Während auf den frühen Standorten die Wintergerstenernte bereits
weitgehend abgeschlossen werden konnte, hat sie in den späteren
Lagen noch nicht richtig begonnen. Die Qualitäten gehen regional
weit auseinander, bringen aber zumeist interventionsfähige Hektolitergewichte.
Die Erträge der vorjährigen Gerstenernte werden jedoch nicht erreicht,
der Minderertrag liegt - mit starken regionalen Schwankungen - bei
10-20 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Zudem bescheren die Auszahlungspreise, die für die Erntemonate
von Handelsseite genannt werden, den Produzenten äußerstes Mißvergnügen.
Marktlage
Nur mickrige 70 €/t wurden den Gerstenerzeugern als untere Preisspanne
zu Beginn der Ernte 2002 geboten. Ein absoluter Allzeit-Tiefstpreis!
Vor dem Hintergrund der witterungsbedingten Ernteunterbrechung sowie
erster Bedenken hinsichtlich der Erntemenge und -qualität korrigierte
sich der Markt inzwischen auf 75 €/t.
In der Spitze liegen die Preisvorstellungen des Agrarhandels bei
90 €/t ab Erzeugerlager in der Strecke - immerhin eine Differenz
von 20 €/t, bei der es sich lohnt, vor dem Verkauf Angebote einzuholen.
Die Kaufideen für Gerste auf der Großhandelsstufe liegen derzeit
bei rund 93 €/t franko Hamburg für die Lieferung ex Ernte 2002.
Fakten
- Die Kalkulation sieht äußerst kärglich aus: Auch Gerstenflächen
mit guten Erträgen erbringen bei beispielsweise 8 t Ertrag und
75 bis 80 €/t lediglich einen Marktwert von 600 bis 640 € je ha.
Fazit: Der Erlös wird durch die variablen Kosten einfach "aufgefessen",
von den Kosten für Arbeitserledigung, Pachten usw. ganz zu schweigen.
Bei solchen Preisen legen auch gute Gerstenproduzenten 'drauf.
Daß zudem die Ausgleichszahlungen - allgemein als Subventionen
bezeichnet - in der Diskussion stehen, führt zum Verlust der letzten
Vergnüglichkeit.
- Betrachtet man die Notierungen an der europäischen Warenterminbörse
LIFFE, London, zu zeigt der Kursverlauf deutlich die Erwartung
einer Rekordernte und damit schwächerer Preise für das EU-Gebiet
auf. Anderes die Situation am internationalen Markt: Hier wurden
die neuesten Prognosen im Vergleich zum Vormonat leicht zurückgenommen,
so daß die Kurse seit kurzem deutlich angestiegen sind.
Ausgedrückt in Euro/dt zeigt sich, das die Preise am EU-Markt
mittlerweile deutlich unter den internationalen Kursen liegen.
Da jedoch international der US-Dollar die übliche Währung des
Exportmarktes ist, zeigt erst die Darstellung in US-Dollar (16.07.2002:
1 € = 1,0127 US$), daß sich EU-Gerste für den Export deutlich
verteuert hat.
Beeinträchtigungen beim Export hat EU-Gerste jedoch zunächst nicht
zu befürchten, da sich die internationalen Kurse sprunghaft nach
oben entwickelt haben und deutlich über den EU-Kursen liegen.
Dennoch erschwert der schwächelnde US$-Kurs die Verschiffung von
europäischer Gerste in Drittländer. An unseren heimischen wie
auch an den europäischen Märkten wird der Marktverlauf davon abhängen,
inwieweit die EU-Kommission Exporterstattungen für die Verschiffung
von Weizen in Drittländer erteilen wird. In dieser Frage herrscht
nach wie vor Unklarheit.
- Noch ist die Preisfindung in vollem Gang. Handel und Verarbeiter
sind interessiert an einer Ableitung des Gerstenpreises vom Interventionspreis.
Günstig wirkt sich die derzeitige regnerische Witterung aus, die
keinen Mengendruck beim Erfassungshandel aufkommen läßt. Das Erntegut
wird direkt bis zu den Futtermittelwerken durchgehandelt oder
vom Erfassungshandel in Erwartung einer Entspannung der Marktlage
eingelagert.
Prognose
Während der Erntezeit ist mit dem saisonüblichen Preisdruck
zu rechnen. Aus meiner Sicht sollte die Lage am Weltmarkt wie auch
die Situation in der EU als Signal für eine vorläufige Einlagerung
gewertet werden. In der zweiten Septemberhälfte sollte der Markt
sorgfältig beobachtet werden. Dann steht die Entscheidung an, ob
der Verkauf bis Ende November oder erst ab Mitte Februar nächsten
Jahres erfolgen soll.
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