Braugerste - Hand in Hand mit dem Futtergetreidemarkt
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 13.01.2004


Die Preiserwartungen zur nächsten Ernte gehen bei Braugerste so weit auseinander, daß Vorverträge bisher Seltenheitswert haben.

Marktlage
Die schlechte Ernte in Kanada und Australien nach dem Dürrejahr 2002/03 ließ die Preise am Braugersten-Markt noch bis zum Frühjahr des vergangenen Jahres immer neue Preisgipfel erklimmen. Die knappe weltweite Marktversorgung lieferte das Fundament für eine ausgedehnte Hausse-Phase, die erst zur Ernte 2003 ausklang.

Mit der neuen Ernte des letzten Sommers hat sich auch die weltweite Versorgungslage wieder deutlich verbessert und die Preise gaben zeitweise stark nach. Seit Oktober profitieren die Braugersten-Preise von dem starken Preisanstieg bei Weizen und Futtergetreide, so daß die Erzeugerpreise beinahe wieder das Preisniveau von vor zwölf Monaten erreichen.

Die Umsätze am deutschen Braugersten-Markt bleiben derzeit recht gering, auch wenn Angebot und Nachfrage insgesamt recht ausgeglichen verlaufen. Die Braugersten-Preise können sich noch immer behaupten und zogen zuletzt sogar erneut leicht an. Bei 160 bis 165 Euro pro Tonne franko Mälzerei haben die Verarbeiter Bedarf für prompte Ware wie auch für spätere Termine. Insgesamt tendiert der Markt momentan eher seitwärts. Dagegen wurde Braugerste in Dänemark und Frankreich etwas schwächer bewertet.

Die Marktbeteiligten sind infolge der Absenkung der EU-Flächenstillegungsrate auf 5 % zur Ernte 2004 (Normalrate 10 %) verunsichert. Die Bewertung der noch verfügbaren Mengen aus der Saison 2003 hängt von den Produktionserwartungen der nächsten Ernte ab. Die Meinungen gehen hier weit auseinander, ob die niedrigere Stillegungsrate auch zu einer Ausweitung des Braugersten-Anbaus führen wird, oder ob der Anbau sich stärker in Richtung der derzeit preislich attraktiveren Feldfrüchte Mais und Futtererbsen entwickeln wird.

Fakten

  • Umfangreiches Angebot aus 2003
    Aus der Ernte 2003 stehen für die laufende Saison wieder umfangreiche Braugersten-Vorräte aus den großen Anbaugebieten EU, Kanada, USA und Australien für den Weltmarkt zur Verfügung.
  • Euro-Kurs belastet Braumalz-Export
    Im Export ist Ware aus der Euro-Zone seit Monaten stark benachteiligt. Braumalz wird am internationalen Markt auf Dollar-Basis gehandelt, so daß EU-Herkünfte derzeit im internationalen Vergleich am teuersten sind. Daher richtet sich die Nachfrage - anders als im vergangenen Jahr - stärker auf kanadische und australische Angebote. (aktuelle Devisenkurse)

  • Rückläufiger Anbau in Deutschland
    Der Sommergersten-Anbau in Deutschland schrumpft seit Jahren. 1991 erreichte der Anbau mit gut 1 Mio. ha seinen höchsten Stand und ist seitdem rückläufig. Einen absoluten Tiefpunkt erreichten Anbau und Ernte im Jahr 2002: Die Fläche schrumpfte auf 610.000 ha und die Ernte erbrachte gerade einmal 2,7 Mio.t. Aufgrund erheblicher Auswinterungen im Winter 2002/03 weiteten die Erzeuger den Anbau zur Ernte 2003 deutlich auf 750.000 ha aus, so daß die Ernte trotz des Dürresommers mit 3,63 Mio.t spürbar höher ausfiel.

  • Selbstversorgungsgrad in Deutschland sehr niedrig
    Aus der Sommergerstenernte 2003 in Höhe von 3,63 Mio.t (2002: 2,66) standen bei einer Braugerstenselektion von ca. 47 % rund 1,7 Mio.t braufähige Ware zur Verfügung. Der Bedarf liegt jedoch bei rund 2,4 Mio.t, so daß der Selbstversorgungsgrad mit 71 % (2002/03: 58 %) nach wie vor sehr niedrig liegt. Die Fehlmenge muß traditionell durch Importe - hauptsächlich aus anderen EU-Staaten - gedeckt werden.

  • Erzeugung in der EU insgesamt bedarfsdeckend
    Bei einem Braugerstenanteil in der EU-15 von durchschnittlich 33 % steht 2003/04 eine für Brauzwecke verwendbare Ernte von knapp 8 Mio.t zur Verfügung. Damit fiel die Ernte 2003 erstmals nach zwei Jahren mit knapp 8 Mio.t Sommerbraugerste wieder etwas besser aus (2002: 7,7). Bei einem Bedarf von knapp 7 Mio.t ist die EU-Ernte 2003 insgesamt bedarfsdeckend. "Überschüssige" Ware für den Export bleibt jedoch kaum übrig.

  • Bisher kaum Vorverträge zur Ernte 2004 abgeschlossen
    Zur kommenden Aussaat rechnet man derzeit mit keiner weiteren Ausdehnung der Sommergersten-Anbaufläche in Deutschland. Daher ist zu erwarten, daß das Angebot für die Saison 2004/05 in Deutschland trotz der Ausdehnung der Anbauflächen knapp ausfallen dürfte. In der EU insgesamt geht man dagegen - bei normalen Wachstumsbedingungen - von einem durchaus ausreichenden Angebot aus.

    Dennoch überwiegen derzeit die Unsicherheiten hinsichtlich der Produktionserwartungen zur Ernte 2004, so daß bisher nur wenige Vorverträge abgeschlossen wurden. Aus den verschiedenen Regionen Deutschlands werden hier Vorvertragspreise zwischen 125 und 130 €/t netto franko Landhandelslager genannt.

    Hintergrund der geringen Anzahl an Vorverträgen scheint jedoch auch die Aussicht zu sein, künftige Geschäfte über einen Warenterminkontrakt absichern zu können. Die Warenterminbörse WTB, Hannover hat einen Warenterminkontrakt für Braugerste angekündigt, der wahrscheinlich am 05. März starten soll. Sollte sich dieser Kontrakt gut am Markt plazieren können, dürfte dies das traditionelle Geschäft der Vorkontrakte zwischen Agrarhandel und Erzeuger auf eine Absicherung an der Warenterminbörse verlagern.

Prognose
Am Futtergetreidemarkt in der EU zeichnet sich bis zur nächsten Ernte ein äußerst enger Markt ab. Die Endbestände werden auch bei Futtergerste weitgehend abgebaut sein, so daß die Preise fest tendieren und weitere Preisanhebungen in den nächsten Wochen und insbesondere ab April zu erwarten sind. Seit Beginn der Ausschreibungen von Gerste aus den EU-Interventionsbeständen hat die EU-Kommission rund 700.000 t zugeschlagen. Die Interventionsbestände sind damit auf Restmengen von 14.000 t in Deutschland, 13.700 t in Frankreich und 29.000 t in Schweden zusammengeschrumpft.

Der Braugerstenmarkt profitiert von dieser Entwicklung, da qualitativ schwächere Partien bereits ihren Weg in die Futtermittelwerke finden. Damit hängt der Braugerstenpreis sehr viel stärker als in den Vorjahren an der Entwicklung des Futtergerstenpreises. Wenn in der nächsten Zeit die Marktversorgung mit Futtergetreide immer knapper wird, dürfte Braugerste aufgrund das anziehenden Preisniveaus zunehmend in die Mischfutterwerke abfließen, so daß neben den Mälzereien auch die Futtermittelhersteller als Käufer am Braugerstenmarkt auftreten werden.
 
 
 

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