Von Woche zu Woche zogen die Preise für Stickstoff-haltige Düngemittel
seit Mitte des Jahres an. Jetzt geraten die Weltmarktpreise für
Harnstoff erstmals seit fast zwei Jahren unter Preisdruck.
Marktlage
Seit Anfang des Jahres 2003 ziehen die Weltmarktpreise für N-Düngemittel
kontinuierlich an. Infolge kletterten auch die Endkundenpreise an
unseren lokalen Märkten beständig nach oben.
Nachdem Mitte 2004 die Preise zu einem regelrechten Gipfelsturm
angesetzt haben, stellt sich den Landwirten mit Blick auf die Produktionskosten
zur kommenden Ernte die Frage: "Schnellstens kaufen oder noch warten?"
Hohe Energiepreise (insbesondere die Gaspreise in Nordamerika),
die anhaltende Verteuerung der Schiffsfrachten und eine wachsende
internationale Nachfrage (insbesondere aus dem asiatischen Raum)
haben die Preise für N-Düngemittel wie auch für ihre Basiskomponenten
Ammoniak und Harnstoff rasant ansteigen lassen.
Auch derzeit entwickeln sich die Märkte für Stickstoffdüngemittel
nach immer äußerst fest. Während KAS und andere Ammoniumnitrat-Dünger
ihren Höhenflug unbeirrt fortsetzen, läßt die Preisentwicklung bei
Harnstoff erste Hoffnungen auf Kursrückgänge keimen. Seit Ende November
hat sich für Harnstoff am Weltmarkt das Blatt gedreht und die Preise
für geprillte wie auch granulierte Ware geben erstmals wieder deutlich
nach. Herkünfte aus der Schwarzmeer-Region und aus dem Baltikum
geraten immer stärker unter Preisdruck und ziehen auch das Preisniveau
anderer Herkünfte nach unten.
Ammoniak kostet inzwischen umgerechnet 236 Euro/t fob Karibik
(Ø November: 232 Euro/t). KAS hat sich auf 150 Euro/t
bulk cif Deutschland (Ø November: 144 Euro/t) verteuert.
Lediglich Harnstoff hat für geprillte Ware inzwischen auf 164 Euro/t
bulk fob Arabischer Golf (Ø November: 199 Euro/t) nachgegeben.
Osteuropäische Harnstoff-Herkünfte wurden zuletzt mit umgerechnet
etwa 139 bis 143 Euro/t bulk fob gehandelt. [Abkürzungen / Begriffe
(fob, cif ...)]:
Damit haben die Harnstoff-Preise für geprillte wie auch für granulierte
Ware seit Ende November um 20-25 US-Dollar/Tonne nachgegeben. Am
Tiefseehafen-Standort in Deutschland ist Harnstoff unter Berücksichtigung
der Frachtraten, Umschlaggebühren und Zollsätze für 185-210 Euro/t
erhältlich.
Die Käufer am internationalen Markt warten in der Hoffnung auf
weitere Preisrückgänge die Marktentwicklung ab. Aus dem EU-Gebiet
gab es zuletzt kaum noch Interesse. Die geringere Nachfrage verstärkt
entsprechend den Preisdruck. Aufgrund des hohen Preisniveaus ist
zudem die Nachfrage nach N-haltigen Düngemitteln aus der Landwirtschaft
in der letzten Zeit stark zurückgegangen. Die Folge: Der Absatz
bricht ein und die Preise geraten weiter unter Druck. In den GUS-Staaten
werden die unverkauften Harnstoff-Berge immer höher. Vor allem im
Baltikum kommt es zum Bestandsaufbau. Mit Preisrücknahmen soll den
Käufern das Geschäft wieder schmackhaft gemacht werden.
Fakten
- Harnstoff
Günstigere Preise wecken nach den Regeln des Marktes das Kaufinteresse.
Marktbeteiligte rechnen daher in Kürze mit umfangreicheren Harnstoff-Zukäufen
unter anderem aus Italien und der Türkei. Unsicherheit bringen
Befürchtungen, daß erwartete Geschäfte mit Pakistan, Syrien und
Ägypten scheitern könnten und der Bedarf der Lateinamerikanischen
Staaten geringer als erwartet ausfällt..
- DAP
Auch die DAP-Preise geraten unter Druck. Mit jeder Preisrücknahme
wächst das Interesse an DAP inzwischen ebenfalls wieder. Preiseinbrüche
bei DAP um rund 8 US-Dollar/Tonne haben auch die Nachfrage aus
der EU geweckt.
- KAS und Frachtkosten
Bei KAS sieht die Situation etwas anders aus. Die Vorgaben
die Weltmarktes liegen noch immer auf hohem Niveau. In Deutschland
ist das verfügbare Angebot an KAS für den Monat Dezember so gut
wie ausverkauft. Die Düngemittelindustrie befindet sich mit der
Auslieferung der Düngemittel im Rückstand - Niedrigwasser und
fehlender Frachtraum haben zu Lieferverzögerungen geführt. Inzwischen
verteuern Niedrigwasserzuschläge die Transportkosten zusätzlich.
Bei LKW-Frachten ist ab Januar durch Maut-Gebühren mit gut 10%
höheren Frachtraten zu rechnen - sofern das LKW-Mautsystem wie
angekündigt am 1. Januar 2005 startet.
- AHL
Als Resultat rückläufiger Harnstoff-Preise bestehen
auch für AHL gute Aussichten auf günstigere Preise
im kommenden Jahr. Derzeit entwickelt sich der Markt sehr ruhig,
da die Angebote der Produzenten noch begrenzt sind. Deutliche
Schwächetendenzen sind somit in den nächsten Wochen
nicht zu erwarten. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen
jedoch, daß - in Abhängigkeit von der Witterung -
spätestens im Februar mit Preisdruck gerechnet werden kann.
Wie hoch diese Preisabschläge ausfallen, darüber entscheidet
vor allem der Importbedarf der USA, der vorrangig bei den im
EU-Gebiet ansässigen Produzenten geordert wird.
- Preisaufschläge ab Januar 2005
Für Januar 2005 haben die Düngemittelproduzenten für KAS- und
S-Düngemittel einen Preisaufschlag von 4,00 Euro/t gegenüber dem
Dezember bekanntgegeben. Für NPK-Dünger wird eine ähnliche Preisanhebung
erwartet.
Prognose
Landwirtschaft und Handel haben sich bisher bei allen N-Düngemitteln
deutlich geringer bevorratet als in den Vorjahren. Nach dem "Preisknick"
am Harnstoff-Markt zeigen die Landwirte sogar noch weniger Interesse,
Zukäufe in einem fallenden Markt zu tätigen. Erfahrungsgemäß gehen
die Umsätze in der zweiten Dezemberhälfte zudem stark zurück. Mit
den "ruhigen" Vorweihnachtswochen dürften die Harnstoff-Preise nach
meiner Einschätzung zunehmend schwächer werden.
Sowohl an den internationalen wie auch an den Endkundenmärkten
dürften die Preisrücknahmen zu Kaufzurückhaltung und infolge zu
weiterem Preisdruck führen. Dabei sollte nicht außer Acht gelassen
werden, daß die Düngervorräte in der EU wie auch den anderen Agrarstaaten
alles andere als komfortabel zu werten sind.
Nach meiner persönlichen Einschätzung muß ab Anfang 2005 mit einem
starken Nachfrageschub gerechnet werden, der auf einen nur mäßig
versorgten Markt trifft. Die Preise für Harnstoff und DAP könnten
dann wieder anziehen. Bei KAS erwarte ich in den kommenden Woche
nur geringe Preisveränderungen. Im kommenden Jahr dürfte sich auch
das KAS-Angebot wieder im normalen Rahmen bewegen, so daß Preisrücknahmen
im Zuge schwächerer N-Düngerpreise denkbar sind. Diese dürften jedoch
durch die Januar-Preisaufschläge und die Verteuerung der Frachtkosten
nur bedingt zum Tragen kommen.
Es könnte daher eine richtige Entscheidung sein, den Bedarf an
Harnstoff oder DAP für das kommende Frühjahr noch vor dem Weihnachtsfest
beziehungsweise vor dem Jahreswechsel per Sofort- oder Termingeschäft
zuzukaufen - natürlich nur, wenn der Preis und die Liefer- bzw.
Lagerkonditionen stimmen. Ob dies auch für KAS zutrifft ist fraglich,
da hier die Preisrückgänge bis zum Weihnachtsfest deutlich niedriger
ausfallen dürften.
Unsicherheiten hinsichtlich der weiteren Preisentwicklung dürften
den N-Düngermarkt in den nächsten Wochen noch weiter begleiten.
Noch ist unklar, ob das international geringere Kaufinteresse alleinig
auf die hohen Düngerpreise und Frachtraten oder auch auf einen schrumpfenden
Bedarf zurückzuführen ist. Nervosität macht sich breit, da die einen
mit wieder anziehenden Kursen im kommenden Jahr und die anderen
mit einem Absturz der Kurse mangels ausreichender Nachfrage rechnen.