Börse: Neue Rendite-Hoffnungen an den Börsen


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 28.11.2012


Die Hausse-Signale des hart umkämpften Griechenland-Rettungspaketes sind weitgehend wieder verpufft. Jetzt bieten Wetterprobleme und Anbaurisiken zur Ernte 2013 Potential für Spekulationen an den Börsen und Prämien an den Kassamärkten.

 

Devisen & Konjunktur
Die Entscheidung für neue Milliardenhilfen für Griechenland hatte gestern zunächst für gute Laune an den Märkten und steigende Kurse gesorgt. Doch nach fast drei Jahren mit immer neuen Griechenland-Rettungs-Paketen haben selbst milliardenschwere Entspannungssignale an den Märkten nur noch eine geringe Halbwertzeit. Inzwischen ist die Euphorie schon wieder verpufft.

In der Nacht zum Dienstag haben sich Euro-Gruppe, die Europäische Zentralbank (EZB) und der Internationale Währungsfonds (IWF) geeinigt, Griechenland weitere Milliardenkredite zu gewähren und so die Pleite des Landes abzuwenden. Details des Hilfspaketes präsentieren sich derzeit noch reichlich nebulös. Klar scheint hingegen zu sein, daß an Athen in vier Tranchen bis Ende März fast 44 Milliarden Euro ausgezahlt werden sollen. Vor der endgültigen Freigabe der Hilfen muß aber noch der Bundestag zustimmen. Angesichts einer Schuldenlast von 170,6 % der Gesamtwirtschaftsleistung (BIP) bleiben die Schuldenprobleme in Griechenland dennoch weiter akut. Die offiziellen Prognosen liegen bei einem BIP-Minus für 2013 von gut 4 %.

Auch gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,2961 US-Dollar deutlich über dem Referenzkurs der Vorwoche festgesetzt.

Doch heute im frühen Handel wird unsere Gemeinschaftswährung wieder billiger gehandelt. Anlaß dürfte ein heute gesendetes Interview des EZB-Ratsmitgliedes Ewald Nowotny mit dem österreichischen Radio-Sender ORF sein, in dem Nowotny erklärt: "Der Schuldennachlaß ist vom Tisch".

 

Energie
Heute geht es an den Rohölmärkten nach oben, morgen stehen die Ölbörsen wieder in den roten Zahlen. Mal ist es der Dollar-Kurs, dann wieder bessere oder schlechtere Konjunkturdaten oder der Konflikt im Nahen Osten der die Kurse Jojo spielen läßt. Heute dürften die Veröffentlichung der neuen Zahlen des US-Energieministeriums zu den US-Öllagerbeständen erneut für Preisbewegung sorgen.

Gestern wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Januar mit 87,18 Dollar schwächer als am Vortag notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Dezember-Fälligkeit verbilligte sich gestern leicht auf 109,87 Dollar. Heute im frühen Handel zeigt der Kurstrend für beide Öl-Herkünfte leicht schwächere Tendenzen.

 

Agrarrohstoffe
Nicht nur schwächere Ernteerwartungen und anhaltende Wettersorgen in Südamerika bieten an den Agrarrohstoffbörsen Hausse-Signale.
Auch die anhaltende Trockenheit in weiten Anbauregionen der USA bieten Spekulationspotential (siehe hierzu auch den Beitrag: "Ernte 2013:Trockenstreß in den USA läßt die Kurse steigen" vom 27.11.2012.) So zeigte auch gestern der Kurstrend an den Agrarrohstoffbörsen weiter nach oben.

Doch auch wenn es in Argentinien weiterhin viel zu naß und in einigen Anbauregionen Brasiliens viel zu trocken ist, ist es für eine Prognose über die zu erwartenden Ernteeinbußen in Südamerika noch zu früh. Bei argentinischem Weizen geht es weniger um Mengen-, als um Qualitätsrisiken. Spekulationen über Rekordernten oder Ernteeinbußen betreffen hier vor allem Körnermais und Sojabohnen. Auch für verläßliche Anbau- und Ernteprognosen für die USA, wo nach Jahrhundertdürre in diesem Sommer noch immer zu trockene Anbaubedingungen herrschen, ist es noch viel zu früh. Viel zu trocken ist es zwar noch immer in den südlichen Anbaugebieten Rußlands und in Regionen Kasachstans, doch hier dominiert der Anbau von Sommergetreide.

Klar ist jedoch, daß die sich Witterungsprobleme rund um den Globus die Anbaurisiken verschärfen und damit an den "mauen" Finanzmärkten für neue Rendite-Spekulationen sorgen. Dreh- und Angelpunkt an den Märkten ist damit die Winterwitterung auf der Nordhalbkugel zur Ernte 2013.

An den Agrarrohstoff-Börsen gingen Weizen, Mais und Rapssaat gestern mit Kursgewinnen aus dem Handel und auch der Soja-Komplex an den US-Börsen lag im Plus.

An den europäischen Agrarrohstoff-Börsen schloß der Börsentag bei Getreide mit Kursgewinnen. In Paris stand der Januar-Termin im Vergleich zum Vortag bei Weizen mit beachtlichen +3,50 Euro/t, der Januar-Termin bei Körnermais mit +0,75 Euro/t und der Januar-Termin bei Braugerste mit +3,00 Euro/t im Plus. Auch Rapssaat wurde zum Vortag mit +5,00 Euro/t in der Gewinnzone notiert.

 

Ausblick
Während an Börsen der Fokus der Investoren auf den Regenprognosen für Südamerika und der trockenheitsbedingt schlechten Entwicklung der Wintergetreidebestände in den USA ruht, sorgen an den Kassamärkten ganz reale Marktfaktoren für Preisauftrieb: der lebhafte Export, der flotte Abbau der Lagerbestände auch in der EU und hierzulande der für die kommenden Monate noch hohe Anschlußbedarf der Mühlen und Futtermittelhersteller.

Ich persönlich erwarte, daß nach den Kursgewinnen der letzten Tage an den Agrarrohstoff-Börsen zunächst einmal "Kasse gemacht" wird. Nach meiner Einschätzung ist der Aufwärtstrend derzeit aber noch ungebrochen, so daß der Börsenhandel im Laufe des Tages aber wieder ins Plus drehen könnte.

Am Kassamarkt zeigt der Preistrend weiter nach oben. Ein großer Teil der Ernte wurde bereits während der Erntezeit oder kurz danach verkauft. Mit der eingelagerten Ware spekulieren viele Produzenten auf weitere Preisanstiege, so daß das Angebot am Markt äußerst dünn ausfällt. Zugleich läuft der EU-Export recht lebhaft, so daß nicht nur die Verarbeiter, sondern auch der Exporthandel als Käufer am Markt sind. Daß die Ukraine Anfang Dezember den "Exporthahn" für Weizen wahrscheinlich zudrehen werden, spielt bei der ultra-langen Ankündigungszeit an den Märkten keine Rolle mehr. Das reale Marktangebot ist derzeit knapp und für Liefertermine ab Januar 2013 zunehmend gesucht, so daß weitere Preisaufschläge gewährt werden, um die Ware aus den Lägern zu locken.

Doch Vorsicht: Angesichts des hohen Preisniveaus wachsen - sobald neue "schlechte" Nachrichten ausbleiben - auch die Korrektur-Risiken.

 
 
 


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