Mickrige 7 € für neue Gerste?
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 10.07.2002


Kann das sein - nur mickrige 70 € je Tonne werden den Gerstenerzeugern teilweise für die neue Ernte geboten?! In der Spitze liegen die Preisvorstellungen des Agrarhandels bei 90 €/t ab Erzeugerlager in der Strecke - immerhin eine Differenz von 20 €/t, bei der es sich lohnt, vor dem Verkauf Angebote einzuholen.

Auch Gerstenflächen mit guten Erträgen erbringen bei 70 €/t gerade 'mal einen Marktwert der Ernte von 550 bis 650 € je ha. Fazit: Der Erlös wird durch die variablen Kosten einfach "aufgefessen", von den Kosten für Arbeitserledigung, Pachten usw. 'mal ganz zu schweigen. Bei solchen Preisen legen auch gute Gerstenproduzenten 'drauf. Daß zudem die Ausgleichszahlungen - allgemein als Subventionen bekannt - in der Diskussion stehen, kann einem dann die letzte Vergnüglichkeit nehmen.

Marktlage

Doch ist es wirklich so, daß der Markt nicht mehr hergibt? Betrachtet man die Notierungen an der europäischen Warenterminbörse LIFFE, London, zu zeigt der Kursverlauf deutlich die Erwartung einer Rekordernte für das EU-Gebiet auf. Anderes die Situation am internationalen Markt, hier wurden die neuesten Prognosen im Vergleich zum Vormonat leicht zurückgenommen.

Für "altes" Getreide interessiert sich kaum noch jemand, denn die Ernte hat begonnen. Die ersten Ernteergebnisse fallen so uneinheitlich hinsichtlich der Erntemengen und Qualitäten aus, daß Zweifel aufkommen, ob das niedrige Preisniveau angemessen ist.

Fakten

  • Weltweit wird eine größere Futtergerteideernte erwartet, die jedoch auf einen wachsenden Verbrauch stößt, so daß die Endbestände allmählich rückläufig sind (Prognose 2002/03: 145 Mio. t, 1999/00: 191 Mio. t). Für die EU wird nach wie vor eine Rekordernte bei Gerste erwartet, während die Produktion in Deutschland leicht rückläufig eingeschätzt wird.

     
    Deutschland
    Gerste
    EU
    Gerste
    Welt
    Futtergetreide
    2001/02
    2002/03
    2001/02
    2002/03
    2001/02
    2002/03
    Anbaufläche Mio.ha
    2,11
    2,02
    10,64
    10,31
     
     
    Erntemenge Mio.t
    13,50
    12,76
    48,10
    49,60
    891,0
    905,0
    Quelle: Coceral, IGC, StB
  • Die regnerische Witterung hat zunächst einmal die Ernte in Deutschland unterbrochen. Das bedeutet, daß Verarbeiter mit Warenbedarf bis zur Wetterbesserung tiefer in die Tasche greifen müsse, um Anschlußware zu beschaffen. Sobald das Wetter eine Forsetzung der Ernte zuläßt, wird jedoch erneut das bekannte Tiefpreisphänomen während der Erntezeit den Markt bestimmen.

  • In Frankreich wurde diue Ernte ebenfalls durch Regen unterbrochen. Für Gerstenlieferungen im September wurden Preise um 97 €/t ab Handelslager genannt.

Prognose
Während der Erntezeit ist mit anhaltendem Preisdruck zu rechnen. Aus meiner Sicht sollte die Lage am Weltmarkt wie auch die Situation in der EU als Signal für eine vorläufige Einlagerung gewertet werden. In der zweiten Septemberhälfte sollte der Markt sorgfältig beobachtet werden. Dann steht die Entscheidung an, ob der Verkauf bis Ende November oder erst ab Mitte Februar nächsten Jahres erfolgen soll.

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