Börse am Vortag: Rückkehr der Investoren

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 08.07.2011


Reduzierte Ernteerwartungen einiger großer Investmenthäuser bringen die Investoren zurück an die Agrarrohstoff-Börsen - trotz des aktuellen Ernte-Druckes. Euro, EU-Schuldenkrise und Rohöl verlieren an Attraktivität und vermeintliche Rendite-Erwartungen locken in den Agrarsektor.

 

Devisen & Konjunktur
Der Euro-Referenzkurs wurde gestern von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,4247 US-Dollar schwächer als am Vortag festgesetzt. Nach der bereits erwarteten EZB-Entscheidung, den Leitzins im Euro-Raum aufgrund der anhaltenden Inflationsgefahren um 0,25 Prozentpunkte auf 1,5 Prozent anzuheben, tendierte der Euro wieder fester. Auch die Mitteilung der EZB, sie werde das EU-Schuldenland Portugal trotz schlechter Bewertung durch die Rating-Agenturen mit Liquidität versorgen, stützte die EU-Gemeinschaftswährung.

Heute im frühen Handel wird der Euro oberhalb der Marke von 1,43 US-Dollar zwar höher, aber impulslos gehandelt, denn die Investoren warten zunächst den für den Nachmittag anstehenden US-Arbeitsmarktbericht für den Monat Juni ab. Abzuwarten bleibt, ob sich Berichte über etwas positivere US-Konjunkturdaten und eine Erholung des US-Arbeitsmarktes bestätigen.

 

Energie
Einen kräftigen Sprung nach oben machten die Ölpreise, nachdem das US-Energieministerium die neuen Zahlen zu den US-Lagerbeständen bekanntgegeben hatte. Wie erwartet sind die Rohöl-Lagerbestände in den USA in der vorherigen Woche weiter gefallen. Dies wird als Zeichen für eine steigende Nachfrage nach Öl in den USA gewertet und als Signal für eine Konjunkturerholung interpretiert.

Zum gestrigen Handelsschluß wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im August gestern mit 98,67 Dollar höher als am Vortag notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent wurde mit 118,59 Dollar festgesetzt.

 

Agrarrohstoffe
Ernte-Druck und günstigere Wetteraussichten in einigen wichtigen Anbauländern lassen Getreide an den Börsen nicht aus der Verlustzone herauskommen.

An der Börse in Paris gab Weizen nochmals nach. Der Front-Termin bei Paris-Weizen notierte gestern -4,00 Euro/t niedriger. Die späteren Termine schlossen zwischen -3,25 und -4,75 Euro.
Auch an den US-amerikanischen Warenterminmärkten gab es bei den Notierungen weitere Verluste, nachdem die Winterweizen-Ernte dort gut voran kommt. Inzwischen wurden bereits mehr als 60 % der US-Flächen beerntet.

An den europäischen Märkten schlossen die Notierungen auch bei Mais im Minus. Der Front-Termin bei Paris-Mais schloß -0,50 Euro niedriger. Spätere Termine gaben zwischen -2,75 und -3,50 Euro/t nach.
Der Front-Termin bei Chicago-Mais notierte dagegen bereits wieder leicht über dem Vortagesniveau, nachdem umfangreiche US-Maisexporte in Richtung China bekannt wurden. Zudem gab die US-amerikanische Investmentbank Morgan Stanley bekannt, über die Höhe der US-Mais-Aussaatfläche in dem Juni-Bericht des US-Landwirtschaftsministeriums erstaunt zu sein und hält den Mais-Markt für unterbewertet.

An den europäischen Börsen folgte Rapssaat seinem Aufwärtstrend. Die Ölpreis-Rallye verstärkte den Preisauftrieb. Paris-Raps notierte am Handelsschluß mit 455 Euro/t für den August-Termin und gewann nochmals +8,25 Euro/t zum Vortag.

Der Soja-Komplex notierte wieder etwas fester. Die Sojabohnen-, Sojaschrot- und Sojaöl-Preise an den transatlantischen Börsen schlossen höher.

Bei Paris-Braugerste wurde die Schlußnotierung für die August-Fälligkeit mit 233,5 Euro/t im Vergleich zum Vortag schwächer notiert.

 

Ausblick
In den letzten Tagen wurde der Kurstrend an den Getreide-Börsen durch die fundamentalen Daten des Weizenmarktes dominiert (siehe Vortagesbericht). Doch jetzt gibt der Finanzsektor erneut die Richtung vor.

Die nach unten korrigierten Ernte-Erwartungen einiger großer Investment-Häuser lassen die Renditeerwartungen an den Agrarrohstoff-Börsen wieder steigen. So hat zum Beispiel Goldman Sachs, der größte Rohstoffinvestor der Welt, seine Einschätzung für Mais und Weizen nach unten korrigiert. Damit sind die Analysten einer Reihe von anderen Instituten gefolgt, die bereits zuvor von weniger guten Versorgungsbilanzen ausgegangen waren.

Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich ein stärkeres Engagement der Investoren und daher wieder steigende Kurse bei Weizen und Mais.

Auch Rapssaat dürfte angesichts tendenziell steigender Ölpreise und defizitärer Ernte-Prognosen Chancen auf weitere Kursanstiege haben. Nach meiner persönlichen Einschätzung dürfte sich der Preisauftrieb am heutigen Handelstag fortsetzen.

 
 
 


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