Börse: Flotte Exporte und neue Wetterspekulationen


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 09.07.2013


Die flotten Exportgeschäfte der USA kurbeln die US-Börsen an. An den europäischen Börsen bröckeln die Kurse angesichts der guten Erntemeldungen aus Osteuropa und der hohen Ernteerwartungen für die EU weiter ab. Für grüne Zahlen in den Börsensälen sorgen auch neue Wetterspekulationen.

 

Devisen & Konjunktur
Seit letztem Donnerstag ist der Euro im Vergleich zum US-Dollar abgerutscht. Ausgelöst wurde die Euro-Schwäche durch die Bekanntgabe ihres geldpolitischen Strategiewechsels durch die Europäische Zentralbank (EZB). Erstmals in ihrer Geschichte legte die EZB sich in ihrer künftigen Zinspolitik fest. Die EZB erklärte, die Leitzinsen über einen langen Zeitraum hinweg niedrig zu halten.

Viele Beobachter sehen darin eine Annäherung an den Kurs anderer großer Notenbanken, insbesondere der amerikanischen Notenbank FED. Während für die EZB die Geldwertstabilität im Vordergrund steht, hat die FED ihre Zinspolitik an die Entwicklung am Arbeitsmarkt gekoppelt.

Seitdem Meldungen aus der US-amerikanischen Wirtschaft eine Fortsetzung des Erholungskurses signalisieren, gewinnt der US-Dollar bei den Investoren am Devisenmarkt wieder an Attraktivität. Am Freitag gab das US-Arbeitsministerium in Washington bekannt, im Juni seien 195.000 zusätzliche Jobs geschaffen worden. Allerdings blieb die Arbeitslosenquote unverändert: Sie blieb wie im Vormonat bei 7,6 %. Bisher hatte die US-Notenbank erklärt, den Ausstieg aus ihren multimilliardenschweren Konjunkturprogrammen einleiten zu wollen, sobald die monatlich ermittelte Arbeitslosenquote unter die Schwelle bei 6,5 % fällt.

Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,2850 US-Dollar erneut niedriger als am Vortag festgesetzt. Heute im frühen Handel legte der Euro gegenüber dem Dollar wieder etwas zu.

 

Energie
Der Ölpreis schwankt im Takt der Meldungen aus der Unruheregion Ägypten. An den Ölbörsen befürchtet man, daß die Krise in Ägypten den gesamten Nahen Osten destabilisieren könnte.

Ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im August wurde mit 103,14 Dollar deutlich über dem Durchschnitt der Vorwoche gehandelt. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur August-Fälligkeit wurde zum Handelsschluß mit 107,43 Dollar ebenfalls deutlich höher als in der Vorwoche notiert. Heute im frühen Handel zeigt der Preistrend am Ölmarkt weiter aufwärts.

 

Agrarrohstoffe
Seitdem die Ernte in immer mehr EU-Ländern Fahrt aufnimmt, bröckeln die Getreidepreise an den europäischen Warenterminbörsen immer weiter ab. Während hierzulande der Erntedruck weiter zunimmt, zeigt der Preistrend an den Börsen in den USA nach oben.

Nicht nur die unerwartet hohen Exportzahlen der USA sorgten für Preisauftrieb, auch der steigende Zukaufbedarf vieler Importländer bringt den Handel an den US-Börsen auf Trab. Unterstützt wird der Kursauftrieb zudem durch Spekulationen, daß die Ernteprognosen für die US-Maisernte nach unten korrigiert werden müssen und daß China mit einem kräftig steigenden Importbedarf seine Einkaufstour am Weltmarkt fortsetzt.

An den europäischen Börsen schlossen die Börsenkurse mit Verlusten. In Paris standen bei Weizen der November-Termin im Vergleich zum Vortag mit -1,25 Euro/t im Minus, während der Januar-Termin ebenfalls mit -1,25 Euro/t zum Vortag schloß. Auch Körnermais gab erneut nach. Der August-Termin wurde zum Handelsschluß mit -0,75 Euro/t festgesetzt, der November-Termin notierte sogar -1,75 Euro/t zum Vortag. Bei Braugerste ging der November-Termin mit -2,00 Euro/t aus dem Handel. Dagegen wurde der Schlußkurs bei Rapssaat mit Kursgewinnen notiert: Der August-Termin schloß mit +0,25 Euro/t, der November-Termin notierte +0,25 Euro/t.

Auch bei Sojabohnen und Sojaschrot an den US-Börsen schloß der Handelstag im Plus. Trotz der Rekordernteerwartungen bei Sojabohnen ist keine spürbare Entspannung bei der Versorgungsbilanz zu erwarten. Der stark steigende Verbrauch und die weiterhin niedrigen Welt-Lagerbestände haben gestern für Kursgewinne gesorgt.

 

 

Ausblick
In den letzten Wochen stand der Preistrend an den europäischen Börsen und auch an unserem hiesigen Kassamarkt unter dem Eindruck hoher Ernteerwartungen in Osteuropa, den Meldungen des wieder flott laufenden Getreideexports aus Osteuropa und des wachsenden Kaufinteresses der Importländer.

Inzwischen sind es erneut Wettermeldungen, die den Sinkflug der Getreidepreise in Europa abbremsen und in Übersee sogar für grüne Zahlen auf den Anzeigetafeln im Börsensaal sorgen. Hitze und Trockenheit im Osten der Ukraine, in den südlichen Anbauregionen Rußlands und in Kasachstan bieten endlich wieder neues Spekulationspotential. Auch daß nach einer viel zu nassen Aussaat in Australien, jetzt im Westen des Landes ein Niederschlagsdefizit befürchtet wird, erweitert das Spektrum an "schlechten Nachrichten". Für den "Mittleren Westen" der USA wird über Hitzestreß für die Maisbestände und Gewitterregen, der zu Ernteverzögerungen bei Getreide führen könnte, spekuliert.

Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich, daß die Kurse an den Agrarrohstoff-Börsen diesseits wie auch jenseits des Atlantiks leicht im Plus liegen. Man wartet zunächst einmal ab, ob sich aus der aktuellen Wetterlage rund um den Globus echte die Anbau- und Wetterrisiken entwickeln.

 
 
 


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