Börse: Rutschpartie an den Agrarrohstoff-Börsen


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 11.06.2013


Immer mehr Investoren steigen aus ihren Investments an den Agrarrohstoff-Börsen aus. Den Finanzwetten auf Weizen, Mais & Co lohnen sich immer weniger. Gestern brachte die Besserung des Anbauwetters rund um den Globus den Notierungen an Börsen in die roten Zahlen.

 

Devisen & Konjunktur
Die EU-Kommission hatte in den vergangenen Tagen ihre Wachstumsprognose für den Euro-Raum gesenkt. Rückenwind erhielt der Euro jetzt dennoch durch die leichte Aufhellung der Konjunkturaussichten.

In Deutschland gewinnt die Wirtschaft nach einer Schwächephase im Winter wieder etwas Dynamik. Nach den neuen Zahelen des Statistischen Bundesamtes legten der Export und die Umsätze der Industrie im März deutlich zu. Auch bei Produktion und Auftragseingang haben sich die Zahlen verbessert.
Morgen veröffentlicht das Statistische Bundesamt eine erste Schätzung für das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2013. Analysten gehen von schwarze Zahlen für Deutschland aus: Prognosen zufolge könnte das Wachstum zwischen 0,2 und 0,7 Prozent gelegen haben.

Auch für die anderen Euro-Staaten werden neue Zahlen zur Wirtschaftsentwicklung erwartet. Nach fünf Minus-Quartalen in der Währungsunion könnte es erstmals Zeichen der Stabilisierung geben. Für das zweite Halbjahr rechnen viele Analysten dann mit einem Aufschwung und deutlich positiven Wachstumsraten.

Aus Sicht der Finanzbranche sind dies positive Nachrichten, so daß Geschäfte im Euro-Raum wieder an Attraktivität gewinnen konnten. Der Euro-Referenzkurs wurde gestern von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,3209 US-Dollar dennoch etwas niedriger als am Vortag festgesetzt. Heute im frühen Handel tendiert der Euro wieder fester und peilt die 1,33 Dollar-Marke an.

 

 

Energie
Jetzt haben erneut schwache Konjunkturdaten aus China und der Anstieg der Arbeitslosenquote in den USA auf 7,6 % den Investoren an den Ölbörsen die Stimmung verhagelt. Randvolle Öl-Läger und fehlendes Wachstum bei der Öl-Nachfrage sorgen für Ernüchterung und rückläufige Ölpreise.

Ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Juli wurde mit 95,77 Dollar niedriger als am Vortag gehandelt. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Juli-Fälligkeit gab zum Handelsschluß auf 103,95 Dollar nach. Heute im frühen Handel zeigt der Preistrend am Ölmarkt weiter abwärts.

 

 

Agrarrohstoffe
Die Talfahrt der Agrarrohstoffpreise an den Börsen setzte sich gestern fort. Bessere Wetteraussichten für den "Mittleren Westen" der USA und andere US-Anbaugebiete, Regenvorhersagen für die Schwarzmeerregion und die Aussicht auf weitere Niederschläge in Australien lassen die Rendite-Hoffnungen an den Warenterminmärkten zerplatzen.

Die Hochwasser-Katastrophe in Deutschland bleibt letztendlich ein lokales Ereignis, so daß die zu erwartenden Ernteausfälle keine preiswirksamen Hausse-Signale entwickeln.

Ebenfalls als lediglich lokale Ereignisse wird gewertet, daß im äußersten Süden der Ukraine, der Halbinsel Krim im Schwarzen Meer, mit Ernteausfällen bei Getreide in Höhe von 20 % gerechnet wird und daß für den Süden Rumäniens infolge der wochenlangen Trockenheit mit einem um 30 % geringeren Ertragspotential kalkuliert wird.

Ganz im Fokus der Börsenteilnehmer stehen dagegen die besseren Wachstumsbedingungen in den USA und die Erwartung, daß die US-Farmer jetzt doch noch ihre Aussaat zügig beenden können.

Auch das weitgehend gute Anbauwetter in vielen Regionen der EU brachte die Börsenkurse in die roten Zahlen. In Paris standen bei Weizen der November-Termin im Vergleich zum Vortag mit -2,25 Euro/t und der Januar-Termin mit -2,00 Euro/t im Minus. Zudem gab Körnermais angesichts der hohen globalen Ernteerwartungen nach. Der August-Termin wurde zum Handelsschluß mit -1,50 Euro/t festgesetzt, der November-Termin notierte -2,25 Euro/t zum Vortag. Bei Braugerste ging der November-Termin mit -2,50 Euro/t aus dem Handel. Ebenso wurde der Schlußkurs bei Rapssaat mit Kursverlusten notiert: Der August-Termin schloß mit -1,50 Euro/t, der November-Termin notierte -2,25 Euro/t.
Auch bei Sojabohnen und Sojaschrot an den US-Börsen schloß der Handelstag mit Kursverlusten. Angesicht der Wetterbesserung in den USA brachten Rekordernteerwartungen bei Sojabohnen den Börsenhandel in die roten Zahlen. Aktuell wird mit einer um über 6 % höheren Welt-Sojaernte gerechnet.

 

 

Ausblick
Nicht nur auf der Nordhalbkugel hat sich das Anbauwetter in vielen Regionen verbessert. Auch auf der Südhalbkugel entwickeln sich die Aussaatbedingungen günstiger.

Getreide an den Agrarrohstoff-Börsen jenseits des Atlantiks dürften nach meiner persönlichen Einschätzung heute erneut schwach gehandelt werden, da die Ernteaussichten rund um den Globus steigen und die Wetterrisiken sinken. Bei Sojabohnen und Sojaschrot erwarte ich dagegen, daß die Verluste des Vortages zum Teil wieder wett gemacht werden können.

Vor allem die Ernteaussichten für Rußland, die Ukraine und andere Anbauländer in der Schwarzmeer-Region dürften zu weiteren Prisrücknahmen führen, die in der nächsten Zeit auch auf den Kassamarkt voll duchschlagen dürften.

 
 
 


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