Kaum zu glauben, was sich an den Finanzmärkten
abspielt. Dabei haben es alle gewußt. Alle wußten,
da der Rohölmakt völlig überverkauft
war. Es hatte sich eine gefährliche Blase gebildet
- und die ist jetzt infolge der neu aufflammenden
Finanzkrise geplatzt. Auch den Rapssaatenmarkt hat
die Krise auf Talfahrt geschickt.
Marktlage
Die Pleiten und Rettungsaktionen an den
amerikanischen Finanzmärkten haben auch die Kurse
für Agrarrohstoffe weltweit auf Talfahrt geschickt.
Der Ausverkauf an den Rohölmärkten ließ
auch die Rapssaaten-Kurse regelrecht abstürzen.
Zwecks Liquiditätsbeschaffung lösten viele
Banken ihre Rohöl-Engagements an den Börsen
auf. Innerhalb von nur einer Woche rutschten die Raps-Kurse
an der MATIF um 21,5 Euro/t ab.
An der Warenterminbörse MATIF, Paris
wurde der November-Termin mit einem Settlementkurs
von 351 Euro/t gestern fast 10 Euro unter
dem Vortageskurs notiert. Damit gab der November-Termin
im Vergleich zu seinem Höchststand am 03.03.2008
mit 495 Euro/t um 29 % nach.
Drastisch abwärts ging es auch
an der Warenterminbörse WCE, Winnipeg/Kanada.
Der November-Termin notierte mit umgerechnet 299,94 Euro/t
erschreckende 27 Euro/t niedriger als am Vortag.
Der November-Termin büßte damit seit dem
03.03.2008 rund 59 % (!) seines
Kurses ein, der damals noch bei umgerechnet 509 Euro/t
lag.
Unter dem Eindruck der weltweiten
Talfahrt der Rapssaaten-Kurse an den Warentermin-
und Spotmärkten kamen auch die Preise an den
Kassamärkten
ins Rutschen. Nachdem in der vergangenen Woche prompte
Ware noch in der weiten Preisspanne von 350 bis
370 Euro/t netto franko Landhandelslager gehandelt
wurde, werden inzwischen von Handelsseite Preise von
340 bis 360 Euro/t genannt. In der Strecke
lassen sich 10 bis 15 Euro/t mehr erzielen.
Fakten
-
Welt:
Höhere Produktion übersteigt wachsenden
Verbrauch
In seiner Vorschätzung vom 12.09.2008 hat
das US-Landwirtschaftsministerium seine Erwartungen
zur weltweiten Ölsaatenproduktion 2008/09
im Vergleich zum Vormonat um 1,7 Mio.t angehoben.
Während die Sojabohnenproduktion in den USA
niedriger eingeschätzt wird, prognostiziert
das US-Ministerium eine globale Produktionssteigerung
bei Palmkernen, Sojabohnen, Sonnenblumenkernen
und Rapssaat. Leicht steigende Lagervorräte
werden vor allem bei Sojabohnen und Rapssaat erwartet.
in
Mio. t |
Rapssaaten |
Produktion |
Verbrauch |
Endbestände |
Welt |
EU-27 |
Welt |
Welt |
EU-27 |
2003/04 |
39,4 |
11,2 |
39,1 |
1,9 |
0,3 |
2004/05 |
46,1 |
15,4 |
43,7 |
4,6 |
1,7 |
2005/06 |
48,7 |
15,5 |
47,0 |
5,5 |
1,7 |
2006/07 |
45,2 |
16,1 |
46,4 |
4,4 |
1,4 |
2007/08 |
48,2 |
18,4 |
43,4 |
3,3 |
1,1 |
2008/09
Prognose vom: |
12.09.2008 |
53,4 |
19,1 |
49,1 |
4,3 |
1,2 |
Quelle:
USDA |
Weltweit steht dem Produktionsanstieg
bei Rapssaat ein Verbrauchsanstieg um 5,7 Mio.t
im Vergleich zum Vorjahr gegenüber. Vor allem
der Bedarf der Energiebranche läßt
die Nachfrage wachsen. Die weltweiten Endbestände
erhöhen sich daher um lediglich 1 Mio.t.
In der EU-27 wird - trotz einer Rekordernte -
nur mit einem äußerst bescheidenen
Anstieg der Raps-Lagerbestände gerechnet.
Der jährlich steigende Bedarf für die
Biodieselindustrie sorgt für einen kontinuierlichen
Absatz.
Baisse-Tendenz
-
EU-27:
Ölsaatenverarbeitung steigt weiter
In Deutschland wurden im Wirtschaftsjahr
2007/08 rund 11,5 Mio.t Ölsaaten verarbeitet.
Das sind nach Mitteilung des Bundeslandwirtschaftsministeriums
10,8 % mehr als im Vorjahr.
Zurückzuführen ist dies in erster Linie
auf die erhebliche Zunahme der Verarbeitung von
Raps (+16,4 %). Dies steht im Zusammenhang
mit der weiter gestiegenen Nachfrage nach Rapsöl
zur Herstellung von Biodiesel und zum direkten
Einsatz von Rapsöl als Kraftstoff.
Es wurde gegenüber dem Vorjahr deutlich mehr
inländische Rapssaat verarbeitet. Auch die
Verarbeitung von Raps aus EU-Mitgliedstaaten nahm
zu. Damit entfielen knapp 67 % der verarbeiteten
Ölsaaten auf Rapssaat.
Die Herstellung von pflanzlichen Ölen und
Fetten belief sich 2007/08 auf 3,9 Mio.t
(+11,5 % gegenüber dem Vorjahr). Der
Anfall von Ölkuchen und -schroten lag mit
7,5 Mio.t um 10,5 % über dem Vorjahr.
Für die
EU-27 geht das private
Analysehaus
Oil World von einer
Ölsaaten-Verarbeitung von 37,5 Mio.t
im Jahr 2007/08 aus (Vj: 36,0). Die Rapssaaten-Verarbeitung
wird mit 18,4 Mio.t um rund 16 % höher
als im Vorjahr (Vj: 15,9) veranschlagt. Die
Verarbeitung an Sojabohnen wird mit 14,9 Mio.t
(Vj: 14,6) und an Sonnenblumensaat mit 4,3 Mio.t
(Vj: 5,5) beziffert.
Im Ausschuß für Industrie, Forschung
und Energie des Europäischen Parlamentes
(EP) konnten sich am 11.09.2008 die Kritiker der
Biokraftstoffe nicht durchsetzen.
Es bleibt also dabei, daß bis zum Jahr 2020
insgesamt 10 % der Kraftstoffe aus Pflanzen
oder anderen Alternativen zum Mineralöl hergestellt
werden sollen. Die Parlamentarier erwarten jedoch,
daß im Jahr 2014 das 10-%-Ziel in seinen
Auswirkungen auf die Umwelt und auf Nahrungsmittelpreise
überprüft und gegebenenfalls korrigiert
wird.
Hausse-Tendenz
-
Kanada
- Australien: Höhere Canola-Ernten erwartet
In Kanada wird eine sehr gute
Rapsernte erwartet. Nachdem die Prognosen bisher
zwischen 10,1 und 11,2 Mio.t lagen, erwartet
das Statistikamt In Kanada jetzt eine Erzeugung
von Canola-Raps in Höhe von 10,38 Mio.t
(Vj: 9,53). Das wären 8,9 % mehr
als zur Ernte 2007.
Für Australien nahm das
nationale Amt für Land- und Rohstoffwirtschaft
(ABARE) in seiner Schätzung vom 16.09.2008
seine Ernteerwartungen für Canola-Raps auf
1,65 Mio.t (Vj: 1,07) leicht zurück.
Auf einer um 15 % größeren Anbaufläche
wird nach dem Dürrejahr 2007/08 immer noch
mit einer um fast 55 % höheren Ernte
gerechnet. Probleme bereiten in vielen Regionen
weiterhin die zu geringe Bodenfeuchte in tieferen
Bodenschichten.
Baisse-Tendenz
Prognose
Mit einer schnellen Stimmungsaufhellung
an den Finanzmärkten ist nicht zu rechnen. Großes
Mißtrauen herrscht gegenüber dem globalen
Finanzsystem. Die Stabilisierungsbemühungen der
Zentralbanken und die staatlichen Rettungsaktionen
in den USA werden das Problem nur aufschieben. Denn
sie vergrößern die Geldschwemme weiter
und verschleiern die Risiken.
An den Agrarrohstoffmärkten
verflüchtigt sich im heutigen Handel die Panikstimmung
allmählich. Mit wieder etwas klarerem Blick registrieren
die Investoren, daß der Kursabsturz bei Rohöl
etwas zu kraß ausgefallen ist und daß
auch bei Rapssaat der Preisrückgang der realen
Angebot-Nachfage-Situation nicht gerecht wird.
Wie es am Rapssaatenmarkt
weiter geht? Derzeit spielen fundamentale
Daten wie Angebot und Nachfrage nur eine untergeordnete
Rolle. Der Rohölmarkt steuert das Preisniveau
bei Rapssaaten.
Nachdem die Finanzkrise auch für
die Rapserzeuger zu einer Krisenstimmung geführt
hat, stehen die Zeichen an den internationalen Handelsplätzen
heute erstmalig wieder auf Entspannung. Die Rohölkurse
an den internationalen Handelsplätzen steigen
wieder leicht an. Diese positiven Vorgaben verhelfen
den Rapssaaten erstmals wieder zu Kursgewinnen, die
an der MATIF, Paris am Mittag bei 2,50 Euro/tlagen.
Was man daraus lernen kann?
Gegen Gier hilft nur eins: die begründete
Angst vor dem Verlust. Termingeschäfte in Zeiten
hoher Preise sind das Mittel der Wahl, wenn es darum
geht, Planungssicherheit zu erlangen und die Liquidität
des Unternehmens zu sichern.