Weizen: Etwas erholt, doch nicht aus dem Schneider

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 30.10.2008


Wochenlang hielt die Finanzkrise den Agrarrohstoffmarkt im Würgegriff. Jetzt rückt allmählich wieder die Versorgungslage, die Einschätzung von Angebot und Nachfrage in den Vordergrund. Die Terminmarktkurse ziehen wieder an und auch am Kassamrkt ist die Talsohle erreicht.

Marktlage
Der Kurseinbruch an den Finanzmärkten hat in den letzten Wochen an an den Agrarrohstoffmärkten zu einem starken Preisrutsch geführt. In den vergangenen drei Monaten sind die Preise für Brotweizen auf dem internationalen Markt um 20 bis 30 % eingebrochen. In Deutschland hat der Brotweizen-Kurs 20 bis 25 % verloren.

Der Handel ist in den letzten Wochen weitgehend zum Erliegen gekommen. Verarbeiter und Handel halten sich mit Neugeschäften in Erwartung weiterer Preisrückgänge zurück. Lediglich der Export über die Nord- und Ostseehäfen bringt eine leichte Marktentlastung.

 

Fakten

  • Australien: Schrumpfende Ernteerwartungen
    In Australien haben die Erntearbeiten bereits im Nordwesten und Nordosten des Riesenlandes begonnen. Seit dem dramatischen Produktionseinbruch im Dürrejahr 2006 sind die Produktionserwartungen wieder deutlich besser. Doch die Ernteerwartungen werden zwischenzeitlich immer stärker nach unten korrigiert.

    Noch Mitte Februar gingen die Analysten mit 23 Mio.t von einer um 74 % höheren Weizenernte aus (Vj: 13,0).  Bis Mitte September korrigierten offizielle Statistiken ihre Erwartungen auf nur noch 22,5 Mio.t. Kürzlich schätzte das australische Analystenhaus ACF die Weizenernte auf nur noch etwas über 19 Mio.t.

    Damit läge die Ernte 2008/09 jedoch immer noch rund 6 Mio.t über der Ernte von 2007/08 und 8 Mio.t über der Erzeugung im Dürrejahr 2006/07.

    Unerwartet schlechte Wachstumsbedingungen schmälern die Ernteerwartungen: Auch nach den Wintermonaten besteht in wichtigen Anbauregionen noch immer ein bedenkliches Niederschlagsdefizit. Mitte Oktober führte ein unerwarteter Frosteinbruch in den den Beständen im Westen Australiens zu erheblichen Schäden. Seit dem letzten Wochenende schmälert Hitze im Südosten die Ernteaussichten.

    Hausse-Tendenz

 

Prognose
Wie erwartet setzt sich allmählich eine realistischere Markteinschätzung mit Blick auf die Angebot-Nachfrage-Situation am Gütermmarkt durch. Während an den Finanzmärkten weiter fleißig gezockt wird und die Kurse zeitweilig in wirre Zick-Zack-Bewegungen ausarten, kommt allmählich Ruhe in die Geschäfte an den Agrarbörsen. Die Warenterminbörsen haben seit Anfang der Woche wieder ins Plus gedreht.

Nach meiner persönlichen Einschätzung ist Weizen derzeit sowohl an den Terminbörsen wie auch am realern Kassamarkt unterbewertet. Dennoch rechne ich am realen Kassamarkt erst ab Mitte Dezember wieder mit einen größeren Anschlußbedarf der Verarbeiter. Angebot und Nachfrage dürften dann das Preisniveau bestimmen. Das bedeutet auch, daß man bei der Verkaufsplanung nicht vergessen sollte, daß in den Lägern der Produzenten und Wiederverkäufer mehr Ware als in den Vorjahren auf den Verkauf wartet.

Nicht ausgeschlossen ist allerdings auch, daß erneute Turbulenzen an den Finanzmärkten auch die Agrarrohstoff-Börsen wieder auf Achterbahnfahrt schicken könnten.

 
 
 
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