Börse: Regen - Erst ersehnt, inzwischen gefürchtet


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 03.06.2013


Dauerregen und Überschwemmungen nicht nur in Deutschland, Polen, Tschechien und Österreich, sondern auch in Nordamerika lassen neue Wettersorgen aufkommen. Am Agrarrohstoff-Markt übernimmt damit erneut das Wetter die Führung. Weizen, Raps & Co drehen wieder leicht ins Plus.

 

Devisen & Konjunktur
Im September 2008 brachte die Eskalation der Finanzkrise die Finanzmärkte und die Konjunktur rund um den Globus zum Absturz. Seitdem wird über das Für und Wider einer Finanztransaktionssteuer debattiert. Im Laufe zahlreicher Treffen der Gruppe der G8- und G20-Staaten zerfaserten das Vorhaben zur Beteilung der Finanzbranche an den Kosten der Krise immer weiter.

Nachdem auf internationaler Ebene ein Konsens in immer weitere Ferne rückte, einigte sich Anfang Oktober 2011 eine Gruppe von 11 EU-Ländern, darunter auch Deutschland und Frankreich. auf die Einführung der Finanztransaktionsteuer. Am 22.01.2013 billigten die 27 EU-Finanzminister die Einführung der Einführung der Börsensteuer "im kleinen Kreis" und machten so den Weg frei für den am 14.02.2013 von der EU-Kommission vorgelegten Entwurf einer Richtlinie für eine zum Januar 2014 einzuführende Steuer auf Bank- und Börsengeschäfte.

Seitdem schlagen die Wogen hoch: Banken und Finanzindustrie laufen Sturm gegen die Abgabe und die Regierung Großbritanniens hat Klage gegen die Steuer beim EU-Gerichtshof eingelegt.

Inzwischen ist so viel Sand ins Getriebe geraten, daß Medienberichten zufolge die geplante Börsensteuer nicht nur in entschärfter Form, sondern auch deutlich später als ursprünglich geplant in Kraft treten dürfte.

Aus Sicht der Finanzbranche sind dies positive Nachrichten, so daß Geschäfte im Euro-Raum wieder an Attraktivität gewinnen konnten. Der Euro-Referenzkurs wurde von der Europäischen Zentralbank (EZB) am Freitag mit 1,3006 US-Dollar erneut höher als am Vortag festgesetzt. Heute im frühen Handel tendiert der Euro weiterhin leicht teurer, denn noch wartet man die neuen Konjunkturdaten aus den USA ab, von denen sich Investoren Hinweise auf die weitere Geldpolitik der FED erhoffen.

 

 

Energie
Nicht nur in den USA, sondern weltweit werden die Öl-Läger immer voller. Im Zusammenspiel mit den global schwachen Konjunkturerwartungen sorgt dies bei den Finanzjongleuren an den Ölbörsen für Ernüchterung und rückläufige Ölpreise.

Ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Juli wurde mit 91,27 Dollar deutlich niedriger als am Vortag gehandelt. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Juli-Fälligkeit gab zum Handelsschluß auf 100,39 Dollar nach. Heute im frühen Handel zeigt der Preistrend am Ölmarkt weiter abwärts.

 

 

Agrarrohstoffe
Erneut hat der Internationale Getreiderat IGC seine Prognose für die Welt-Getreideernte 2013/14 nach oben korrigiert. Mit 682 Mio.t Weizen erwartet der IGC jetzt 2 Mio.t mehr als vor einem Monat. Bei Körnermais haben die IGC-Analysten ihre Erwartungen um 6 Mio.t auf 645 Mio.t angehoben. Damit wir jetzt eine rund 7,2 % höhere globale Getreideernte als im Vorjahr prognostiziert. Da jedoch nur eine Verbrauchssteigerung um 3,6 % erwartet wird, errechnen die IGC-Experten einen Aufbau der Welt-Lagerbestände um 9,9 % auf 367 Mio.t Getreide. Bei Weizen wird jedoch nur ein vergleichsweise geringer Anstieg der Lagervorräte um 1,1 % auf 180 Mio.t prognostiziert.


Auch die Zahlen des IGC's zur Weizenproduktion zeigen, daß die Preise am Weizenmarkt immer mehr zu großen Wetter-Frage werden.

Welche Wirkung das Wetter auf die Feldbestände im Süden und Osten Deutschlands in den letzten Tagen entwickelt hat, kann jeder derzeit in allen Medien verfolgen. Abzuwarten bleibt, wie lange die Wurzeln infolge von Dauerregen und Staunässe noch an Sauerstoffmangel leiden. Möglicherweise leiden nicht nur die Ertragserwartungen in den von hohen Niederschlagsmengen betroffenen deutschen Regionen, sondern auch in Polen, Tschechien, Österreich und eventuell auch im Osten Frankreichs.

Auch in den USA beeinträchtigen Starkregen und ungewöhnlich niedrige Temperaturen im Süden den Wachstumsfortschritt und verzögern im Norden zudem die letzten Aussaatarbeiten.

Angesichts der neuen Wetterrisiken schloß die Mehrzahl der Futures an den europäischen Agrarrohstoff-Börsen mit leichten Gewinnen. In Paris standen bei Weizen der November-Termin im Vergleich zum Vortag mit +1,50 Euro/t und der Januar-Termin mit +1,50 Euro/t im Plus. Dagegen gab Körnermais angesichts der hohen globalen Ernteerwartungen nach. Der Juni-Termin wurde zum Handelsschluß mit -3,50 Euro/t festgesetzt, der November-Termin notierte allerdings +1,75 Euro/t zum Vortag. Bei Braugerste gingen der November-Termin und alle Folge-Fälligkeiten angesichts fehlender Umsätze mit -2,00 Euro/t Handel. Dagegen wurde der Schlußkurs bei Rapssaat mit Kursgewinnen notiert: Der August-Termin schloß mit +1,75 Euro/t, der November-Termin notierte +2,00 Euro/t.

Bei Sojabohnen und Sojaschrot an den US-Börsen schloß der Handelstag erneut mit kräftigen Kursgewinnen. Die Aussaat in den USA kommt nur langsam voran und dürfte sich angesichts weiterer Regenvorhersagen weiter verzögern.

 

 

Ausblick
So schnell kann sich das Blatt wenden: Vor einer Woche hatten sich die Wetterspekulationen am Agrarrohstoffmarkt vorerst in Luft aufgelöst. Jetzt sind es erneut die Wetteraussichten in den wichtigen Anbau- und Exportregionen der Welt, die den Preistrend nach oben drehen lassen. Wurde noch vor kurzen kräftiger Regen herbeigesehnt, ist es jetzt das Zuviel an Regen, das für Risikoprämien an den Börsen und am Kassamarkt sorgt.

Die Kurse an den Agrarrohstoff-Börsen jenseits des Atlantiks dürften nach meiner persönlichen Einschätzung heute im grünen Bereich liegen, da weder hierzulande noch in Nordamerika derzeit absehbar ist, welche Auswirkungen der Dauerregen auf das Wachstum der Feldbestände, auf den Krankheitsdruck, die Befahrbarkeit der Flächen, den Erntestart und letztendlich auf die Ernteerwartungen haben wird.

 
 
 


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