Börse: FED-Spekulationen sorgen für Unsicherheit


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 05.09.2013


Syrien-Krise, G-20-Gipfel und positive US-Konjunkturdaten bestimmen derzeit den Kurstrend an den Rohstoffmärkten. An den Börsen dreht sich damit alles um die Frage, wann die US-Notenbank ihre Anleihekäufe zurückfahren wird. Das hat auch Folgen für die Agrarrohstoffbörsen.

 

Devisen & Konjunktur
Die US-Konjunktur befindet sich weiter auf Erholungskurs. Das jedenfalls bestätigt die US-Notenbank FED der US-Wirtschaft in ihrem "Beige Book". Das "Beige Book", das die Wirtschaftslage in den zwölf US-Notenbankdistrikten darstellt, wurde gestern pünktlich vor dem heutigen Start des G-20-Gipfels veröffentlicht.

Die zentralen Aussagen des "Beige Book" sind: Die US-amerikanische Wirtschaft soll von Anfang Juli bis Ende August "mäßig bis moderat" gewachsen sein. Die Konsumausgaben der privaten US-Haushalte soll den meisten Regionen gestiegen sein. Der Arbeitsmarkt zeige weiter Anzeichen einer Belebung.
Damit gleichen die Aussagen des aktuellen "Beige Books" auffallend der letzten Ausgabe. An den Märkten wird dies mit einem Wachstum der US-Wirtschaft von circa 2 % interpretiert. Am Freitag steht der US-Arbeitsmarktbericht für den August an – die letzte wichtige Wasserstandsmeldung vor der September-Sitzung der FED.

Das "Beige Book" verstärkt die Sorge an den Finanzmärkten, daß die FED bald den Ausstieg aus ihrer ultra-lockeren US-Geldpolitik aussteigen könnte. Daher wird auch der G-20-Gipfel, der heute in Sankt Petersburg beginnt, aufmerksam beobachtet. Nicht nur die Syrien-Krise steht hier auf der Agenda. Auch sie Welt-Konjunktur ist hier Thema, zumal der Internationale Währungsfonds (IWF) bescheinigt, daß die Wachstums-Dynamik der großen Volkswirtschaften wieder zunimmt, während das Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern seit 2010 um 2,5 % nachgegeben hat.

Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,3171 US-Dollar beinahe unverändert zum Vortag festgesetzt. Heute im frühen Handel wird der Euro gegenüber dem Dollar weiterhin unverändert gehandelt.

 

 

Energie
Der Syrien-Konflikt steht bei der Ölpreis-Entwicklung nicht mehr an erster Stelle. Zunächst hatten die Ölpreise gestern zunächst den Rückwärtsgang eingelegt. Ab dem späten Nachmittag standen dann die positiv interpretierten Konjunkturdaten aus den USA im Vordergrund und beflügelten die Börsen und damit auch die Ölpreise. Innerhalb weniger Stunden legten die Ölkurse um über 1 US-Dollar zu, Der weitere Preisspielraum nach oben dürfte jedoch begrenzt sein, zumal die Ölnachfrage schwächer als erwartet steigt und der Irak seine Förderung deutlich steigert.

Zum Handelsschluß wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Oktober wurde mit 107,23 Dollar dennoch niedriger als am Vortag gehandelt. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Oktober-Fälligkeit gab zum Handelsschluß auf 114,91 Dollar nach. Heute im frühen Handel zeigt der Preistrend am Ölmarkt weiter nach oben.

 

 

Agrarrohstoffe
An den Agrarrohstoffmärkten folgen die Investoren nicht mehr den fundamentalen Daten, den flotten internationalen Exporten oder den Wetterspekulationen. Die Kurstrends werden durch die schwachen Rendite-Aussichten an den Börsen und die Sorge bestimmt, daß die US-Notenbank FED den Geldhahn in Kürze zudrehen könnte. Bis dahin wollen Investoren ihre Liquidität wieder erhöhen, um teurer werdenden Verbindlichkeiten schnell ablösen zu können. Infolge werden die Investitionen aus den Rohstoffmärkten zurückgefahren.

Dabei sind die Wetterrisiken in den USA nach wie vor akut.
(Siehe hierzu auch: "Börse: EU-Märkte unter US-Wetter-Einfluß" vom 04.09.2013)

An den europäischen Börsen schlossen die Getreide-Futures im Minus, und auch Rapssaat geriet in den Abwärtssog rückläufiger Sojapreise.

 

 

Ausblick
Ich bleibe bei meiner Einschätzung vom 04.09.2013: An den Börsen sind die "Bad News" schwächer bonitierter US-Soja- und Maisbestände noch lange nicht schlecht genug, um die Attraktivität der Agrarrohstoffmärkte zu erhöhen. Derzeit lenken die Nahost-Risiken die Rendite-Spekulationen in andere Märkte.

Nach meiner persönlichen Einschätzung dürfte das schwache Interesse der Investoren an den Agrarrohstoff-Börsen diesseits wie auch jenseits des Atlantiks am heutigen Handelstag zunächst einmal für eine Flaute sorgen und die Kurse in die roten Zahlen bringen.

An den Kassamärkten warten Käufer wie auch Verkäufer zunächst einmal die weitere Entwicklung ab. Das Interesse, die gerade erst eingelagerte Ernte an den Markt zu bringen, tendiert derzeit gegen Null. Für stabile Preise sorgt aber nicht nur das äußerst geringe Angebot, sondern zur Zeit noch der EU-Getreideexport. Das Geschäft für die EU-Exporteure wird jedoch deutlich härter, seitdem Rußland und die Ukraine mit Sonderangeboten die Preisführerschaft übernommen haben (siehe hierzu auch: "Weizen: Rußland punktet im Weltmarkt-Roulette" vom 29.08.2013. Auch bei der "Überraschungs-Ausschreibung" Ägyptens am letzten Wochenende kam lediglich EU-Weizen aus Rumänien zum Zuge. Mit umgerechnet 189 bis 192 Euro/t FOB zuzüglich Frachtkosten ist Schwarzmeerweizen derzeit preisattraktiver als Herkünfte aus Frankreich mit 199 Euro/t FOB und US-Weizen mit 209 Euro/t FOB.
Die Preisspanne der Kaufgebote für Brotweizen hat sich am hiesigen Kassamarkt deutlich vergrößert: Bei geringen Umsätzen liegen die Preise zwischen 165 und 195 Euro/t netto je nach Menge, Parität und Dringlichkeit der Anschlußversorgung.

 
 
 


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