N-Dünger:
Preisknick am Harnstoff-Markt
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 13.12.2004


Von Woche zu Woche zogen die Preise für Stickstoff-haltige Düngemittel seit Mitte des Jahres an. Jetzt geraten die Weltmarktpreise für Harnstoff erstmals seit fast zwei Jahren unter Preisdruck.

Marktlage
Seit Anfang des Jahres 2003 ziehen die Weltmarktpreise für N-Düngemittel kontinuierlich an. Infolge kletterten auch die Endkundenpreise an unseren lokalen Märkten beständig nach oben.

Nachdem Mitte 2004 die Preise zu einem regelrechten Gipfelsturm angesetzt haben, stellt sich den Landwirten mit Blick auf die Produktionskosten zur kommenden Ernte die Frage: "Schnellstens kaufen oder noch warten?"

Hohe Energiepreise (insbesondere die Gaspreise in Nordamerika), die anhaltende Verteuerung der Schiffsfrachten und eine wachsende internationale Nachfrage (insbesondere aus dem asiatischen Raum) haben die Preise für N-Düngemittel wie auch für ihre Basiskomponenten Ammoniak und Harnstoff rasant ansteigen lassen.

Auch derzeit entwickeln sich die Märkte für Stickstoffdüngemittel nach immer äußerst fest. Während KAS und andere Ammoniumnitrat-Dünger ihren Höhenflug unbeirrt fortsetzen, läßt die Preisentwicklung bei Harnstoff erste Hoffnungen auf Kursrückgänge keimen. Seit Ende November hat sich für Harnstoff am Weltmarkt das Blatt gedreht und die Preise für geprillte wie auch granulierte Ware geben erstmals wieder deutlich nach. Herkünfte aus der Schwarzmeer-Region und aus dem Baltikum geraten immer stärker unter Preisdruck und ziehen auch das Preisniveau anderer Herkünfte nach unten.

Ammoniak kostet inzwischen umgerechnet 236 Euro/t fob Karibik (Ø November: 232 Euro/t). KAS hat sich auf 150 Euro/t bulk cif Deutschland (Ø November: 144 Euro/t) verteuert. Lediglich Harnstoff hat für geprillte Ware inzwischen auf 164 Euro/t bulk fob Arabischer Golf (Ø November: 199 Euro/t) nachgegeben. Osteuropäische Harnstoff-Herkünfte wurden zuletzt mit umgerechnet etwa 139 bis 143 Euro/t bulk fob gehandelt. [Abkürzungen / Begriffe (fob, cif ...)]:

Damit haben die Harnstoff-Preise für geprillte wie auch für granulierte Ware seit Ende November um 20-25 US-Dollar/Tonne nachgegeben. Am Tiefseehafen-Standort in Deutschland ist Harnstoff unter Berücksichtigung der Frachtraten, Umschlaggebühren und Zollsätze für 185-210 Euro/t erhältlich.

Die Käufer am internationalen Markt warten in der Hoffnung auf weitere Preisrückgänge die Marktentwicklung ab. Aus dem EU-Gebiet gab es zuletzt kaum noch Interesse. Die geringere Nachfrage verstärkt entsprechend den Preisdruck. Aufgrund des hohen Preisniveaus ist zudem die Nachfrage nach N-haltigen Düngemitteln aus der Landwirtschaft in der letzten Zeit stark zurückgegangen. Die Folge: Der Absatz bricht ein und die Preise geraten weiter unter Druck. In den GUS-Staaten werden die unverkauften Harnstoff-Berge immer höher. Vor allem im Baltikum kommt es zum Bestandsaufbau. Mit Preisrücknahmen soll den Käufern das Geschäft wieder schmackhaft gemacht werden.

 

Fakten

  • Harnstoff
    Günstigere Preise wecken nach den Regeln des Marktes das Kaufinteresse. Marktbeteiligte rechnen daher in Kürze mit umfangreicheren Harnstoff-Zukäufen unter anderem aus Italien und der Türkei. Unsicherheit bringen Befürchtungen, daß erwartete Geschäfte mit Pakistan, Syrien und Ägypten scheitern könnten und der Bedarf der Lateinamerikanischen Staaten geringer als erwartet ausfällt..

  • DAP
    Auch die DAP-Preise geraten unter Druck. Mit jeder Preisrücknahme wächst das Interesse an DAP inzwischen ebenfalls wieder. Preiseinbrüche bei DAP um rund 8 US-Dollar/Tonne haben auch die Nachfrage aus der EU geweckt.

  • KAS und Frachtkosten
    Bei KAS sieht die Situation etwas anders aus. Die Vorgaben die Weltmarktes liegen noch immer auf hohem Niveau. In Deutschland ist das verfügbare Angebot an KAS für den Monat Dezember so gut wie ausverkauft. Die Düngemittelindustrie befindet sich mit der Auslieferung der Düngemittel im Rückstand - Niedrigwasser und fehlender Frachtraum haben zu Lieferverzögerungen geführt. Inzwischen verteuern Niedrigwasserzuschläge die Transportkosten zusätzlich. Bei LKW-Frachten ist ab Januar durch Maut-Gebühren mit gut 10% höheren Frachtraten zu rechnen - sofern das LKW-Mautsystem wie angekündigt am 1. Januar 2005 startet.

  • AHL
    Als Resultat rückläufiger Harnstoff-Preise bestehen auch für AHL gute Aussichten auf günstigere Preise im kommenden Jahr. Derzeit entwickelt sich der Markt sehr ruhig, da die Angebote der Produzenten noch begrenzt sind. Deutliche Schwächetendenzen sind somit in den nächsten Wochen nicht zu erwarten. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen jedoch, daß - in Abhängigkeit von der Witterung - spätestens im Februar mit Preisdruck gerechnet werden kann. Wie hoch diese Preisabschläge ausfallen, darüber entscheidet vor allem der Importbedarf der USA, der vorrangig bei den im EU-Gebiet ansässigen Produzenten geordert wird.

  • Preisaufschläge ab Januar 2005
    Für Januar 2005 haben die Düngemittelproduzenten für KAS- und S-Düngemittel einen Preisaufschlag von 4,00 Euro/t gegenüber dem Dezember bekanntgegeben. Für NPK-Dünger wird eine ähnliche Preisanhebung erwartet.

Prognose
Landwirtschaft und Handel haben sich bisher bei allen N-Düngemitteln deutlich geringer bevorratet als in den Vorjahren. Nach dem "Preisknick" am Harnstoff-Markt zeigen die Landwirte sogar noch weniger Interesse, Zukäufe in einem fallenden Markt zu tätigen. Erfahrungsgemäß gehen die Umsätze in der zweiten Dezemberhälfte zudem stark zurück. Mit den "ruhigen" Vorweihnachtswochen dürften die Harnstoff-Preise nach meiner Einschätzung zunehmend schwächer werden.

Sowohl an den internationalen wie auch an den Endkundenmärkten dürften die Preisrücknahmen zu Kaufzurückhaltung und infolge zu weiterem Preisdruck führen. Dabei sollte nicht außer Acht gelassen werden, daß die Düngervorräte in der EU wie auch den anderen Agrarstaaten alles andere als komfortabel zu werten sind.

Nach meiner persönlichen Einschätzung muß ab Anfang 2005 mit einem starken Nachfrageschub gerechnet werden, der auf einen nur mäßig versorgten Markt trifft. Die Preise für Harnstoff und DAP könnten dann wieder anziehen. Bei KAS erwarte ich in den kommenden Woche nur geringe Preisveränderungen. Im kommenden Jahr dürfte sich auch das KAS-Angebot wieder im normalen Rahmen bewegen, so daß Preisrücknahmen im Zuge schwächerer N-Düngerpreise denkbar sind. Diese dürften jedoch durch die Januar-Preisaufschläge und die Verteuerung der Frachtkosten nur bedingt zum Tragen kommen.

Es könnte daher eine richtige Entscheidung sein, den Bedarf an Harnstoff oder DAP für das kommende Frühjahr noch vor dem Weihnachtsfest beziehungsweise vor dem Jahreswechsel per Sofort- oder Termingeschäft zuzukaufen - natürlich nur, wenn der Preis und die Liefer- bzw. Lagerkonditionen stimmen. Ob dies auch für KAS zutrifft ist fraglich, da hier die Preisrückgänge bis zum Weihnachtsfest deutlich niedriger ausfallen dürften.

Unsicherheiten hinsichtlich der weiteren Preisentwicklung dürften den N-Düngermarkt in den nächsten Wochen noch weiter begleiten. Noch ist unklar, ob das international geringere Kaufinteresse alleinig auf die hohen Düngerpreise und Frachtraten oder auch auf einen schrumpfenden Bedarf zurückzuführen ist. Nervosität macht sich breit, da die einen mit wieder anziehenden Kursen im kommenden Jahr und die anderen mit einem Absturz der Kurse mangels ausreichender Nachfrage rechnen.

 
 
 
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