Weizen: Produktionsdefizit zur Ernte 2006 wächst
S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 03.03.2006


Während Weltmarktpreise in die Höhe schnellen, in Osteuropa mehr als ein Drittel der Wintersaaten ausgewintert ist und das Produktionsdefizit zur Ernte 2006 immer größer wird, kommt hierzulande nur langsam Schwung in die Preise.

Marktlage
Mit der Februar-Prognose des Internationalen Getreiderates vom 23.02.2006 ist auf dem internationalen Markt nochmals Bewegung in die Preise gekommen. Für 2006/07 wird jetzt eine deutlich kleinere Ernte erwartet. Für Osteuropa - speziell für Rußland und die Ukraine - wird aufgrund des strengen und trockenen Winters mit marktwirksamen Produktionsrückgängen gerechnet. Geringere Ernteaussichten werden auch für die EU (strenger Winter), USA und Kanada (Trockenheit) und China (kleinere Anbaufläche) erwartet.

Nach Bekanntgabe der Prognose zogen die Kurse vor allem an den amerikanischen Märkten nochmals rasant an. Die Kurse an den deutschen Märkten liegen derzeit deutlich unter dem Niveau in den USA, dem weltweit größten Weizenexporteur.

Die EU-Kommission hat zwischenzeitlich auf die steigenden Weltmarktpreise reagiert und die Exporterstattungen nicht nur gekürzt, sondern ausgesetzt. Nachdem die EU Mitte Januar noch zu Erstattungen von 9,00 Euro/t bereit war, erfolgte jetzt nach einer schrittweisen Kappung die völlige Aussetzung der Exporterstattungen. Da zudem keine Konkurrenz mehr mit Schwarzmeerweizen aufgrund der dortigen Preislage und ausbleibender Lieferungen besteht, sieht die EU-Kommission keinen Grund mehr für diese regulative Maßnahme.

In Deutschland ziehen die Kurse - zum Teil mit großen regionalen Unterschieden - wieder an. Mit Blick auf die schmalere internationale Versorgungslage zur kommenden Ernte und unter Berücksichtigung der knappen Verfügbarkeit hochwertiger Backqualitäten aus der letzten Ernte in der EU drehte sich der Weizenmarkt seit Ande Februar wieder ind Plus. Zögerlich legten die Preise in der EU wie auch in Deutschland in den letzten Tagen wieder leicht zu.

Vor allem A-Weizen bzw. Aufmischqualitäten verzeichneten eine lebhaftere Nachfrage und höhere Kurse. Futterweizen wird ebenfalls stärker nachgefragt und erzielt Preisaufschläge.

Während die Kurse an der Warenterminbörse KCBT kräftig zulegten, wurde auch Schwarzmeer-Weizen erheblich teurer. Eine - aus europäischer Sicht - äußerst erfreulich Entwicklung.

Die steigenden internationalen Preise kurbelten auch das EU-Exportgeschäft nochmals an, so daß Brotweizen zum Beispiel an der Warenterminbörse WTB in Hannover oder an der Produktenbörse Mannheim höher bewertet wurden.

Auch die Erzeugerpreise folgten bereits den starken Hausse-Impulsen, wie zum Beispiel die Erlöse der Mitglieder des Realpreissystems CASH! zeigen. Seit der Ernte zogen die CASH!-Preise für A-Weizen um rund 17 % an, bei B-Weizen betrug der Preisanstieg sogar über 20 % (!).

 

Fakten

  • Welt: Verbrauch erneut größer als Produktion
    Die weltweite Produktion 2005/06 sieht der Internationale Getreiderat (IGC) in seiner Februar-Prognose vom 23.02.2006 mit 615 Mio.t unverändert zum Monat zuvor, und damit inzwischen rund 10 Mio.t niedriger als im Vorjahr. Trotz der guten Ernte in Australien bleibt der IGC bei seiner Einschätzung, daß der weltweite Verbrauch die Produktion um 3 Mio.t übersteigt. Das bedeutet schrumpfende Endbestände, die in für die Saison 2005/06 mit 136 Mio.t weltweit, darunter 52 mio.t bei den Hauptexporteuren rund 2 Mio.t niedriger als im Vorjahr ausfallen.

    Ausblick 2006
    Für 2006 erwartet der IGC mit nur noch 588 Mio.t Weizen, nachdem die Erwartung im Januar noch bei 595 Mio.t lag. Erneut wird folglich mit einen Produktionsrückgang gerechnet, der mit einem Minus von 27 Mio.t krasser ausfallen dürfte als der der laufenden Saison. Mit 605 Mio.t erwartet der IGC zwar einen kleineren Verbrauch, geht jedoch davon aus, daß das Produktionsdefizit von derzeit 3 Mio.t auf 17 Mio.t in der Saison 2006/07 ansteigt.
    Hausse-Tendenz

 

  • Deutschland: Trotz Frost guter Saatenstand
    Die Pflanzenbestände haben die wochenlange Frostperiode zumeist gut überstanden. Da sich die Vegetation in der Winterruhe (hohe Kalium-Konzentration in der Zelle) befand und eine Schneedecke die Wintersaaten schützte, kam es in den meisten Regionen zu keinen Schäden. Lediglich aus Gegenden mit starken Kahlfrösten wird von Auswinterungsschäden berichtet. Noch liegen keien endgültigen Zahlen vor, doch der Umfang der Schäden dürfte kaum marktwirksam sein.
    Baisse-Tendenz

 

  • Rußland und Ukaraine: Hohe Auswinterungsschäden

    Die Winterkulturen sind in Rußland so stark durch Trockenheit und Starkfrost geschädigt, daß auf vielen Flächen eine Neuansaat erforderlich ist. Nach Aussage des russischen Agrarministers Aleksey Gordeyev am 25.02.2006 müssen 30 % des Wintergetreides, ungefähr 10 % der Weinberge sowie viele Obstanlagen als Totalausfall betrachtet werden. Die Verluste werden je nach Quelle zwischen 298 und 894 Mio. Euro angegeben. Weizen hat sich in Rußland in den letzten Monaten immer stärker verteuert. Inzwischen haben die Preise bereits die Marke von 101,50 Euro/t erreicht.

    Nicht viel besser sieht es in der Ukaraine aus. Die Auswinterungsschäden scheinen auch hier erheblich zu sein. Das Landwirtschaftsministerium bezifferte am 01.03.2006 die Auswinterungsverluste mit 27 % (regional mit bis zu 45 %). Auch hier sind die Brotgetreidepreise in den letzten Wochen deutlich angestigen. Der ukrainische Agrarminister Olexandr Baranivsky betont, daß ausreichende Getreidevorräte bis zum Anschluß an die neue Ernte verfügbar seien und somit kein Grund für Preiserhöhungen bei Mehl und Brot bestünden.

    Hausse-Tendenz

 

 

Prognose
Ich bleibe bei meiner persönlichen Einschätzung des Weizenmarktes vom 08.02.2006 und möchte an dieser Stelle nur einige Ergänzungen vornehmen:

Als Preismotor am Weizenmarkt fungiert neben dem Export jetzt auch wieder stärker die Nachfrage der Verarbeiter. Die inzwischen lebhaftere Nachfrage zieht jedoch vor allem an den norddeutschen Märkten, im Einzugsgebiet der Seehäfen und der Binnenwasserstraßen höhere Kurse nach sich. Marktfernere Gegenden können erst mit leichter Zeitverzögerung von der günstigeren Absatzlage profitieren.

Nach meiner persönlichen Einschätzung haben die Weizenkurse in den kommenden Wochen weiteres Potential für steigende Kurse. Bei anhaltend hohen Weltmarktpreisen wird der Export aus der EU heraus trotz ausbleibender Exporterstattung problemlos und für die Exporteure lukrativ verlaufen. Vor allem Weizen mit einwandfreien Backqualitäten dürfte in der nächsten Zeit Preisaufschläge verbuchen.

Mit der Anzahl der Unsicherheitsfaktoren zur Ernte 2006 dürften auch die Risikozuschläge wachsen, zumal der weltweite Verbrauch deutlich über der Produktion prognostiziert wird.

 
 
 
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