Futtergerste auf der Überholspur

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 29.06.2007


In den Frühdruschgebieten hat die Gerstenernte begonnen. Doch trotz Erntestart zogen die Kurse kräftig an. Inzwischen liegen die Preise je nach Region 35-60 % über den Vorjahreskursen.

Marktlage
Jahrelang wurde im Zusammenhang mit Gerste von Überproduktion gesprochen. Jetzt findet Gerste besten Absatz am Markt und glänzt mit steigenden Preisen. Zukäufe aus der neuen Ernte werden - je nach Region und Parität - zwischen 145 Euro/t und 160 Euro/t ex-Ernte ab Hof getätigt. Aus Ostdeutschland ist von Preisen bis zu 170 Euro/t zu hören.

Die Futtermittelwerke in Nordrhein-Westafalen und die Exporteure in Norddeutschland sind derzeit Motor für die Preisentwicklung. Eine niedrige EU-Ernte, die auf ein Minimum geschrumpften Interventionsvorräte, die hohe Nachfrage des Weltmarktes nach EU-Gerste und die ab 01.07.2007 geltende Exportbeschränkung der Ukraine bringen Bewegung in den Gerstenmarkt.

Die Kurse zogen in ganz Deutschland kräftig an. Dabei ist zu beobachten (siehe Grafik), daß sich infolge der hohen Nachfrage in Norddeutschland und der geringen Verkaufsbereitschaft ein deutliches Nord-Süd-Gefälle bei den Preisen herausbildet.

Vor allem die schwindenen Vorräte in der EU wie auch weltweit begründen die Hausse-Stimmung am Markt. Nachdem in der EU das Interventionsjahr 2006/07 noch mit Lagervorräten von 2,2 Mio.t Gerste in der Interventionslägern der EU-27 startete, sind die öffentlichen Lagerbestände jetzt - am Ende der Interventionssaison - auf nur noch 50.633 t gerste zusammengeschmolzen.

Gerste findet nicht nur beste Absatzmöglichkeiten im EU-Binnenmarkt, sondern auch im Export. Die internationale Nachfrage wächst und die globalen Lagerbestände schrumpfen ebenfalls. Bestimmend für den derzeitigen Preisschub ist auch die schlechte Gerstenernte in Osteuropa. In der Ukraine - der Nummer 3 unter den Gerste-Exporteuren am Weltmarkt - fällt die Ernte aufgrund von Trockenheit rund 20 % niedriger aus als im Vorjahr. Zudem werden die ukrainischen Exporte nach Mitteilung des ukrainischen Vize-Premierministers Victor Slauta ab dem 01.07.2007 durch Exportkontingente begrenzt. Folglich ist mit erheblich geringeren Exporten zu rechnen.

Die Exporteure in der EU erwarten daher deutlich bessere Exportaussichten für EU-Gerste und schließen vermehrt Vorverträge für neuernteige Ware ab. Vor allem die Standorte im weiten Einzugsgebiet der See- und Binnenhafen-Standorte profitieren daher von den anziehenden Kursen.

 

Fakten

  • Steigende Nachfrage - schrumpfenden Vorräte
    Mit über 56 Mio.t fiel die Ernte 2006 in der EU-27 leicht unterdurchschnittlich aus. In diesem Jahr wird mit rund 57,9 Mio.t zwar eine höhere Erzeugung prognostiziert - dennoch bleibt die Produktion deutlich hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück.

    Da die Ernteerwartungen der Hauptproduzenten und damit die für den Export verfügbare Ware niedriger ausfallent als im Vorjahr, erwarten die Exportuere in der EU eine gute Nachfrage vom Weltmarkt.

    Hausse-Tendenz

 

Prognose
Trotz wieder rückläufiger Kurse am internationalen Markt, halten die Gerstenpreise in Deutschland für alt- wie auch neuerntige Ware ihr Niveau. Die Wetteraussichten spielen für die Marktbeteiligten eine wachsende Rolle bei der Kalkulation der Preise. Der Drusch der Gerste verzögert sich in den meisten Regionen weiter aufgrund der regnerischen Witterung.

Die bisher geernteten Erträge und Qualitäten streuen sehr stark. Die Verkäufer halten sich am Markt zurück, da sie die weitere Wetterlage in der Hoffnung auf steigende Preise abwarten wollen.

Eine lustlose Stimmung dürfte auch in den kommenden Tagen auf Käufer- wie Verkäuferseite die Geschäftstätigkeit prägen. Man wartet ab, wie es mit der Ernte weitergeht. Auch für die nächsten Tage wird wechselhafte Witterung mit teils länger andauerndem Regen und Gewittern vorhergesagt. Nach meiner Einschätzung dürften die Preise weiterhin ihr hohes Niveau behaupten.

 
 
 

Vorhergehende Beiträge
12.06.2007 Getreide: Preissprung nach US-Prognose
23.04.2007 Weizen/Feldfrüchte: Warten auf Regen
02.02.2007 Brot- und Futtergetreidemärkte am Jahresanfang
   
 
 
 
 

Seitenanfang