Börse: Wettersorgen beleben den Exportmarkt


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 06.11.2012


Während sich die Aussaat auf der Nordhalbkugel allmählich dem Ende zuneigt, hat die Ernte auf der Südhalbkugel inzwischen begonnen. Die ersten Druschergebnisse in Australien enttäuschen und in den USA werden die Winterweizen-Bestände so schlecht wie nie zuvor beurteilt.

 

Devisen & Konjunktur
Seit Tagen stehen die Börsen ganz im Zeichen der Präsidentschaftswahl in den USA. Für die meisten Investoren heißt die Devise: "Zunächst einmal abwarten!". In den letzten Tagen waren es bessere Konjunkturdaten aus den USA, die dem US-Dollar Rückenwind gaben und damit den Kurs des Euro belasteten. Das erneute Aufflackern der Euro-Schulden-Krise in Griechenland und die Diskussion über die noch immer nicht geschlossene Finanzierungslücke macht für Anleger den Dollar-Raum wieder attraktiver.

Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,2777 US-Dollar deutlich dem Referenzkurs der Vorwoche festgesetzt. Damit sackte der Euro auf den niedrigsten Stand seit Februar 2005. Heute im frühen Handel wurde die Gemeinschaftswährung wieder etwas höher bewertet.

 

Energie
Auch nach seinem Abklingen sorgt Wirbelsturm "Sandy" in den USA für Preisturbulenzen. In den von dem Sturm betroffenen Regionen arbeiten die Raffinerien noch nicht wieder mit voller Kapazität. Für die Märkte bedeutet dies, daß der Verbrauch in den USA - trotz besserer Konjunkturdaten - sinkt, während die US-Rohöllagerbestände wachsen und die weltweiten Vorräte ein äußerst komfortables Niveau erreicht haben.

Ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Dezember wurde gestern mit 85,26 Dollar dennoch etwas höher als am Vortag notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Dezember-Fälligkeit verteuerte sich gestern leicht auf 107,73 Dollar. Heute im frühen Handel zeigt der Kurstrend für beide Öl-Herkünfte unveränderte bis leicht schwächere Tendenzen.

 

Agrarrohstoffe
Während im Vorfeld der US-Wahl die Kursbewegungen am Devisen- und Rohölmarkt vergleichsweise gering ausfallen, beleben die schwächeren Ernteerwartungen für die Südhalbkugel und die regional ungünstigen Anbaubedingungen auf der Nordhalbkugel die Renditehoffnungen an den Agrarrohstoffbörsen.

Nach dem starken Niederschlagsdefizit im Südwesten Australiens sorgt jetzt Regen in "Down Under" für neue Unsicherheiten. Nicht nur, daß der Regen für einen großen Teil der Weizenbestände zu spät kommt, jetzt wachsen auch noch die Sorgen, daß sich anhaltende Niederschläge negativ auf die Erntequalität auswirken könnten. Die ersten Druschergebnisse in frühen Regionen Australiens deuten darauf hin, daß die Ernte kleiner als erwartet ausfallen dürfte.

Auch in Argentinien trüben sich die Ernteerwartungen ein. Dauerregen sorgt nicht nur für Verzögerungen, sondern läßt auch Angst vor Krankheiten und Ernteausfällen wachsen.

Auch die Erwartungen für die Weizenernte 2013 in den USA entfalten eine immer stärkere preistreibende Wirkung. Ende letzter Woche waren zwar 92 % der Winterweizenflächen ausgesät und 73 % der Aussaatflächen aufgelaufen, doch die Weizenbestände wurden so schlecht wie nie zur bonitiert. Lediglich 39 % der Bestände wurden Ende letzter Woche mit gut bis sehr gut bewertet, in der Vorwoche waren es noch 40 % und vor einem Jahr 49 %. Dagegen stieg der Anteil der Pflanzen in schlechtem bis sehr schlechtem Zustand von 15 % auf 19 %, ein Jahr zuvor waren es nur 15 %.

An den Agrarrohstoff-Börsen ging Weizen daher mit Kursgewinnen aus dem Handel, während Mais, Rapssaat und der Soja-Komplex an den US-Börsen mit Verlusten schloß.

An den europäischen Agrarrohstoff-Börsen schloß der Börsentag bei Getreide überwiegend mit Kursgewinnen. In Paris stand der November-Termin im Vergleich zum Vortag bei Weizen mit +1,75 Euro/t, der Januar-Termin bei Körnermais mit +1,00 Euro/t und der November-Termin bei Braugerste mit +0,50 Euro/t im Plus. Rapssaat wurde dagegen zum Vortag erneut in der Verlustzone notiert.

 

Ausblick
Die Börsen stehen heute ganz im Zeichen der US-Präsidentschaftswahl und lassen die Investoren mit äußerster Vorsicht agieren.

Ich persönlich erwarte, daß vor allem die verschärften Ernterisiken auf der Südhalbkugel und die wachsenden Anbaurisiken auf der Nordhalbkugel an den Agrarrohstoff-Börsen heute für Kursgewinne sorgen. Auch Mais dürfte von der Befürchtung einer weiteren Verengung der Versorgungsbilanz bei Weizen profitieren. Mit Spannung wird daher die November-Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums am 09.11.2012 erwartet.

Am Kassamarkt zeigt der Preistrend weiter nach oben. Nachdem der EU-Export schon eine Weile lebhaft läuft, kommt jetzt auch der Exporthandel mit Weizen und Gerste aus Deutschland zunehmend in Schwung. Der abnehmende Wettbewerbsdruck aus Osteuropa, die lebhafte Exportnachfrage und der stetige Bedarf der Futtermittelindustrie beleben das Interesse an Neugeschäften. Ausgehend von den Exportstandorten werden weitere Preisaufschläge gewährt, da sich prompte Ware meust nur mit Prämien aus den Lägern locken läßt.

 
 
 


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