Die Preiserwartungen zur nächsten Ernte gehen bei Braugerste
so weit auseinander, daß Vorverträge bisher Seltenheitswert
haben.
Marktlage
Die schlechte Ernte in Kanada und Australien nach dem Dürrejahr
2002/03 ließ die Preise am Braugersten-Markt noch bis zum Frühjahr
des vergangenen Jahres immer neue Preisgipfel erklimmen. Die knappe
weltweite Marktversorgung lieferte das Fundament für eine ausgedehnte
Hausse-Phase, die erst zur Ernte 2003 ausklang.
Mit der neuen Ernte des letzten Sommers hat sich auch die weltweite
Versorgungslage wieder deutlich verbessert und die Preise gaben
zeitweise stark nach. Seit Oktober profitieren die Braugersten-Preise
von dem starken Preisanstieg bei Weizen und Futtergetreide, so daß
die Erzeugerpreise beinahe wieder das Preisniveau von vor zwölf
Monaten erreichen.
Die Umsätze am deutschen Braugersten-Markt bleiben derzeit recht
gering, auch wenn Angebot und Nachfrage insgesamt recht ausgeglichen
verlaufen. Die Braugersten-Preise können sich noch immer behaupten
und zogen zuletzt sogar erneut leicht an. Bei 160 bis 165 Euro pro
Tonne franko Mälzerei haben die Verarbeiter Bedarf für prompte Ware
wie auch für spätere Termine. Insgesamt tendiert der Markt momentan
eher seitwärts. Dagegen wurde Braugerste in Dänemark und Frankreich
etwas schwächer bewertet.
Die Marktbeteiligten sind infolge der Absenkung der EU-Flächenstillegungsrate
auf 5 % zur Ernte 2004 (Normalrate 10 %) verunsichert. Die Bewertung
der noch verfügbaren Mengen aus der Saison 2003 hängt von den Produktionserwartungen
der nächsten Ernte ab. Die Meinungen gehen hier weit auseinander,
ob die niedrigere Stillegungsrate auch zu einer Ausweitung des Braugersten-Anbaus
führen wird, oder ob der Anbau sich stärker in Richtung der derzeit
preislich attraktiveren Feldfrüchte Mais und Futtererbsen entwickeln
wird.
Fakten
- Umfangreiches Angebot aus 2003
Aus der Ernte 2003 stehen für die laufende Saison wieder umfangreiche
Braugersten-Vorräte aus den großen Anbaugebieten EU, Kanada, USA
und Australien für den Weltmarkt zur Verfügung.
- Euro-Kurs belastet Braumalz-Export
Im Export ist Ware aus der Euro-Zone seit Monaten stark benachteiligt.
Braumalz wird am internationalen Markt auf Dollar-Basis gehandelt,
so daß EU-Herkünfte derzeit im internationalen Vergleich am teuersten
sind. Daher richtet sich die Nachfrage - anders als im vergangenen
Jahr - stärker auf kanadische und australische Angebote. (aktuelle Devisenkurse)
- Rückläufiger Anbau in Deutschland
Der Sommergersten-Anbau in Deutschland schrumpft seit Jahren.
1991 erreichte der Anbau mit gut 1 Mio. ha seinen höchsten
Stand und ist seitdem rückläufig. Einen absoluten Tiefpunkt erreichten
Anbau und Ernte im Jahr 2002: Die Fläche schrumpfte auf 610.000 ha
und die Ernte erbrachte gerade einmal 2,7 Mio.t. Aufgrund
erheblicher Auswinterungen im Winter 2002/03 weiteten die Erzeuger
den Anbau zur Ernte 2003 deutlich auf 750.000 ha aus, so
daß die Ernte trotz des Dürresommers mit 3,63 Mio.t spürbar
höher ausfiel.
- Selbstversorgungsgrad in Deutschland sehr niedrig
Aus der Sommergerstenernte 2003 in Höhe von 3,63 Mio.t (2002: 2,66)
standen bei einer Braugerstenselektion von ca. 47 % rund
1,7 Mio.t braufähige Ware zur Verfügung. Der Bedarf liegt
jedoch bei rund 2,4 Mio.t, so daß der Selbstversorgungsgrad
mit 71 % (2002/03: 58 %) nach wie vor sehr niedrig
liegt. Die Fehlmenge muß traditionell durch Importe - hauptsächlich
aus anderen EU-Staaten - gedeckt werden.
- Erzeugung in der EU insgesamt bedarfsdeckend
Bei einem Braugerstenanteil in der EU-15 von durchschnittlich
33 % steht 2003/04 eine für Brauzwecke verwendbare Ernte
von knapp 8 Mio.t zur Verfügung. Damit fiel die Ernte 2003
erstmals nach zwei Jahren mit knapp 8 Mio.t Sommerbraugerste
wieder etwas besser aus (2002: 7,7). Bei einem Bedarf von
knapp 7 Mio.t ist die EU-Ernte 2003 insgesamt bedarfsdeckend.
"Überschüssige" Ware für den Export bleibt jedoch kaum übrig.
- Bisher kaum Vorverträge zur Ernte 2004 abgeschlossen
Zur kommenden Aussaat rechnet man derzeit mit keiner weiteren
Ausdehnung der Sommergersten-Anbaufläche in Deutschland. Daher
ist zu erwarten, daß das Angebot für die Saison 2004/05 in Deutschland
trotz der Ausdehnung der Anbauflächen knapp ausfallen dürfte.
In der EU insgesamt geht man dagegen - bei normalen Wachstumsbedingungen -
von einem durchaus ausreichenden Angebot aus.
Dennoch überwiegen derzeit die Unsicherheiten hinsichtlich der
Produktionserwartungen zur Ernte 2004, so daß bisher nur wenige
Vorverträge abgeschlossen wurden. Aus den verschiedenen Regionen
Deutschlands werden hier Vorvertragspreise zwischen 125 und
130 €/t netto franko Landhandelslager genannt.
Hintergrund der geringen Anzahl an Vorverträgen scheint jedoch
auch die Aussicht zu sein, künftige Geschäfte über einen Warenterminkontrakt
absichern zu können. Die Warenterminbörse WTB, Hannover hat einen
Warenterminkontrakt für Braugerste angekündigt, der wahrscheinlich
am 05. März starten soll. Sollte sich dieser Kontrakt gut
am Markt plazieren können, dürfte dies das traditionelle Geschäft
der Vorkontrakte zwischen Agrarhandel und Erzeuger auf eine Absicherung
an der Warenterminbörse verlagern.
Prognose
Am Futtergetreidemarkt in der EU zeichnet sich bis zur nächsten
Ernte ein äußerst enger Markt ab. Die Endbestände werden auch bei
Futtergerste weitgehend abgebaut sein, so daß die Preise fest tendieren
und weitere Preisanhebungen in den nächsten Wochen und insbesondere
ab April zu erwarten sind. Seit Beginn der Ausschreibungen von Gerste
aus den EU-Interventionsbeständen hat die EU-Kommission rund 700.000 t
zugeschlagen. Die Interventionsbestände sind damit auf Restmengen
von 14.000 t in Deutschland, 13.700 t in Frankreich und
29.000 t in Schweden zusammengeschrumpft.
Der Braugerstenmarkt profitiert von dieser Entwicklung, da qualitativ
schwächere Partien bereits ihren Weg in die Futtermittelwerke finden.
Damit hängt der Braugerstenpreis sehr viel stärker als in den Vorjahren
an der Entwicklung des Futtergerstenpreises. Wenn in der nächsten
Zeit die Marktversorgung mit Futtergetreide immer knapper wird,
dürfte Braugerste aufgrund das anziehenden Preisniveaus zunehmend
in die Mischfutterwerke abfließen, so daß neben den Mälzereien auch
die Futtermittelhersteller als Käufer am Braugerstenmarkt auftreten
werden.