Börse: Zwei Kontinente - zwei Preistrends


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 16.05.2013


Während die üppige Ernteschätzung des US-Landwirtschaftsministeriums vom letzten Freitag den Abwärtssog an den US-Börsen noch verstärkt hat, konnten die Notierungen an der Börse in Paris zulegen. Hier sorgte der fehlende Regen in Osteuropa für Auftrieb.

 

Devisen & Konjunktur
Der Dax hat gestern seine Rekordjagd fortgesetzt. Mit 8.362 Punkten und einem erneuten Plus von 0,3 % kletterte das deutsche Aktienbarometer auf einen neuen Höchststand. Auch in den USA ging es am Aktienmarkt weiter nach oben. Das billigere Geld der Europäischen Zentralbank,

Japan, die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, hat jetzt überraschend gute Quartalszahlen vorgelegt. schneller als USA, die ein Plus von 0,6 Prozent schaffte. Mit einem Plus von 0,9 % zum Vorquartal stieg das Bruttoinlandsprodukt stieg stärker als die US-Konjunktur, die nur einen Anstieg um 0,7 % vorzuweisen hat. Vor allem die Exporte haben das Wirtschaftswachstum angekurbelt. Die Geldflut der japanischen Notenbank hat den Yen stark verbilligt und damit auch japanische Exportprodukte preisgünstiger gemacht.

• Die verbesserten Konjunkturzahlen aus Japan,
• die sich aufhellenden Wachstumsaussichten für die USA und
• schwachen Wirtschaftsdaten aus Euro-Land, insbesondere aus Frankreich und Deutschland,
belasten derzeit den Euro. Der Euro-Referenzkurs wurde von der Europäischen Zentralbank (EZB) am Dienstag mit 1,2864 US-Dollar etwas niedriger als am Vortag festgesetzt. Heute im frühen Handel tendiert der Euro wieder etwas fester.

 

Energie
Die Konjunkturdaten aus Japan, immerhin die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, und die Wachstumsaussichten für die USA, die größte Volkswirtschaft der Welt, zeigen nach oben. Doch der Ölpreis dümpelt vor sich hin. Wie kann das sei? Immerhin wird Wirtschaftswachstum gemeinhin doch mir einer Ausweitung der Produktionskapazitäten und damit einem wachsenden Energiebedarf gleichgesetzt.

Offenbar haben die Finanzjongleure an den Ölbörsen ihre Hausarbeiten gemacht und sich die Zahlen zum Ölmarkt etwas genauer angeschaut. Die Ölläger sind weltweit weiterhin gut gefüllt und in den USA, auf Platz 2 unter den weltgrößten Energiekonsumenten abgerutscht, waren die Ölvorräte Anfang Mai im Vergleich zum Vorjahr um fast 4 % höher angewachsen, während die US-Ölimporte um 12,7 % niedriger ausfielen. Zugleich fällt das Nachfragewachstum Chinas, seit 2009 die Nummer 1 unter den Energieverbrauchern, schwächer aus als erwartet.

Für die Investoren sind die Marktsignale eindeutig: Am Aktienmarkt ist derzeit mehr zu holen als an den Ölbörsen.

Ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Juni wurde mit 94,30 Dollar unerheblich höher als am Vortag gehandelt. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Juni-Fälligkeit zog gestern zum Handelsschluß immerhin um +1,08 Dollar auf 103,68 Dollar nach. Heute im frühen Handel bleibt der Ölpreis an den Börsen unter Druck.

 

Agrarrohstoffe
Mit seiner "üppigen" Prognose vom letzten Freitag für die Ernte 2013/14 hat das US-Landwirtschaftsministerium dem Handel an den US-Börsen einen kräftigen Dämpfer verpaßt. Daß die Meteorologen zudem Regen und höhere Temperaturen für den "Mittleren Westen" der USA und besseres Wetter für Kanada erwarten, hat den Preisdruck zusätzlich verschärft.

Die europäischen Agrarrohstoff-Börsen ließen sich davon nicht beirren schlossen am Mittwoch für die Mehrzahl der Futures im positiven Bereich. In Paris standen bei Weizen der November-Termin im Vergleich zum Vortag mit +0,25 Euro/t und der Januar-Termin mit ebenfalls +0,25 Euro/t im Plus. Auch Körnermais legte leicht zu. Der Juni-Termin wurde zum Handelsschluß mit +0,25 Euro/t festgesetzt, der November-Termin notierte +0,25 Euro/t zum Vortag. Bei Braugerste gingen der November-Termin und alle Folge-Fälligkeiten mit -7,50 Euro/t aus dem Handel. Mit leichten Kursverlusten wurde der Schlußkurs bei Rapssaat notiert: Der August-Termin schloß mit +1,50 Euro/t, der November-Termin stand sogar mit +3,00 Euro/t im Plus.
Der Soja-Komplex an den US-Börsen standen gestern - nach den Kursgewinnen der Vortage - Gewinnmitnahmen im Vordergrund und der Handselstag schloß mit Kursverlusten.

In den nördlichen Anbaugebieten der EU entwickeln sich die Feldbestände gut und die Ernteaussichten günstig. Lediglich in den südöstlichen EU-Ländern fehlt Regen. Auch in Osteuropa fehlt Regen. Auch für die kommenden Tage ist kein Regen für die Ukraine und die südlichen russischen Anbaugebiete in Sicht, während die Temperatur für die Jahreszeit zu hoch liegen.

Auch die USA stehen weiterhin unter besonderer Beobachtung: Bis zum Ende der letzten Woche waren zwar nur 28 % der Maisaussaat in den 18 Hauptanbaustaaten abgeschlossen (2012: 85 %, 5-Jahres-Ø: 65 %), doch aufgrund der guten Aussaatbedingungen in dieser Woche erwartet man, daß die Aussaat einen großen Sprung nach vorne macht.

Noch immer läßt der Entwicklungsstand der Wintergetreide-Bestände zu wünschen übrig. Bis zum Ende der letzten Woche hat sich der Zustand der US-Winterweizenbestände nicht verbessern können. Nut 33 % der Feldbestände wurden mit "gut" bzw. "sehr gut" bonitiert. Ein Jahr zuvor waren es 60 % der Felder, die diese Bewertung erreichten. Dagegen werden 39 % der Weizenbestände mit "sehr schlecht" und "schlecht" eingestuft, nur 14 % waren es ein Jahr zuvor.

 

Ausblick
Am Agrarrohstoffmarkt haben sich die Wetterspekulationen vorerst in Luft aufgelöst. Derzeit überwiegt die Überzeugung, daß die Ernte durchaus komfortabel ausfallen könnte.

Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich, daß die Ölkurse wenig Bewegung zeigen und leicht unter Druck bleiben, der Euro geringfügig höher gehandelt wird und die Kurse an den Agrarrohstoff-Börsen jenseits des Atlantiks nach den Verlusten des Vortages im grünen Bereich liegen.

Am Kassamarkt sorgen die negativen Vorgaben der Börsen und die global höheren Ernteaussichten für Preisdruck. Das Angebot an prompter Ware fällt immer kleiner aus, dennoch sind Käufer immer seltener bereit, Prämien "über Matif" zu gewähren. Mühlen und Futtermittelwerke schieben Zukäufe soweit hinaus wie möglich. Die geringe Nachfrage der Verarbeiter läßt latenten Preisdruck aufkommen, obwohl das Marktangebot sehr klein ausfällt und Verkäufer bei niedrigeren Geboten ihrerseits den Verkauf auf spätere Zeiten verschieben. Termingeschäften ex-Ernte kommen derzeit kaum zustande, da Verkäufer - nach dem Auslaufen des Mai-Termins - auf eine Korrektur der Erntetermine nach oben spekulieren.

 
 
 


Vorhergehende Beiträge

02.05.2013

Börse: Frost- versus Rekordernte-Spekulationen

19.04.2013

Börse: Katerstimmung an den Rohstoffbörsen

16.04.2013

Börse: Im Abwärtssog der Rohstoffmärkte

28.03.2013

Börse: In Wartestellung

28.03.2013

Börse: Frühlings-Frost auf dem Acker

27.03.2013

Börse: Sorge vor Auswinterungsschäden

12.03.2013

Börse: Kassamarkt im Fokus

   
 
 
 
 

Seitenanfang