Börse: US-Dürre bestimmt den Preistrend

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 18.07.2012


Wie erwartet rutschen die Agrarrohstoff-Kurse an den Börsen gestern zunächst tief in die roten Zahlen. Im späteren Handel konnten die Kurse ihre Verlauste zumeist mehr als wett machen und gingen zumeist mit Gewinnen aus dem Handel.

 

Devisen & Konjunktur
Der Euro konnte gestern seine Verluste wieder leicht ausgleichen, nachdem die Aussagen von US-Notenbankchef Ben Bernanke zunächst für Enttäuschung sorgten. In seinem Halbjahresbericht vor dem Bankenausschuß im US-Senat zeichnete er ein düsteres Bild der US-Konjunktur sowie des Arbeitsmarktes. Mit einem Wachstum von nur 20 % habe die US-Konjunktur im ersten Halbjahr 2012 an Tempo verloren, nachdem im zweiten Halbjahr 2011 das Plus noch bei 2,5 % gelegen habe. Der Fed-Chef erwartet sogar eine weitere Abschwächung der US-Konjunktur in den nächsten Monaten.

Für zusätzliche Enttäuschung sorgte an den Finanzmärkten, daß Ben Bernanke keine konkreten Hinweise auf neue milliardenschwere Wertpapierkäufe der Fed gab. Neue Lockerungsmaßnahmen seitens der US-Notenbank wurden nicht in Aussicht gestellt.

Nach der Anhörung gewann der Dollar leicht an Stärke. Trotz eines zwischenzeitlichen Kursrutsches nach der Fed-Anhörung wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,2281 US-Dollar von etwas höher als am Vortag festgesetzt.
Heute im frühen Handel tendiert der Euro weitgehend seitwärts.

 

Energie
Nachdem sich die Spekulationen auf weitere geldpolitische Lockerungsmaßnahmen durch die US-Notenbank zerschlagen hatten, reagierte der Ölpreis mit schwächeren Notierungen.

Ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im August zog gestern auf 89,22 Dollar an. Auch bei Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur September-Fälligkeit verteuerte sich gestern auf 104,00 Dollar.

Heute im frühen Handel gibt der Ölpreis seine Vortagsgewinne wieder ab, dann nach wie vor bieten die fundamentalen Daten des Ölmarktes eher Baisse-Signale: Eine weltweit gedämpft verlaufende Konjunkturentwicklung steht hohen Lagervorraten gegenüber. Nach Einschätzung Internationalen Währungsfonds (IWF) soll die globale Weltwirtschaft in diesem Jahr um 3,9 % und im kommenden Jahr um lediglich 3,5 % steigen.

 

Agrarrohstoffe
Zunächst rutschen die Agrarrohstoff-Kurse an den Börsen gestern wie erwartet tief in die roten Zahlen. Doch im späteren Handel legten die Kurse wieder kräftig zu und konnten sogar mit Gewinnen aus dem Handel gehen. Nachdem ein neuer "Geldregen" durch die US-Notenbank ausgeblieben war, standen nicht nur der Dauerregen in Nordeuropa und Befürchtungen über Qualitätsverluste bei den Investoren im Fokus. Auch die Vorhersage hoher Temperaturen und geringer Niederschläge für die wichtigen US-Anbaugebiete wie auch die Sommerhitze in Osteuropa ließen die Kurse wieder steigen (siehe auch Betrag: "Börse: Wachsende Witterungsrisiken" vom 17.07.2012).

An den europäischen Agrarrohstoff-Börsen konnte Getreide gestern Kursgewinne erzielen. In Paris stand der November-Termin bei Weizen erneut mit +1,50 Euro/t, bei Mais der November-Termin mit +2,50 Euro/t und bei Braugerste der August-Termin mit +0,50 Euro/t im Plus. Dagegen wurde der Front-Termin bei Rapssaat um +1,00 Euro/t schwächer notierte.
An der Chicagoer Börse wurden Sojabohnen und Sojaschrot nach anfänglichen Kursverlusten letztendlich doch noch auf einem höheren Kursniveau notiert.

 

Ausblick
Die Wetterprognosen für die USA dominieren derzeit die Kurse an den Agrarrohstoff-Börsen. Sollte es im weiteren Verlauf des Juni ergiebiger Regen in den Mais-Anbaugebieten ausbleiben, wird die US-Maisernte sehr viel geringer ausfallen als ursprünglich erwartet. Angesichts geringerer US-Lagervorräte, ist damit zu rechnen, daß sich die Exporte der USA - immerhin die Nr.1 unter den Mais-Exporteuren - deutlich verteuern.

Damit haben die US-Ernteerwartungen bei Mais entscheidenden Einfluß auf die weitere Entwicklung der globalen Nahrungsmittelpreise sowie der Preise für Futtergetreide. Die Nachfrage nach Futterweizen und anderem Futtergetreide dürfte daher steigen und damit für weiterhin hohe Kurse im gesamten Getreidebereich sorgen.

Für den heutigen Tag erwarte ich persönlich, daß der Kursauftrieb an den Börsen deutlich abflacht. Das hohe Preisniveau und die Hoffnung, daß ausreichend Regen doch noch die Ernteaussichten stabilisiert, bremst die Gewinnerwartungen.

Am Kassamarkt wurden die Preisgebote angehoben. Der verzettelte Erntestart und Wetterprognosen mit hoher Niederschlagswahrscheinlichkeit lassen die Risikoaufschläge steigen. Die Preise für 2012er Ware schließt ohne erkennbaren Preisbruch an das Niveau für prompte Lagerware aus der alten Ernte an. Preisgebote zum Beispiel für Weizen von 220 bis 240 Euro/t netto ex-Ernte machen Geschäftsabschlüsse jetzt zum Erntestart zunehmend interessant.

 
 
 


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