Börse: Steigende Ernteerwartungen - sinkende Preise


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 02.07.2013


Am Freitag schickte das US-Landwirtschaftsministerium mit seinen hohen Ernteerwartungen die Getreidemärkte auf Talfahrt. Gestern brachten die neuen Zahlen des Internationalen Getreiderates die Börsen erneut in die Verlustzone. Auch dem Kassamarkt drücken die bärischen Börsenkurse ihren Stempel auf.

 

Devisen & Konjunktur
Seitdem der Euro Mitte vergangener Woche auf 1,3024 US-Dollar abgesackt war, gelang unserer Gemeinschaftswährung nur eine bescheidene Erholung. Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,3037 US-Dollar allerdings wieder etwas niedriger als am Vortag festgesetzt. Heute im frühen Handel tendiert der Euro weitgehend unverändert.

Mitte Juni konnte der Euro noch von den besser als erwartet ausgefallenen Konjunkturdaten aus der Eurozone profitieren und kletterte über die Marke von 1,34 US-Dollar. Vor allem die überraschend positiv ausgefallenen Zahlen für die Eurokrisenländer Italien und Spanien hatten den Euro gestützt.

Seitdem Meldungen aus der US-amerikanischen Wirtschaft die Fortsetzung des Erholungskurses signalisieren, gerät der Euro bei den Investoren am Devisenmarkt jedoch etwas aus dem Fokus. Mit Spannung erwartet wird Ende der Woche der Juni-Bericht zur Lage am US-Arbeitsmarkt. Der Chef der US-Notenbank Ben Bernanke hatte am 19.06.2013 eine geldpolitische Zeitenwende in den USA nicht ausgeschlossen und erneut die enge Kopplung zwischen Notenbankpolitik und der Entwicklung am US-Arbeitsmarkt bekräftigt. Bisher hatte die US-Notenbank erklärt, den Ausstieg aus ihren multimilliardenschweren Konjunkturprogrammen einleiten zu wollen, sobald die monatlich ermittelte Arbeitslosenquote unter die Schwelle bei 6,5 % fällt. Im Mai-Bericht lag die Arbeitslosenrate in den USA noch bei 7,6 %.

 

Energie
Die Lage in Ägypten und im Nahen Osten verstärkt die Volatilität an den Ölmärkten. Angesichts der Massenproteste in verschiedenen Städten Ägyptens hat das ägyptische Militär dem umstrittenen Präsidenten Mohammed Mursi gestern ein 48-stündiges Ultimatum zur Beilegung der politischen Krise eingeräumt. Die Unsicherheit bei den Marktbeteiligten wächst angesichts der geopolitischen Spannungen, so daß der Preistrend nach oben gedreht hat.

Ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im August wurde mit 97,99 Dollar höher als am Vortag gehandelt. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur August-Fälligkeit zog zum Handelsschluß auf 103,00 Dollar leicht nach. Die Preisdifferenz der zwei Sorten ist die geringste seit Januar 2011. Heute im frühen Handel zeigt der Preistrend am Ölmarkt weiter aufwärts.

 

 

Agrarrohstoffe
Die Aussicht auf eine reiche Ernte in den USA brachte die Getreidepreise an den US-Börsen weiter ins Rutschen. An den europäischen Börsen geriet nur Mais in den Abwärssog der Vorgaben aus Übersee.

In den USA schreitet die Winterweizenernte zügig voran. Im Süden steht die Ernte kurz vor dem Anschluß. Insgesamt konnte die US-Winterweizenernte bis zum Ende der letzten Woche zu 43 % in die Lagerhäuser gebracht werden.

Die guten Ernteaussichten nicht nur in den USA, sondern höhere Prognosen zur Welt-Ernte verstärken den Preisdruck am Getreidemarkt. Auch der internationaöle Getreiderat IGC hat gestern seine Ernteprognose nach oben korrigiert. Bei Getreide erwarten die IGC-Experten jetzt mit 1.919 Mio.t jetzt eine um 3 Mio.t höhere globale Getreideernte als einen Monat zuvor. Die Weizenernte wird allerdings nur 1 Mio.t höher geschätzt (683 Mio.t). Auch die Prognose zur Maisproduktion wurde nur um 1 MIo.t angehoben (946 Mio.t).

An den europäischen Börsen schlossen die Börsenkurse gemischt. In Paris standen bei Weizen der November-Termin im Vergleich zum Vortag mit +0,25 Euro/t im Plus, während der Januar-Termin unverändert zum Vortag schloß. Dagegen gab Körnermais angesichts der hohen globalen Ernteerwartungen weiter nach. Der August-Termin wurde zum Handelsschluß mit -1,75 Euro/t festgesetzt, der November-Termin notierte sogar -3,50 Euro/t zum Vortag. Bei Braugerste ging der November-Termin nach den Verlusten der Vorwoche mit +3,25 Euro/t aus dem Handel. Ebenso wurde der Schlußkurs bei Rapssaat mit Kursgewinnen notiert: Der August-Termin schloß mit +3,75 Euro/t, der November-Termin notierte +2,00 Euro/t.

Auch bei Sojabohnen und Sojaschrot an den US-Börsen schloß der Handelstag heterogen. Trotz der Rekordernteerwartungen bei Sojabohnen ist keine spürbare Entspannung bei der Versorgungsbilanz zu erwarten. Der stark steigende Verbrauch und die weiterhin niedrigen Welt-Lagerbestände haben gestern für Kursgewinne bei Sojabohnen und Sojaöl geführt, während Sojaschrot rote Zahlen schrieb.

 

 

Ausblick
Die hohen Ernteerwartungen in den USA, Osteuropa und weltweit verstärken den latenten Preisdruck am Getreidemarkt. Ölsaaten können sich angesichts der engen Versorgungssituation behaupten.

Getreide dürfte an den Agrarrohstoff-Börsen jenseits des Atlantiks nach meiner persönlichen Einschätzung am heutigen Handelstag - nach den Kursverlusten des Vortags - wieder höher gehandelt werden. Auch bei Sojabohnen, -schrot und -öl erwarte ich Kursgewinne. An den europäischen Börsen rechne ich persönlich mit einem stabilen Kurstrend.

An den Kassamärkten bestimmt inzwischen die anstehende Ernte 2013 die Preise. Der Agrarhandel hat seine Angebotspreise zwischenzeitlich deutlich zurückgenommen. Die Kaufgebote für Weizen liegen zwischenzeitlich in der weiten Spanne von 140 bis 165 Euro/t netto ex-Ernte.

 
 
 


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