Rapssaaten:
Baisse nach Koalitionsvertrag - Markt wieder im Aufwind
S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 23.11.2005


Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD hat in der vergangenen Woche dem Rapssaaten-Markt empfindliche Verluste beschert. Die Politik war daraufhin um Schadensbegrenzung bemüht. Seit letztem Freitag haben die Rapspreise wieder kräftig zugelegt.

Marktlage
In der vergangenen Woche rapide eingebrochen sind - eine Marktentwicklung mit der niemand gerechnet hatte. Was war passiert nachdem Anfang November die Ölsaaten-Welt angesichts sonnigster Aussichten noch voll auf Hausse-Kurs lief?

Inzwischen hat Deutschland eine neue Bundesregierung und diese hat am Donnerstag, dem 10.11.2005 ihren Koalitionsvertrag vorgestellt, in dem es unter anderem heißt: "... die Mineralölsteuerbefreiung für Biokraftstoffe wird ersetzt durch eine Beimischungspflicht ...".

Befürchtungen einer künftigen Besteuerung der Biokraftstoffe kamen auf und damit niedrigerer Renditen im Kraftstoffsektor kamen auf. Zunächst brachten die Koalitonsaussagen den Markt für Rapsöl von einem Tag auf den anderen unter Preisdruck. Danach brachen die Kurse am Rapssaatenmarkt ein.

Mitte der Woche beeilten sich etliche politische Vertreter zu versichern, so sei das mit den Biodiesel-Besteuerungsplänen gar nicht gemeint. Daraufhin legten sich die Irritationen und der Markt schwenkte wieder in seinen bekannten Aufwärtstrend ein. Die Notizkorrekturen haben die Preise inzwischen beinahe wieder auf das Niveau vor dem Besteuerungs-Schock gebracht. Termien zur Ernte 2006 notieren inzwischen sogar höher.

Da nur wenig Ware seitens der Erzeuger und des Zwischenhandels angeboten wird - man hofft auf weitere Preissteigerungen -, ziehen die Rapspreise weitere an. Interesse an umfangreicheren Zukäufen wird seitens der Verarbeiter vor allem für Termine nach dem Jahreswechsel signalisiert.

An den Warenterminbörsen notiert Raps inzwischen wieder etwas höher. Die Kurse notierten für den Termin Februar 2005 an der MATIF, Paris/Frankreich zuletzt mit 229,50 Euro/t knapp unter der Durchschnittsnotierung der Vorwoche. Auf dem internationalen Börsenpakett notierte Raps an der WCE, Winnipeg/Kanada für den Januar-Termin mit umgerechnet 185,56 Euro/t rund 0,35 Euro über dem Durchschnitt der Vorwoche. Die Notierungen liegen damit nach wie vor deutlich unter dem Preisniveau in der EU-25.

Franko Ölmühle Hamburg notierte Food-Rapssaat zur prompten Lieferung zuletzt bei 220 Euro/t netto. Franko mitteldeutsche Ölmühle liegen die Kurse derzeit bei 220-230 Euro/t netto zur Lieferung im November und Dezember 2005. Für Januar-Liefertermine wurden die Kurse um 3 bis 7 Euro/t angehoben. Für Termine ab Aapril 2006 werden derzeit weitere Preisaufschläge von rund 5 Euro/t gehandelt.

Sowohl an den Großhandelsplätzen (z.B. Rotterdam (Importhafen) und Produktenbörsen) wie auch bei den Erzeugerpreisen spiegelt sich die etwas bessere Stimmung wider. Die Preisanhebungen fielen mit Erzeugerpreisen von 200-215 Euro/t netto franko Landhandelslager bzw. 205-220 Euro/t netto ab Hof (Strecke) im Vergleich zur Vorwoche recht gering aus.

An der Produktenbörse Hamburg wurde der Rapssaaten-Preis auf Großhandelsebene mit 228 Euro/t netto ex Ernte rund 3 Euro/t höher als in der Vorwoche notiert.
An der Produktenbörse Mannheim wurde der Rapssaaten-Preis auf Großhandelsebene mit 232- 233 Euro/t netto für April bis Oktober 2006 rund 8 Euro niedriger als in der Vorwoche notiert.

 

Fakten

  • Koalitonsvereinbarung
    In dem Koalitionsvertrag heißt es unter dem
    Punkt 5.3 "Biokraftstoffe und nachwachsende Rohstoffe":
    Kraftstoffe und Rohstoffe aus Biomasse können einen wichtigen Beitrag zur Energie- und Rohstoffversorgung und zum Klimaschutz leisten. Wir werden daher:

    • die Kraftstoffstrategie mit dem Ziel weiterentwickeln, den Anteil von Biokraftstoffen am gesamten Kraftstoffverbrauch bis zum Jahr 2010 auf 5,75% zu steigern;
    • die Mineralölsteuerbefreiung für Biokraftstoffe wird ersetzt durch eine Beimischungspflicht;
    • die Markteinführung der synthetischen Biokraftstoffe (BTL) mit der Wirtschaft durch Errichtung und Betrieb von Anlagen im industriellen Maßstab vorantreiben;
    • Forschung, Entwicklung und Markteinführung nachwachsender Rohstoffe mit der Wirtschaft voranbringen.

    Baisse-Tendenz

 

  • EU-Rapsmarkt koppelt sich vom Weltmarkt ab
    Während sich der europäische Rapsmarkt vor dem Hintergrund des Biodiesel-Booms langsam von den internationalen Ölsaatenkursen abkoppelt, folgt der kanadische Rapsmarkt nach wie vor den Preisschwankungen am Sojamarkt. Die günstigen Kurse des kanadischen Canola-Raps machen ihn auch zunehmend für europäische Verarbeiter interessant.


    Der hohe Bedarf der Ölmühlen an Rapssaat und die kontinuierlich steigende Nachfrage der Biodiesel-Produzenten haben die Preise für Rapsöl mit zuletzt 615 Euro/t auf ein enorm hohes Preisniveau getrieben. Auf Großhandelsebene ist Biodiesel derzeit so gut wie ausverkauft. Das heißt: Der Nachschub an Rapsöl kann mit der Nachfrage nach Biodiesel nicht Schritt halten. Derzeit erweisen sich die Kapazitäten der Ölmühlen als Nadelöhr. Während die Biodiesel-Produzenten auf Rapsöl-Nachschub warten, erweist sich der Rapssaaten-Absatz durch Produzenten und Handel als nur begrent steigerbar.

    Hausse-Tendenz, da die Ölmühlenkapazitäten auf Industrie- und Produzenten-Ebene weiter ausgebaut wird.

 

Prognose
Die Preise für Rapssaaten finden ihr Niveau im Spannungsfeld zwischen der Kursentwicklung bei pflanzlichen Ölen und den Preisen am Dieselmarkt:

  • Baisse-Trend: Etwas schwächere Weltmarkt-Preise für Sojaöl bringen auch europäische Rapsöl leicht unter Druck. Der Preisabstand am Hafenstandort Rotterdam hat sich seit Mitte Oktober von 143 Euro/Tonne auf 125 Euro/Tonne verrringert.

  • Baisse-Trend: Im Zuge rückläufiger Mineraldiesel-Preise gaben auch die Biodiesel-Preise an der Tankstelle nach. Der Preisabstand schrumpfte seit Anfang Oktober von 12 Cent/L auf rund 8 Cent/L.

  • Hausse-Trend: Der wachsende Bedarf der Ölmühlen- und Biodiesel-Industrie sorgt für einen kontinuierlichen Rapssaaten-Absatz. Preisdruck kann kaum aufkommen.

Trotz der Deckelung des Preisniveaus durch die begrenzten Verarbeitungskapazitäten der Ölmühlen dürfte nach meiner Einschätzung die augenblickliche Hausse-Phase verläßlich leicht aufwärts gerichtet verlaufen, ohne jedoch in Preisexplosionen zu gipfeln.

Die rückläufigen Treibstoff-Preise an den Tankstellen und fehlende Preisimpulse vom internationalen Ölsaatenmarkt binden den Rapspreis primär an die Kursentwicklung des Rapsöls.

Die Erfahrung der vergangenen Jahre lehrt, daß sich - sofern ein Verkauf noch bis zum Jahresende geplant ist - die zweite Novemberhälfte als guter Verkaufsternin herausgestellt hat. Im Dezember notierten die Preise häufig deutlich schwächer, zumal mit dem bevorstehenden Weihnachtsfest auch die Umsätze zurückgehen.

Bereits jetzt zeigen die Verarbeiter bis zum Jahresende nur noch ein begrenztes Interesse. Die Nachfrage fällt erst für Liefertermine ab Anfang 2006 wieder umfangreicher aus - eine Tatsache, die bereits jetzt in unveränderten Dezember-Preisen und wieder deutlich höheren Januar-Preisen zum Ausdruck kommt.

Ernte 2006
Für die kommende Ernte haben die Ölmühlen bereits über 20 % ihres Bedarf vertraglich abgesichert. Seitens der Landwirtschaft wurde - mit großen regionalen Unterschieden - ein großer Teil der Ernte über ex-Ernte-Termingeschäfte vermarktet. In Ostdeutschland sollen inzwischen regional bis zu 60 % der kommenden Ernte bereits verkauft sein. Mit Blick auf die starke Ausweitung der Anbaufläche zur Ernte 2006 könnte es nach meiner persönlichen Einschätzung vorteilhaft sein, JETZT die Vorverträge zur Ernte 2006 mit Erzeugerpreisen von 220-230 Euro/t netto je nach Parität abzuschließen. Noch ist völlig unklar, wie sich der weitere Kursverlauf zwischen

• dem Hausse-Faktor "Hohe Nachfrage der Verarbeiter" und
• dem Baisse-Faktor "zu erwartende Rekordernte 2006"

entwickeln wird.

 
 
 
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