Kursrutsch: Wann kaufen oder verkaufen?

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 09.08.2011


Machen wir uns nichts vor: Die Märkte sind angeschlagen. Die Politik zieht alle Register, um Zeit zu gewinnen und um die Märkte zu beruhigen. Doch seit der Eskalation der Finanzkrise geraten die Börsen immer wieder in chaotische Schieflagen und bringen die Kurse bei Weizen, Raps & Co in Turbulenzen. Wie wird es weitergehen?

 

Blicken wir zurück ...
Nach der Eskalation der Finanzkrise und dem anschließenden Börsencrash gab es ein Zeitfenster, in dem eine Reform des Finanzsektors und eine Regulierung der Finanzmärkte möglich gewesen wäre. Diese Chance wurde vertan. Gipfeltreffen, Rettungsschirme und Konjunkturprogramme haben nicht verhindern können, daß die Schuldenkrise in vielen Ländern immer bedrohlichere Ausmaße annimmt.

Inzwischen haben die Finanz-Jongleure und Spekulanten das Steuer wieder fest in der Hand Doch anzumerken bleibt auch, daß sich Spekulation auch nur dort entwickeln kann, wo sich zumindest der Ansatz eines fundamentalen Faktors abzeichnet.

Derzeit beherrscht ein toxischer Mix aus anschwellenden Schuldenbergen in vielen Ländern und einer sich abkühlenden Weltkonjunktur die Märkte. Letztendlich war die Herabstufung der der USA durch die Ratingagentur Standard & Poor's am 05.08.2011 nur symbolisch - und das ist auch allen Marktakteuren bewußt.

Denn das brisante Anwachsen der Schulden ist bereits seit Jahren ein vieldiskutiertes Thema und bereits seit Monaten signalisieren Handelsdaten, Auftragseingänge und Arbeitsmarktdaten ein Abflauen der Weltkonjunktur.

Bereits seit Monaten signalisiert auch der der "Baltic Dry Index", ein wichtiger Indikator für die weltweite Verschiffung von Hauptfrachtgütern - zu denen zum Beispiel auch Getreide zählt -, daß beim Schüttfrachtraum auf See Überkapazitäten bestehen.

Der Index signalisiert ein allmähliches Abflachen des Welthandels, - ausgelöst durch das allmähliche Auslaufen der zur Bekämpfung der Finanzkrise aufgelegten Konjunkturprogramme. Die Auftragsbücher der Unternehmen füllen sich inzwischen nicht mehr so schnell wie in den vorangegangenen Jahren.

 

Blicken wir nach vorne ...
Beunruhigt sind nicht nur die Politiker und die Akteure an den Börsen. Auch der Agrarmarkt gerät immer stärker in den Sog der Entwicklungen an den Kapitalmärkten.

Die Psychologie der Märkte läßt die fundamentalen Fakten - auch am Agrarmarkt - derzeit außen vor. Das schuldenfinanzierte Wirtschaftswachstum beginnt folglich auch das realwirtschaftliche Fundament des Marktes zu unterhöhlen.

Die hohe Volatilität an den Börsen wird derzeit durch die automatisierten Handelssysteme noch verstärkt. Obwohl Agrarrohstoffe letztendlich mit Aktien, Staatsanleihen oder Industriemetallen nur wenig zu tun hat, wird auch das Fahrwasser für Weizen, Raps & Co. immer unruhiger.

Anders als andere Märkte geraten Agrarohstoffe jedoch nicht derart krass unter die Räder. Vor allem die europäischen Börsen haben noch immer einen starken Bezug zum Realmarkt.

Berücksichtigen muß man jedoch, daß die negativen Nachrichten derzeit sehr viel intensiver zur Kenntnis genommen werden als die positiven.

 

Prognose für den Agrarrohstoffmarkt
Eines ist klar: Die Finanzkrise ist noch lange nicht beendet. Dennoch dürfte nach meiner persönlichen Einschätzung der USA-Faktor in den nächsten Tagen stark nachlassen. Allerdings sorgen die teilweise hektischen politischen Interventionen - auch in der Eruo-Zone - inzwischen für wachsende Unsicherheit.

Im Zentrum des Interesses stehen daher die Entscheidungen der heutigen Sitzung der US-Notenbank Fed. Der Offenmarktausschuß der Fed tagt heute abend in Washington und wird seine Entscheidungen um 20:15 Uhr bekanntgeben. Die Frage ist, ob es Fed-Chef Ben Bernanke gelingen wird, die Rezessionsängste zu beruhigen. Händler hoffen, daß die Fed die Zinsen auf historisch niedrigem Niveau belassen wird und möglicherweise sogar neue Hilfsprogramme zur Stützung der Märkte auflegt.

Ich persönlich erwarte, daß sich die Marktakteure auf die von mir erwarteten beruhigenden Signale der Fed einlassen werden, so daß bereits am darauffolgenden Handelstag die Börsen auf einen Erholungskurs drehen dürften.

Sollte ich mit meiner Einschätzung Recht behalten, würde dies kurzfristig bedeuten, daß
• Zukäufe (Soja, Diesel, Heizöl u.a.) umgehend erfolgen sollten, während man
• Verkäufe (Getreide, Rapssaat und dgl.) auf später verschieben sollte.

Nicht außer Acht lassen sollte man allerdings die Gefahren, die aus den wachsenden Schuldenbergen vieler Staaten, den hohen Inflationsraten vieler Länder und dem Abflachen der Weltkonjunktur erwachsen können. Zeitweilig rasante Kursbewegungen und auch Kursstürze sind je nach Nachrichtenlage nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich.

 
 
 


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