in Südostasien würde ein El Niño für Trockenheit, in Südamerika indes für starke Niederschläge sorgen.

 

 

Prognose
Die "Ukraine-Prämie" bröckelt an den Agrarrohstoff-Börsen weiter ab. An den Agrarrohstoffbörsen wartet man zunächst einmal ab, ob die Deeskalationssignale Wirkung zeigen oder ob die geopolitische Lage angesichts des geplanten Referendums der Rußland-treuen Separatisten neu bewertet werden muß.

Auch bei der "Wetter-Prämie" bleiben die Investoren noch vorsichtig. Man wartet zunächst die Mai-Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) ab, deren Veröffentlichung für den kommenden Freitag (09.05.2014) um ca. 18:00 Uhr unserer Zeit angekündigt ist.

Bisher weisen die relevanten Statistiken das Wirtschaftsjahr 2014/15 noch eine knapp bedarfsdeckende globale Ernte bei Getreide und eine komfortable Versorgungssituation bei Ölsaaten aus. Größere Ertragseinbußen könnten jedoch schnell zu einer Getreide-Defiziternte führen. Der Internationale Getreiderat (IGC) hat am 25.04.2014 geschätzt, daß die Welt-Getreideernte im Vergleich zum Vorjahr um rund 1,9 % auf 1.935 Mio.t zurückgeht, während der Verbrauch bei 1.936 Mio.t liegen soll.

Im Vordergrund stehen daher derzeit das flotte internationale Exportgeschäft und die stetige Nachfrage der Importländer. Zuletzt haben neben Ägypten auch Israel, Jordanien, Libyen, Japan, Nigeria, Saudi Arabien, Südkorea und andere Brot- und Futtergetreide zugekauft. Die Importeure gehen lieber auf "Nummer Sicher" und füllen die Speicher weiter auf, bevor neue Verladerisiken in der Schwarzmeerregion oder die Befürchtung von Ernteeinbußen für neue Hausse-Signale sorgen.

Fazit: Nicht nur die Witterung in den USA in den nächsten ein bis zwei Wochen wird darüber entscheiden, welche Richtung der Preistrend auf dem internationalen Parkett wie auch am Kassamarkt nehmen wird. Auch die Entwicklung des "El Niño"-Phänomens wird von den Marktteilnehmern aufmerksam beobachtet.

 
 
 
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