Rapssaat: Auf Defizitkurs

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 20.07.2011


Regen ließ die Mähdrescher in West- und Osteuropa in den letzten Tagen still stehen. Jetzt kommt die Ernte schleppend wieder in Gang. Die Ernteergebnisse bestätigen die bisherigen Prognosen: Die Rapsernte 2011/12 fällt erneut defizitär aus.

 

Marktlage
Anfang des Jahres übersprangen die Rapspreise kurzzeitig die Marke von 500 Euro/t netto franko Landhandelslager. Seitdem ging es am Rapssaatenmarkt sukzessive abwärts. Seitdem mußte Rapssaat zur prompten Lieferung am Kassamarkt Kursverluste von rund 13 % in Kauf nehmen. An den Terminmärkten büßte der Front-Termin knapp 15 % ein.

Doch seitdem die Mähdrescher rollen, zeigt der Preistrend bei Rapssaat wieder leicht nach oben. Denn inzwischen hat sich am Markt die Überzeugung durchgesetzt, daß deutlich niedrigere Erträge als in Normaljahren nicht nur in Deutschland die Regel sind.

Regional summieren sich die Ertragseinbußen auf bis zu 70 %. Der Mix aus problematischen Aussaatbedingungen, schlechter Pflanzenverzweigung, Frostschäden, Trockenheit und zuletzt Zweiwuchs läßt die Erträge zwischen 1,0 und 4,5 t weit streuen.

 

Seit dem Erntestart konnten die Rapskurse wieder leicht zulegen. Seit Anfang Juli sind die Erzeugerpreise für prompte Ware am hiesigen Kassamarkt wieder deutlich angestiegen. Mit aktuell 430 bis 455 Euro/t netto franko Landhandelslager nähern sich die Rapspreise wieder dem "MATF-Niveau". Aus der Ernte steht bisher nur wenig Ware zur Verfügung und viele Produzenten zögern ihre Verkäufe zunächst hinaus.

Auch die Großhandelspreise zogen kräftig an. Die Hamburger Getreidebörse meldete für prompte Lieferungen gestern einen Preis von 465 Euro/t, was im Vergleich zur Vorwoche einen Aufschlag um 5 Euro/t bedeutet.

Auch an den Warenterminbörsen zeigt der Preistrend wieder leicht nach oben. An der Warenterminbörse MATIF, Paris und der Warenterminbörse WCE, Kanada ging es bei den Kursen erneut leicht aufwärts.

 

Fakten

  • Welt: Defizitäre Ernteerwartungen
    Immer wieder wurden die globalen Ernteprognosen für Rapssaat in den letzten Monaten nach unten korrigiert. Nicht nur in der EU, sondern weltweit fällt die Rapssaatenernte 2011/12 kleiner aus als im Vorjahr. Die Lagerbestände werden daher weiter schrumpfen und damit auf das niedrige Niveau des Hausse-Jahres 2007/08 zurückfallen.

    Das bestätigen auch die neusten Zahlen des US-amerikanischen Landwirtschaftsministeriums vom 12.07.2011 zur globalen Rapssaatenbilanz. Mit 58,8 Mio.t wird die Rapsernte 2011/12 rund 1 % niedriger als die Vorjahresernte eingeschätzt.

    in Mio. t
    Rapssaaten
    Produktion
    Verbrauch
    Endbestände
    Welt
    EU-27
    Welt
    Welt
    EU-27
    2007/08
    48,5
    18,4
    49,1
    3,5
    1,0
    2008/09
    57,8
    19,0
    54,8
    6,6
    1,8
    2009/10
    60,5
    21,6
    59,2
    7,8
    1,8
    2010/11
    59,2
    20,7
    61,2
    5,5
    1,3
    2011/12 Prognose vom:
    12.07.2011
    58,75
    18,8
    60,5
    3,7
    0,9
    Quelle: USDA

    Auch das Analystenhaus Oil World hat seine Schätzung erneut zurückgenommen. Mit 59,1 Mio.t wird eine um 0,5 % kleinere Ernte prognostiziert. Damit würde die globale Produktion auf den niedrigsten Stand seit 3 Jahren fallen.

     Hausse-Tendenz

 

  • EU: Schrumpfende Lagervorräte - steigende Importe
    Prognosen verschiedener Branchenverbände und Analystenhäuser bestätigen die niedrigeren Ernteerwartungen für die EU. Die Ernteschätzungen liegen rund 5 bis 10 % unter dem Vorjahresergebnis. Auch das Analystenhaus Oil World hat seine Schätzung im Laufe der letzten Monate zurückgenommen. Mit 18,9 Mio.t wird eine um 8,3 % kleinere Ernte als im Vorjahr prognostiziert. Damit wird die EU zum weltweit größten Rapssaaten-Importeur.

    Coceral, der Europäische Dachverband des Getreidehandels schätzt die EU-Rapsernte 2011 auf 12,7 Mio.t in der EU-27, nachdem die Ernte im Vorjahr mit 14,1 Mio.t bereits sehr niedrig ausgefallen war. Auch der Europäische Bauernverband (COPA) und Europäische Genossenschaftsverband (COCEGA) gehen in ihrer gemeinsamen Anbauprognose von einer EU-Rapsernte in Höhe von 15,2 Mio.t und damit von einer um 9,8 % kleineren Ernte als in Vorjahr aus.


    Die kleinere Ernte und der weiter steigende Bedarf lassen auch in der EU die Endbestände aus den vorangegangenen Ernten ein weiteres Jahr in Folge drastisch abschmelzen. Die EU-Lagervorräte dürften noch unter den Stand von 2007/08 abschmelzen.

    Oil World erwartet aufgrund hohen EU-Bedarfs einen Anstieg der EU-Importe um 23 % auf 3,1 Mio.t (Vj.: 2,52). Die EU - bis 2004/05 noch Netto-Exporteur - dürfte damit zum weltweit größten Rapssaaten-Importeur werden.


     Hausse-Tendenz

 

  • Kanada: Höhere Ernteerwartungen
    In Kanada wurde die Rapssaatenfläche deutlich ausgeweitet. Aufgrund der witterungsbedingt verzögerten Aussaat wird mit nicht allzu hohen Flächenerträgen gerechnet. Das kanadische Landwirtschaftsministerium erwartet dennoch mit 13,4 Mio.t Canola-Raps eine um 13 % höhere Ernte als im Vorjahr. Die Exporte Kanadas - der Nummer 1 am Weltmarkt - werden mit 7,1 Mio.t dennoch niedriger prognostiziert als im Vorjahr. Andere Analysten gehen sogar von einem noch geringeren Exportvolumen aus.

     Hausse-Tendenz

 

  • Ukraine: Schwache Ernteerträge
    In der Ukraine konnten die Erntearbeiten auch bei Rapssaat wieder aufgenommen werden. Regenbedingte Unterbrechungen behindern jedoch noch immer den Drusch im Westen und im Norden des Landes. Bisher wurde rund die Hälfte der Rapsbestände mit häufig niedrigen Flächenerträgen geerntet. Das Landwirtschaftsministerium in Kiew erwartet mit einem durchschnittlichen Ertrag von 1,3 t/ha ein noch niedrigeres Ergebnis als im Vorjahr. Trotz größerer Anbaufläche muß die Prognose für die Rapssaaten-Produktion wahrscheinlich nochmals nach unten korrigiert werden.

    Hausse-Tendenz

 

  • Australien: Höchste Ernte seit 15 Jahren erwartet
    Hohe Ernteerwartung bestehen dagegen in Australien. Die Raps-Aussaatfläche wurde deutlich ausgedehnt. Da sich das Anbauwetter bisher günstig entwickelt hat, prognostiziert der australische Ölsaatenverband eine Rapssaaten-Ernte von knapp 2,6 Mio.t und damit eine um fast 21 % höhere Ernte als im Vorjahr. Das wäre die größte Ernte seit 15 Jahren.

    Sollten sich die Ernteerwartungen bestätigen, dürfte die für den Export verfügbare Menge deutlich größer als im Vorjahr ausfallen. Australien ist ebenfalls - allerdings mit starken Schwankungen von Jahr zu Jahr - ein wichtiger Exporteur am Weltmarkt.

    In Australien startet die nächste Rapsernte jedoch erst im November. Bis dahin bleibt der Markt knapp versorgt.

    Baisse-Tendenz

 

 

Prognose
Die Versorgungsbilanz am globalen, europäischen und nationalen Rapssaatenmarkt wird vorerst äußerst knapp bleiben, - sofern sich die aktuellen Ernteaussichten auf der Nordhalbkugel bestätigen. Die Lagerbestände dürften weiter kräftig abschmelzen.

Basierend auf den fundamentalen Daten zeichnet sich nach meiner persönlichen Einschätzung eine gundsätzlich Hausse-trächtige Marktentwicklung ab. Der latente Preisauftrieb am Rohölmarkt stützt diesen Trend. Die Ernteerwartungen in Australien finden daher bei den Verarbeitern - in der Hoffnung auf einen durchschlagenden Baisse-Faktor - zunehmend Beachtung.

Insgesamt stellen sich die Preisaussichten allerdings völlig anders als vor einem Jahr dar, als sich die Kurse an den Börsen und die Preise am Realmarkt noch auf sehr viel niedrigerem Niveau bewegten. Ich persönlich erwarte, daß der Preisspielraum nach oben in den kommenden Monaten deutlich kleiner ausfallen wird als in der vorherigen Saison.

Hinzu kommt, daß die Unsicherheiten an den Kapitalmärkten wachsen, obwohl die Prognosen nach wie vor ein Wachstum der Weltwirtschaft prognostizieren. Am Devisenmarkt (Dollar, Euro) sorgt die desolate Haushaltslage in immer mehr Ländern für Turbulenzen. Auf der Suche nach einem sicheren Hafen für ihr Geld, wird heute in Agrarrohstoffe investiert und morgen wieder verkauft, um die Gewinne mitzunehmen. Dies verstärkt die Volatilität der Preise. Ein Kursrutsch an den Rohstoffbörsen würde auch für den Rapssaatenmarkt nicht ohne Folgen bleiben.

 
 
 
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08.04.2011 Rapssaat: Erneute Kursgewinne
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15.12.2010 Ölsaaten: Preisexplosion am Rapssaatenmarkt
18.11.2010 Ölsaaten: Schwaches Rapsangebot - Starke Preise
10.11.2010 Ölsaaten: Preisrallye am Rapssaatenmarkt
   
 
 
 
 

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