Energie: Rohöl-Kurse drehen ins Plus

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 10.12.2008


Nach dem Preistief am Freitag ziehen die Kurse wieder an. Trendwende oder kurzzeitige Kurskorrektur: - das ist die Frage. Der am späten Nachmittag erwartete US-Ölmarktbericht dürfte entscheidenen Einfluß auf die weitere Preisentwicklung haben.

Marktlage
In der letzten Woche rutschten die Rohölkurse bis zum Freitag auf den niedrigsten Stand seit Januar 2005. Der höchste Wochenverlust seit fast 18 Jahren ließ die Settlement-Kurse für das amerikanische WTI-Rohöl auf 42,55 US-Dollar je Barrel (159 Liter) und für Nordsee-Rohöl Brent auf 39,74 Dollar absacken.

Seit Montag geht es an den Rohölmarkten wieder leicht aufwärts. WTI-Rohöl mit Fälligkeit im Januar stieg heute bis zum Mittag auf über 43 Dollar an, Brent-Nordsee-Rohöl lag wieder bei rund 42,50 Dollar.

Einerseits dürfte es sich um eine technische Korrektur nach dem Kursabsturz der letzten Woche handeln. Andererseits zeichnet sich inzwischenn bei mehreren anderen Rohstoffen ebenfalls eine Bodenbildung ab. Hinzu kommt, daß die "Dollar-Ersatz-Währung" Rohöl wieder an Attraktivität gewinnt, nachdem der US-Dollar gegenüber dem Euro wieder Schwächetendenzen signalisiert.

 

Fakten

  • OPEC: Weitere Förderkürzung am 17.12.2008 erwartet
    Anläßlich des OPEC-Treffens am 29.11.2008 sprach sich die Mehrheit der OPEC-Mitglieder für eine Drosselung um bis zu 1,5 Millionen Barrel täglich aus. Doch die endgültige Entscheidung wurde auf das nächste Treffen am 17.12.2008 in Oran in Algerien vertagt.

    In der kommenden Woche sind weitere Fürderkürzungen und damit eine Angebotsverknappung zu erwarten. Erwartet wird, daß die OPEC ein weitere Kürzung der täglichen Fördermenge in Höhe von mindestens 1 Millionen Barrel pro Tag beschließen wird.

    Hausse-Tendenz

 

  • USA: Weltgrößter Ölverbraucher
    Mit einem Anteil von knapp 40 % ist Rohöl vor Kohle (27 %) und Erdgas (24 %) der wichtigste Energielieferant weltweit. In Nordamerika werden zurzeit 16 % des Erdöls weltweit produziert. Doch die Öl-Produktionsrate geht dort langsam zurück.

    Die USA sind derzeit noch der drittgrößte Erdölproduzent weltweit, zugleich jedoch auch der größte Verbraucher. Die USA benötigen beinahe dreimal mehr Öl als sie selbst produzieren. Mit 936 Millionen Barrel entsprach der US-Verbrauch im Jahr 2007 etwa 23,9 % der gesamten Weltproduktion - mit abnehmender Tendenz.

    Rezessionsängste und steigende Arbeitslosigkeit lassen in den USA die Nachfrage sinken. Mit nur noch 14,6 Millionen Barrel pro Tag verbrauchen die US-Raffinerien derzeit rund 3,5 % weniger als vor 12 Monaten. Die EIA, die Statistikabteilung des US-Energieministeriums, prognostiziert für 2008 in den USA einen Rückgang des Rohölbedarfs um 5,8 %.

    Der rückläufige Verbrauch des weltweit größten Verbrauchers wirkt sich verständlicherweise preisdrückend auf den Rohölkurs aus, erklärt jedoch nicht den eklatanten Kursrutsch von 147 Dollar auf rund 40 Dollar. Am Anfang war es das Platzen der Finanzblase, das den Rohöl-Kurs auf Talfahrt schickte. Inzwischen sind es die negativen internationalen Konjunkturaussichten, das Abflauen des Welthandels und die Erwartung eines globalen Verbrauchsrückganges, die die Kurse weiter sinken lassen.

    Die neuen wöchentlichen US-Ölbestandszahlen werden heute gegen 17:00 bekannt.

    Hausse-Tendenz

 

Prognose
Die Überzeugung, daß die Konjunktur einbrechen wird, bestimmt seit Wochen die Geschäfte. Rezessionsängste, der Nachfragerückgang bei Rohöl und höhere Lagerbestäsnde in den USA haben den Baisse-Trend an den Ölbörsen gesteuert.

Verbraucher können sich derzeit freuen: Diesel und Heizöl sind so günstig wie seit fast zwei Jahren nicht mehr.

Trendwende? Nach meiner persönlichen Einschätzung könnte sich jetzt allerdings eine leichte Trendwende ankündigen. Einerseits ist es die Erwartung, daß die OPEC die Förderquoten weiter kürzen wird, die Wirkung zeigt. Die Kurse ziehen aktuell wieder an.

Andererseits belebt sich die globale Nachfrage inzwischen aufgrund der niedrigeren Preise wieder. So ist das derzeitige Preisniveau zum Beispiel für die Raffinerien so attraktiv, daß freie Tankerkapazitäten angemietet werden, um billig zugekauftes Rohöl auf den Weltmeeren zu bunkern. Die extrem niedrigen Preise für Schiffskapazitäten und Seefrachtraten machen die Nutzung "schwimmender Lagerkapazitäten" zusätzlich interessant.

Auch für die großen Ölkonzerne ist die aktuelle Marktsituation ideal, da die Preise für den Rohstoff Rohöl stärker fallen, als für Verarbeitungsprodukte. Durch eigene Raffinerien und Tankstellen realisieren die Konzerne derzeit Rekord-Renditen.

Nach meiner persönlichen Einschätzung könnte es in den kommenden Tage zu einer Preiskorrektur nach oben kommen. Ich erwarte, daß die Ölpreise leicht ins Plus drehen.
Ob eine echte Trendwende zu erwarten ist, hängt allerdings auch von der Veröffentlichung der neuen US-Zahlen am Spätnachmittag, der Entscheidung der OPEC am 17.12.2008 sowie der allgemeinen Konjunkturerwartung ab.

 
 
 

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