Weizen: Bodenbildung bei den Kursen

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 27.11.2008


Die Agrarmärkte spiegeln weiterhin die Situation der Weltwirtschaft wider, die von Nachfragerückgang, Rezessionsangst und Liquiditätsproblemen geprägt ist. Noch immer gibt es keine Signale für eine Trendwende, doch eine Bodenbildung zeichnet sich ab.

Marktlage
Seit Mitte Oktober stabilisieren sich die Preise an den Agrarrohstoffbörsen, während die Preise am Kassamarkt weiter leicht abrutschen. Seit Monaten reagieren die Terminbörsen auf die neuen Marktfaktoren (z.Z. Welt-Rekord-Weizenernte, geplante Exportsubventionen in Osteuropa, Auswirkungen Finanzkrise usw.) mit rückläufigen Preisen. Die Preisanpassung erfolgten wie gewohnt deutlich schneller als am Kassamarkt.

Seit Mitte Oktober stabilisieren sich die Preise weltweit, da die Baisse-Faktoren inzwischen weitgehend in den Kursen berücksichtigt wurden. Vor allem an den amerikanischen Märkten ist der Trend zur Bodenbildung besonders ausgeprägt.

Die Talfahrt an den Kassamärkten scheint inzischen ebenfalls ihr Ende zu finden. Da die Nachfrage der Verarbeiter und des Handels jedoch noch immer sehr schwach ausfällt, bleiben Impulse für eine Trendwende bei den Preisen bisher aus.

 

Prognose
Kaufzurückhaltung beherrscht weiterhin den Markt. Die Nachfrage der Importeure am Weltmarkt, das Interesse der Handelsunternehmen vor Ort wie auch der Bedarf der Verarbeiter fallen sehr viel schwächer aus als zu dieser Jahreszeit üblich. Überall geht man offenbar davon aus, daß die Preise vorerst niedrig bleiben und jederzeit die benötigten Mengen am Markt zugekauft werden können.

Die großen Importeure in Nordafrika, dem Nahen Osten und Asien kalkulieren mit niedrigen Weizenpreisen und weiterhin sehr günstigen Seefrachtraten. Die Handelsunternehmen gehen genauso von einem schwachen Preisniveau und einem hohen Angebot an bisher unverkaufter Ware aus. Die Verarbeiter spekulieren ebenfalls auf schwache Kurse und warten die Preisentwicklung ab.

Kurzfristig rechne ich damit, daß das derzeitige Preisniveau vorerst den Markt bestimmt. Die geplanten Exportsubvenbtionen in Rußland, die Diskussion über Exportsubventionen in der Ukraine und die hohen Lagerbestände in der EU, die auf kontinuierliche Exporte angwiesen sind, lassen keine Hausse-Stimmung aufkommen.

Daß sich eine realistischere Markteinschätzung mit Blick auf die Angebot-Nachfrage-Situation allmählich durchsetzt, wird jedoch am Kursverlauf an den Agrarterminbörsen deutlich. Hier zeichnet sich eine Bodenbildung ab, die sich auch stabilisierend auf den Kassamarkt auswirkt.

Nach meiner persönlichen Einschätzung hat auch der Kassamarkt die Talsohle erreicht. Mehrere Marktfaktoren dürften aus meiner Sicht ab Februar - erst zögerlich, im Laufe des nächsten Jahres jedoch mit stärkerer Wirkung - für eine Trendwende sorgen.

Anders als in den Vorjahren fallen die Vorräte, die die Verarbeiter in den Lägern und in den Büchern haben, niedriger aus als üblich. Der aktulle Bedarf wird durch laufende Zukäufe bei nur kurzfristiger Deckung gesichert. Ab Mitte Januar erwarte ich daher einen steigenden Anschlußbedarf der Verarbeiter.

Die Saison 2008/09 sorgt mit einer Rekord-Ernte für wieder aufgefüllte Läger bei den Weizen-Importländern. Die Nachfrage aus diesen Regionen der Welt dürfte auch in den kommenden Monaten kontinuierlich hoch ausfallen. Nachdem der Export für die EU bereits in den letzten Monaten sehr gut gelaufen ist, bleiben die Exportaussichten damit günstig.

Die weltweit hohen Produktionskosten bei gleichzeitig stark abgesackten Weizenpreisen lassen erwarten, daß die Anbau-Indensität gedrosselt wird. Auch in der EU dürfe die niedrigere "Rendite vom Acker" zu einer Reduzierung der Anbaufläche sowie der Anbauintensität und damit zu schwächeren Ernteerwartungen zur Ernte 2009 führen. Trotz der globalen Anbausteigerung zur Ernte 2009/10 ist eine neue Rekordernte daher äußerst fraglich.

Der Bedarf der wachsenden Weltbevölkerung steigt, zumal sich auch die Ernährungsgewohnheiten verschieben. Trotz eines Anstiegs der Lagervorräte aus der Saison 2008/09 bleibt die Versorgungbilanz eng. Die Lagerbestände sind nach wie vor so gering, daß sich größere Produktionsausfälle direkt auf die Kursentwicklung auswirken würden.
 
 
 
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