Börse: Weihnachtsruhe am Kassamarkt


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 21.12.2012


War der gestrige Kursabsturz an den Börsen dem Weltuntergangs-Mythos oder dem heutigen Hexensabbat geschuldet? Den Kassamarkt ließ der Kursabsturz jedenfalls kalt. Nachdem der Weltuntergang heute offensichtlich ausfällt, hat der Kurstrend im Börsenhandel heute wieder nach oben gedreht.

 

Devisen & Konjunktur
Die Politiker in den USA machen es 'mal wieder spannend: Nicht nur, daß noch immer keine Einigung im US-Haushaltsstreit gefunden ist, jetzt eskalieren auch noch die Spannungen innerhalb der politischen Lager. Der Verhandlungsführer der Republikaner, John Boehner, mußte seine Vorschläge zum US-Haushalt aufgrund fehlender Mehrheiten in der eigenen Partei zurückziehen.

Wenn es in den USA zu keiner Einigung im Haushaltsstreit kommt, drohen zum Jahreswechsel drastische Ausgabenkürzungen und höhere Steuern. Man befürchtet, daß dann die USA über die sogenannte Fiskalklippe ("fiscal cliff") in eine Rezession stürzen könnten.

Der Polit-Hickhack in den USA belastet auch den Euro. Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,3246 US-Dollar wieder etwas niedriger als am Vortag festgesetzt.

Heute im frühen Handel belastet zudem das erneute Aufflammen der Euro-Schulden-Krise unsere Gemeinschaftswährung. Die Ratingagentur Standard & Poor's hat während der Nacht mitgeteilt, daß die Kreditwürdigkeit Zyperns erneut um zwei Stufen gesenkt wurde. Die Bonitätsnote wurde von "B" auf "CCC+" herabgestuft.

 

Energie
An den Ölbörsen bewegt sich derzeit wenig. Nicht nur daß die Investoren mit Blick auf die Eskalation im US-Haushaltsstreit nur sehr vorsichtig agieren. Zudem gehen die Umsätze im Börsenhandel weihnachtbedingt stark zurück.

Gestern wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Februar mit 90,13 Dollar nur unerheblich höher als am Vortag notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Februar-Fälligkeit verbilligte sich gestern geringfügig um 0,16 Dollar auf 110,20 Dollar. Heute im frühen Handel zeigt der Kurstrend für beide Öl-Herkünfte nach unten.

 

Agrarrohstoffe
Klare Trends sind an den Märkten derzeit nur schwer auszumachen. Die Baissiers verweisen auf die Ausweitung der Wintergetreide und Raps-Anbaufläche in der EU und anderen Regionen der Nordhalbkugel. Die Haussiers rücken die Witterungsrisiken für die Süd- und Nordhalbkugel in den Vordergrund.

Nachdem die Aussicht auf besseres Anbauwetter in Nord- und Südamerika zum Kurssturz an den Börsen beigetragen hat, bleibt abzuwarten, wie positiv sich das Anbauwetter rund um den Globus wirklich entwickelt.

Bisher waren die Niederschläge (Schnee und Regen) in den USA noch nicht sehr ergiebig. Die "Südlichen Ebenen" erhielten leichte Niederschläge, in den "Nördlichen Ebenen" ist es noch immer viel zu trocken. In Brasilien sind die Böden in einigen südlichen Regionen nach ergiebigen Niederschlägen bereits übersättigt, während man in den nördlichen Anbauregionen wieder mit Hitze-Streß rechnet. In Argentinien kennt der Regen kein Erbarmen: Auch gestern verzögerten Niederschläge die Weizenernte und die Aussaat der Sommerkulturen und weiterer Regen wird prognostiziert. In Osteuropa schützt eine dicke Schneedecke die Winterkulturen vor strengen Kältegraden von bis zu -15°C bis -20°C. Die Auswinterungsrisiken durch Trockenheit im Süden Rußlands und Kasachstans bestehen weiter.

Auch die europäischen Agrarrohstoff-Börsen standen gestern ganz im Abwärtssog der US-Märkte. In Paris stand der Januar-Termin im Vergleich zum Vortag bei Weizen mit -5,75 Euro/t, der Januar-Termin bei Körnermais mit -5,25 Euro/t und der Februar-Termin bei Rapssaat sogar mit -5,00 Euro/t im Minus. Auch der Januar-Termin bei Braugerste wurde mit -2,50 Euro/t in der Verlustzone notiert.
Der Soja-Komplex an den US-Börsen stand weiter im Minus.

 

Ausblick
Die Hexen sind vom Börsen-Parkett wieder herunter getanzt und nach dem gestrige "Schocktag" beruhigt sich der Handel wieder. Nachdem in den letzten Tagen kräftig "Kasse gemacht" wurde, verabschieden sich viele Börsenhändler jetzt erst einmal in die Weihnachtpause.
Ich persönlich erwarte, daß an den Agrarrohstoff-Börsen heute bei nur geringem Handelsvolumen die Kurse wieder nach oben drehen.

Am Kassamarkt ließ das gestrige Kurs-Fiasko in den Börsen Käufer wie auch Verkäufer kalt. Die Bücher sind bei vielen Unternehmen für dieses Jahr bereits geschlossen. Das Geschäft macht in den kommenden zwrei Wochen weitgehend "Weihnachtspause". Erst in der zweiten Januar-Woche dürfte der Markt zwar wieder im "Normalbetrieb", aber mit nur begrenzten Umsätzen laufen. Mit wieder stärkerem Anschlußbedarf ist erst ab Februar 2013 zu rechnen.

 
 
 


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