Börse: Wachsende Witterungsrisiken

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 17.07.2012


Dauerregen nicht nur hierzulande, sondern in ganz Nordeuropa und die Vorhersage von weiterhin heißem Sommerwetter in den UDA heizen den Preisaufrieb bei Agrarrohstoffen nicht nur an den Börsen, sondern auch am Kassamarkt immer weiter auf.

 

Devisen & Konjunktur
Die schwachen Wirtschaftsaussichten in vielen EU-Ländern und die ungelöste Schuldenkrise in der Euro-Zone haben den Euro gestern weiter unter Druck gebracht. Unsere Gemeinschaftswährung sackte auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahren ab.
Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,2177 US-Dollar festgesetzt. Seit Monatsbeginn hat der Euro damit rund 3,3 % im Vergleich zum Dollar verloren.

Nicht nur die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, sich für die Prüfung der Euroanträge gegen den Euro-Rettungsschirm ESM Zeit lassen, hat den Euro weiter unter Druck gebracht. Karlsruher Richter wollen ihre Entscheidung am 12. September verkündigen.
Auch die Herabstufung der Kreditwürdigkeit von 13 Banken in Italien durch die Ratingagentur Moody's hat den Euro-Kurs belastet.

Heute im frühen Handel kann sich der Euro wieder erkennbar erholen. Er wird knapp unter der Marke von 1,23 Dollar gehandelt nachdem nicht nur neue schlecuhte Konjunkturdaten aus den USA bekannt wurden. Zudem steigern Spekulationen über eine weitere Lockerung der US-Geldpolitik due Attraktivität des Euro.

 

Energie
An den Ölmärkten konnten sich die Kurse weiter erholen. Ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im August zog gestern auf 88,43 Dollar an - ein Plus von 1,33 Dollar im Vergleich zum Vortag. Auch bei Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur August-Fälligkeit ging es gestern mit 103,55 Dollar weiter aufwärts.
Heute im frühen Handel bleibt sie Stimmung an den Ölmärkten freundlich.

 

Agrarrohstoffe
An den Agrarrohstoffmärkten geht die Preis-Rallye weiter. Der Wetterbericht für die USA sagt weiterhin trockenes und heißes Sommerwetter voraus, in Nordeuropa sorgt Dauerregen für Ernteverzögerungen und wachsende Qualitätsängste und nicht nur für Rußland wurden die Ernteprognosen weiter nach unten korrigiert. Auch in Australien geht man davon aus, daß die nächste Ernte kleiner als in den Vorjahren ausfallen wird.

Damit bestimmen weiterhin Wetterkapriolen rund um den Globus die Preise.
Quer durch die USA werden die wichtigen Anbaugebiete von der schlimmsten Dürre seit 25 Jahren heimgesucht. Auch für diese Woche sagen die Meteorologen Temperaturen mit Spitzenwerte von fast 40 Grad Celsius voraus. Seit Mitte Juni sind die Weizen-Kurse an der Chicagoer Börse um 45 % (!) in die Höhe geschossen. Die Mais-Kurse zogen seitdem um 34 % an. Das UIS-Landwirtschaftsministerium hat die Bonitierung der Mais-Feldbestände aktualisiert. Nur noch 31 % der Bestände werden mit gut bis sehr gut bewertet, in der Vorwoche waren es noch 40 % und vor einem Jahr 66 %. Dagegen stieg der Anteil der Pflanzen in schlechtem bis sehr schlechtem Zustand von 30 % auf 38 %, ein Jahr zuvor waren es nur 11 %. Auch der Zustand der Soja-Feldbestände hat sich in der vergangenen Woche verschlechtert.

In Rußland geht das Landwirtschaftsministerium in Moskau davon aus, daß Trockenheit in weiten Teilen des Landes die Getreidebestände auf 1,5 Mio. Hektar und damit auf 3,4 % der Aussaatfläche geschädigt hat. In vielen wichtigen Anbauregionen herrscht noch immer Trockenheit, so daß die Ernteerwartungen von bisher 49 bis 50 Mio.t Weizen weiter zurückgenommen wurden. Jetzt erwartet die Nr.3 am Weltmarkt nur noch eine Weizenernte von etwa 45 Mio.t (VJ: 56,2).

Auch in Australien geht man inzwischen davon aus, daß die nächste Ernte kleiner als bisher erwartet ausfallen wird. Ende letzter Woche prognostizierte das australische Landwirtschaftsministerium eine Weizenernte von 24,1 Mio.t und damit eine um 5 Mio.t bzw. 18 % kleinere Erne als im Vorjahr. Auch bei anderen Getreidearten wird ein Rückgang erwartet, während die Anbauausdehnung bei Rapssaat eine um 4,3 % größere Ernte erwarten läßt.

In den produktionsstarken Anbauregionen Nordeuropas dämpft Dauerregen nicht nur die Ernteerwartungen, sondern läßt auch die Qualitätssorgen wachsen. An den europäischen Agrarrohstoff-Börsen sprangen die Notierungen gestern kräftig nach oben. In Paris stand der November-Termin bei Weizen erneut mit stattlichen +6,00 Euro/t, bei Mais der November-Termin mit +8,50 Euro/t, bei Braugerste der August-Termin mit beeindruckenden +8,00 Euro/t kräftig im Plus. Und auch bei Rapssaat wurde der Front-Termin um +6,25 Euro/t höher notierte.

 

Ausblick
An den Börsen steigen und fallen die Kurse derzeit im Takt der Börsen. Für den heutigen Tag erwarte ich persönlich, daß an den Börsen viele Marktteilnehmer zunächst einmal "Kasse machen" und Gewinne mitnehmen. Kurskorrekturen nach unten sind daher nach meiner Einschätzung zu erwarten. Für den weiteren Kursverlauf hängt jetzt alles davon ab, ob es weitere "schlechte Nachrichten" von der Wetterfront - insbesondere in der EU und den USA - gibt.

Auch am Kassamarkt wurden die Preisgebote angehoben. Der verzettelte Erntestart und Wetterprognosen mit hoher Niederschlagswahrscheinlichkeit lassen die Risikoaufschläge steigen. Die Preise für 2012er Ware schließt ohne erkennbaren Preisbruch an das Niveau für prompte Lagerware aus der alten Ernte an. Preisgebote zum Beispiel für Weizen von 220 bis 235 Euro/t netto ex-Ernte machen Geschäftsabschlüsse jetzt zum Erntestart zunehmend interessant.

 
 
 


Vorhergehende Beiträge

17.07.2012 Börse: Kommt der Stimmungsumschwung?
06.07.2012 Börse: Kurssprung
03.07.2012 Börse: Ausbruch in die Hausse
28.06.2012 Börse: Kursanstieg trotz Gewinnmitnahmen
21.06.2012 Börse: Die Stimmung kühlt ab
20.06.2012 Börse: Preissprung nach oben
12.06.2012 Börse: Wetterspekulation auf Dürre
   
 
 
 
 

Seitenanfang